Das Doppelspiel
zwischen ihre Brüste. So war er oft eingeschlafen, eingebettet in das weiche Polster ihres Körpers. »Ich muß hier raus!« sagte er. »Dunja, ich gebe mich ganz in deine Hand. Du mußt mir helfen, Frazertown zu verlassen … so schnell wie möglich.«
»Du willst weg? Weg von mir?« Sie umfaßte seinen Kopf und drückte ihn so fest zwischen ihre Brüste, daß er nach Luft rang. »Du dreckiger Spion willst flüchten? Und ich? Ich? Mich willst du allein zurücklassen? Allein mit aller Schuld, mit aller Liebe? Du Schuft, du elender Schuft!«
Sie griff nach seinem Hemd, zerriß es über seinem Rücken und schlug die zu Krallen gebogenen Finger in seine Haut. Wie zehn Stahlhaken, so rissen ihre Nägel seinen Rücken auf, kreuz und quer, Strieme um Strieme, bis es aussah, als habe man ihn mit einer nagelbewehrten Nagaika ausgepeitscht. Er stöhnte, noch immer das Gesicht zwischen ihren Brüsten, und zog vor Schmerzen die Beine an. Aber er wehrte sie nicht ab.
»Wann … wann willst du weg?« fragte sie plötzlich.
Er zuckte hoch, aber sie schlug ihm mit der Faust auf den Hinterkopf. Halb betäubt fiel er zwischen ihre Brüste zurück.
»Dunja –«, ächzte er. »O Dunja! Es liegt jetzt alles in deiner Hand.«
»Ich werde dich nie wiedersehen.« Sie legte ihre Hände flach auf seinen aufgerissenen Rücken, als seien sie ein kühlender Verband. »Nie wiedersehen! Das überlebe ich nicht, Wassjenka … das kannst du nicht von mir verlangen …«
»Es ist alles plötzlich zu Ende – und dann ohne Wiederkehr – wenn man entdeckt, daß ein Wassja Grigorjewitsch Shukow als Bob Miller nie nach Frazertown versetzt worden ist. Ich werde bei General Sinjonew in keiner Liste geführt. Nur, weil man sich hier so sicher ist, prüft keiner nach. Aber wie lange geht das noch gut? Eines Tages wird man nachdenklich werden, warum alle zum Einsatz abkommandiert werden, nur dieser Bob Miller nicht. Und dann sieht man doch in den Listen nach … Dunja, weißt du, was dann passiert?«
»Ja –«
»Dann gibt es keine Rettung mehr. Aber jetzt, jetzt kannst du noch alles retten … Du allein!«
»Um dich nie wiederzusehen.« Sie streckte sich aus, und Bob hatte endlich die Möglichkeit, aus ihren Brüsten und aus der Reichweite ihrer Fingernägel zu entkommen. Über seinen Rücken loderten Feuer. »Noch zwei, drei Monate mit dir … und dann sterben! Ist das nicht besser? Wassja, ich bin ohne dich nichts mehr. Nichts! Ich lebe nur durch dich. Du hast mich in dich aufgesaugt. Du hast einen Menschen aufgelöst. Eine größere Liebe gibt es nicht.«
Er stand auf, riß sich das zerfetzte Hemd vom Körper, streifte die Hose ab und tappte nackt unter die Dusche. Dort ließ er eiskaltes Wasser über seinen zerschundenen Rücken laufen, es brannte höllisch, aber dann setzte die wohltuende Kühlung ein. Naß und nackt wie er war, ging er zu Dunja ins Zimmer zurück. Sie lag noch immer auf der Couch und starrte gegen die Decke.
»Wenn du mir heraushilfst, sehen wir uns wieder«, sagte er. »Das verspreche ich dir.«
»Wie? Und wo?« Sie drehte den Kopf zu ihm. Ihr Blick tastete seine Nacktheit ab. Ihre Nasenflügel blähten sich wieder. »Wie kannst du so etwas Verrücktes versprechen?«
»Ich werde dich finden«, sagte er. »Die Welt ist klein geworden. Und wenn ich in jedem Land in die größte Zeitung eine Anzeige setze: Ich bin da. Rufe mich an, Dunja! Wir sehen uns wieder. – Dunjaschka, glaube daran. Ich liebe dich über alles, was es auf der Welt gibt – aber es hat keinen Sinn, daß wir gemeinsam in Frazertown zugrunde gehen. Mein Verschwinden wird selbstverständlich sein, so wie auch Johns Weggang ganz normal war … Dunja, wir haben eine Zukunft, auch wenn jetzt alles wie zerbrochen scheint.«
»Trag mich ins Bett, Bob«, sagte sie leise und schloß die Augen. »Und sprich nichts mehr … nichts …«
Er beugte sich über sie, zog sie aus, nahm sie auf seine Arme und trug sie ins Schlafzimmer. Sie weinte wieder, diesmal lautlos, nach innen hinein, ohne Tränen, aber als er sich neben sie legte, warf sie sich mit einem hellen Aufschrei auf ihn und tobte dann an ihm, unter ihm und über ihm mit einer Liebe, die einer tödlichen Verzweiflung glich. Sie schlug und küßte ihn, sie biß und streichelte ihn, sie schrie ihm die gemeinsten Wörter ins Gesicht und flüsterte die größten Zärtlichkeiten, und sie war unersättlich wie eine Feuersbrunst.
Plötzlich, zwischen zwei tiefen Atemzügen der Erschöpfung, sagte
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