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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Andrejewna sollte hier selbst entscheiden. Warum sich die Messer in den Bauch rennen?
    Er trat hinaus in den sonnendurchfluteten Morgen, blieb auf dem Rasen des kleinen Vorgartens stehen und breitete die Arme aus, als könne er den Himmel umarmen. Ich werde Dunja heiraten, dachte er, aber dann fiel ihm ein, daß das unmöglich war bei seinem Beruf. Sein Leben wurde vom Zentralbüro bestimmt. Er war zwar ein Mensch, aber sein Schicksal steuerten Unbekannte in Moskau.
    Er ließ die Arme an den Körper zurückfallen, rückte den Schirm seiner Mütze tiefer ins Gesicht, weil die noch tief stehende Sonne blendete, und machte sich auf den Weg zu Billys Hamburger-Paradies.
    Bob Miller blickte ihm hinter der Gardine nach und wartete noch zehn Minuten, bis er sicher war, daß Barryl nicht mehr zurückkam. Dann begann er, das Haus zu durchsuchen, systematisch von Wand zu Wand, von Ecke zu Ecke, von den Dielen bis zur Deckenleiste. Er fand viel Persönliches, was John Barryl als einen liebenswerten Menschen auswies, Schallplatten mit klassischer Musik, Romane von Hemingway, Dos Passos und Wouk, drei angefangene Aquarelle, die John als begabten Maler zeigten, ein paar Tagebuchnotizen ohne großen Informationswert und einen nie abgeschickten Brief an Norma Taylor, in dem Barryl sein Herz entblößte. Dazu eine gut gefüllte Hausbar und ein Zettelchen, auf das eine gewisse Britt Lawson mit schöner Handschrift geschrieben hatte: »Ich habe wieder ein neues Stofftierchen. Ein Kuschelbärchen. Wann kommen Sie, John?«
    Ein Kuschelbärchen! Bob Miller beendete seine Inspektion mit leichter Enttäuschung. Trotzdem war's ein erfolgreicher Tag gewesen. Er kannte die russischen Namen, und vierzehn Agenten waren unterwegs in die USA.
    Er setzte sich wieder auf die Couch und blickte hinaus auf den Vorgarten. Andrej Nikolajewitsch, genannt John Barryl … er war eine echte Gefahr für Amerika, wenn es ihm gelang, drüben Fuß zu fassen. Daß es gelingen würde, bezweifelte Bob keinen Augenblick. Er ist einer von Moskaus besten Männern, dachte er. Wenn John eines Morgens nicht mehr in Frazertown ist, gebe ich Großalarm.
    Und dann?
    Das Problem, das ihn beschäftigte, konnte nur mit unverschämtem Glück gelöst werden: Wie kam er aus Frazertown wieder heraus?
    Der Vortrag über das amerikanische Bankwesen war in der Tat langweilig. Aber es gehörte zum Pflichtprogramm der Ausbildung, denn auch in die Banken wurden Agenten eingeschleust, um die Verquickung des Geldes mit der Politik, vor allem aber mit der Rüstungsplanung der Verteidigung zu durchforsten. Da die meisten Forschungsaufträge in Amerika an private Firmen vergeben wurden und diese wieder mit den Banken zusammenarbeiteten, saß ein Spion zum Beispiel in der Kreditabteilung einer großen Bank an der richtigen Stelle. Außerdem wußte niemand in Frazertown, wie und wo er einmal eingesetzt werden würde. So war die umfassende Kenntnis des amerikanischen Lebens unerläßlich.
    Bob Miller hörte nur halb zu und beobachtete statt dessen die anderen Kursusteilnehmer. Er hatte sich in die hintere Reihe gesetzt, überblickte somit den ganzen Saal und lenkte keine Aufmerksamkeit auf sich, wenn er angestrengt um sich blickte. Neben ihm saß eine junge Dame, blinzelte ihm zu, als er sich setzte, und schlug die Beine übereinander. Lange, schlanke Beine, von der Sonne gebräunt und mit glänzender Haut. Bob sah sie mit seinem verträumten Blick an, lächelte zurück und widmete sich dann gleichzeitig dem Vortrag und der Musterung seiner Mitschüler.
    »Interessiert Sie das?« fragte nach einer Weile die junge Dame leise. Bob Miller nickte.
    »Mindestens so wie die Herstellung von Rizinusöl.«
    Sie lachte glucksend und drückte ein Taschentuch gegen ihren Mund. »Ich heiße Brenda Goldstein. Man hätte sich auch etwas Besseres einfallen lassen können. Ich habe mich auch schon beschwert. Warum, Genossen, habe ich gefragt, gibt man ausgerechnet mir einen jüdischen Namen? Sehen Sie mich an! Ich bin blond!«
    »Es gibt auch blonde Juden, Brenda«, sagte Bob gedämpft. »Wer weiß, wie und wo man Sie einsetzt? Es gibt in Amerika eine Menge großer, einflußreicher Leute, die Juden sind. Für sie klingt Goldstein gut.«
    »Fast wörtlich haben das die Genossen gesagt.« Sie blickte ihn erstaunt an. »Waren Sie auch im Lager von Tychorizij?«
    »Nein. Man hat mich in Sibirien gedrillt.«
    Tychorizij, das ist ein neuer Name. Unbekannt bei unserer Abwehr, dachte Bob zufrieden. Ist es ein reines

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