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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Betreuer, den er nicht kannte. »Am Kopf kann er was aushalten, aber man kann ihm die Luft herausschlagen. Natürlich wird er sich da zumauern, er kennt ja seine Schwäche, aber wenn du nur ein paarmal voll durchkommst, ist er weich …«
    Bob nickte. Aus der Ecke kann man vieles sagen. Für ihn stellte sich die Sache anders dar. Schon die erste Runde hatte ihm gezeigt, daß er noch nie in seinem Leben einen solchen Gegner im Ring gehabt hatte wie John Barryl. Selbst Jimmy Fletscher nicht, vor einem halben Jahr in Alaska, ein Neger aus Georgia, ein Gebirge aus Muskeln und voller Instinkt, zu siegen. Er wurde damals vom CIA für einen Einsatz in Südamerika ausgebildet, und manchmal kämpften die Boxstaffeln von Smolenska und dem Lager Rio Margareta gegeneinander. Bei Jimmy Fletscher hatte Bob durch einen Sonntagshaken zur Kinnspitze gesiegt, in der 11. Runde, als er bereits beschlossen hatte, in der 12. Runde aufzugeben.
    Jetzt gab es kein Aufgeben mehr! Bei Jimmy war es noch Sport gewesen, hier in Frazertown war es ein Kampf um den ersten Platz einer internen Rangordnung. Und Norma war der Preis! Das nicht zu vergessen!
    Der Gong.
    Bob Miller ging langsam in die Mitte des Rings. John Barryl tänzelte um ihn herum, sich Bobs Taktik aneignend, ausweichend, lauernd, kein Ziel bietend, tastenden Schlägen wegtauchend. Bob Miller lächelte ihn an.
    »Wir haben heute Freitag«, sagte er, als sie voreinander mit dem Oberkörper pendelten. »Am Sonntag liegt Normababy bei mir auf dem Kissen. Ich schick dir ein schwarzes Ringellöckchen rüber. Vom Bärchen einen Skalp –«
    Barryls Gesicht verzerrte sich etwas. Schweiß perlte über seine Augen, durch seinen ganzen Körper zitterte die Wut. Ohne Rücksicht auf Deckung oder boxerische Eleganz sprang er Miller an und hieb auf ihn ein wie mit eisenbeschlagenen Dreschflegeln. Harry Fulton brüllte zwar und wollte dazwischen springen, aber John wischte ihn mit einem Schlag in die Seile. Dort blieb Fulton hängen, breitete mit einer hilflosen Geste die Arme aus und ließ den Dingen ihren Lauf.
    Von da an gab es keinen Gong mehr, keine Rundeneinteilung, kein Verschnaufen, keine Betreuung … Bob und John hieben aufeinander ein mit einem Vernichtungswillen, der jeden Verstand ausschaltete. Dr. William Ford, der am Ring erschienen war, zog Fulton an den Beinen und schrie ihn an.
    »Brechen Sie den Kampf ab! Harry, die bringen sich gegenseitig um! Das hat mit Sport nichts mehr zu tun! Das ist öffentlicher Mord! Trennen Sie die beiden, Harry!«
    »Tun Sie's doch!« brüllte Fulton zurück. »Los, kommen Sie auf die Matte! Holen Sie sich einen Kieferbruch! Hier müßte die Feuerwehr ran und sie wegspritzen!«
    Bob Miller und John Barryl schwankten durch den Ring. Wann immer sie sich nahe kamen, hieben sie los, gegen jede Regel, dorthin, wo man sich nur treffen konnte.
    »Auf ihren Brüsten werde ich schlafen!« keuchte Bob, als sie im Clinch lagen und ihre Köpfe an den Stirnen zusammenstießen. »Und wenn ich durstig bin, lecke ich den Schweiß aus ihren Poren!«
    »Du Schwein!« stammelte Barryl. »Du gemeines Schwein! Ich bringe dich um!«
    Nach einer halben Stunde ohne Gong, ohne Pause, hingen sie in den Seilen, weit voneinander. Zwischen ihnen lag der leere Ring, dehnte sich vor ihren müden, zugeschlagenen Augen ins Unermeßliche, wurde zu einem weiten kahlen Land voller Durst, unüberwindbar und von einer gleißenden Sonne verbrannt.
    John Barryl war der erste, der langsam in die Knie sank und den Kopf nach hinten gegen die Seile lehnte. Bob Miller sah es noch, weit entfernt, wie ein Schemen am Horizont. Dann rutschte auch er an den Seilen herunter, stützte sich mit den Fäusten auf dem Ringboden ab, und sein Kopf fiel kraftlos auf die Brust.
    Harry Fulton sprang in die Mitte des Vierecks. »Der Kampf ist unentschieden!« schrie er. »Und jetzt seht zu, wie ihr nach Hause kommt, ihr Arschlöcher!« Er sah sich um, zu den Betreuern und zu Dr. Ford. »Keiner rührt mir die an! Verstanden? Und wenn sie auf dem Bauch davonkriechen! Und noch eins: Ihr habt nichts gesehen! Diesen Kampf hat es nicht gegeben! Oder sollen wir alle von der Zentrale strafversetzt werden?«
    Bob und John blieben im Ring liegen, bis ihre Kräfte langsam wiederkehrten. Sie froren sogar, ihre Nerven vibrierten wie Klaviersaiten, die Blutleere im Kopf verteilte ein taubes Gefühl über den ganzen Körper. Sie zogen sich an den Seilen wieder auf die Beine und starrten sich an.
    »Wir leben«, sagte Barryl

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