Das Doppelspiel
gesehen. Auch nicht die Akademie von Moskau.«
»Da war ich auch«, sagte Barryl stolz.
»Natürlich! Ein strahlender Stern wie Sie! Dafür hing ich ein Jahr in den Sümpfen von Tschernowskaja in Mittelsibirien, und in Spornoje, nördlich von Magadan, haben sie Steine auf unserem Brustkorb zerhämmert. Über der Senka, einem Mistfluß mitten in Jakutien, warfen sie mich in einem Fallschirm aus dem Flugzeug. Was hatte ich bei mir? Meine bloßen Hände, weiter nichts. Aber ich habe mich durchgeschlagen, ich habe mir aus Steinen Messer und Beile geschliffen, aus nassen Ästen Schlingen gemacht, Hasen und Füchse damit gefangen und habe solange Kiesel aufeinandergeschlagen, bis ein paar Funken auf das trockene Moos fielen. Da hatte ich endlich Feuer. Und wer Feuer hat, ist Sieger über die Natur. Meine Hände waren oft nur eine geschwollene, blutige Masse. Was habe ich da getan? Ich habe drauf gepißt! Das ist besser als Penicillin, es brennt wie die Hölle, aber es desinfiziert und schreit den Körper an: Heile!« Bob Miller schüttelte den Kopf. »Nein, mein lieber Genosse, reden Sie mir nicht von Gefühlen! Die kann sich ein Leitbild aus Frunse wie Sie leisten.«
Er wandte sich Norma zu. In ihren Augen lag die stumme, aber fast greifbare Faszination, die sie nie zugeben würde. Ihr Blick streichelte Bobs Gesicht, er spürte es körperlich, glitt dann von ihm weg und heftete sich auf die Tanzfläche. Die Band kam aus ihrer Pause zurück. Norma Taylor flüchtete wieder vor sich selbst.
»Was sollen wir trinken?« fragte Bob. »Soll ich Ihnen einen Dom-Cocktail machen, Norma? Cognac, Bénédictine Dom, Triple sec, Fleur d'orange? Ganz sweety! Sie sehen so aus, als ob Sie scharfe Süße vertragen könnten, Norma.«
»Sie kennen meinen Namen?«
»Das war das erste, nach dem ich mich hier in Frazertown erkundigt habe. Ich mußte doch wissen, wie die große Zoologin heißt, die mich zu den Affen einstufte.«
»Vergessen Sie das endlich, Bob!«
»Ich heiße John Barryl«, warf Barryl dazwischen. Er ärgerte sich, daß das Gespräch an ihm vorbeifloß und er nichts zum Thema zu sagen hatte. »Ich nehme einen einfachen Whisky. Während Sie Ihren Shaker an die Decke schmeißen, tanze ich eine Runde mit Norma.«
Er sprang sofort auf, zog Norma am Arm vom Stuhl und wartete ihre Zustimmung gar nicht erst ab. Sie weigerte sich auch nicht, faßte John unter und legte auf der Tanzfläche mit einer Zärtlichkeit, die Barryl heiß ins Genick fuhr, beide Arme um seinen Nacken. So tanzten sie einen einschmeichelnden Blues, sie drückte sich eng an ihn, er spürte den Druck ihrer festen Brüste und atmete den Duft des Parfüms ein, das ihrer Haut entströmte. Als man die Beleuchtung auch noch herunterdrehte und bunte Lichtspiele über die Tanzenden ausstreute, legte Norma ihren Kopf an Barryls Brust und bewegte sich kaum von der Stelle. Es war ein Reiben und Streicheln, ein Drücken und Umklammern, das Barryl fast betäubte. Was er an Zärtlichkeit von Frauen schon empfangen hatte, waren grobe Bauerngriffe gegen Normas tigerhafte, pulsierende Geschmeidigkeit. Er ließ seine Hände ihren Rücken heruntergleiten und legte sie um die Rundungen ihres Gesäßes. Vorsichtig, wie eine Frage, drückte er ihren Unterleib an sich. Sie blieb mit dem Gesicht an seiner Brust, aber ihr Unterkörper gab nach. John spürte, wie sich die Muskeln ihres Gesäßes spannten und sie seinem fragenden Druck entgegenkam.
Das ist der Sieg, dachte John Barryl, keiner Worte fähig vor Glück. Ich habe die herrlichste Frau erobert.
Bob Miller mixte den Dom-Cocktail und sah ihnen zu. Du raffiniertes Luder, dachte er mit satter Zufriedenheit. Dem armen John fließt das Blut nach Süden, und er merkt nicht, welch ein Aas er über das Parkett schiebt. An ihm demonstriert sie, wie sie sein kann. Später wird sie ihn auf die Nase küssen und davontrippeln, und der gute John wird eine Menge kaltes Wasser über sich fließen lassen müssen, um alles an sich zu beruhigen.
Er goß das Glas ein, probierte den Cocktail, fand ihn hervorragend und gab dem Glas einen Kuß in genau dem Augenblick, als Norma Taylor bei einer Drehung zu ihm hinblickte. Sie drückte sofort den Kopf wieder an Johns Brust und tanzte den Blues zu Ende, als sei er der Teil eines Orgasmus.
Morgens um vier Uhr brachten sie Norma gemeinsam nach Hause. Wie Bob es vermutet hatte: Sie gab John einen Kuß auf die Nase, reichte Miller lässig die Hand und verschwand dann hinter der Tür des
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