Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
und her … ich mache das jetzt ein halbes Jahr. Ist das nicht blödsinnig?«
    »Es soll eben alles wie in der Wirklichkeit sein«, sagte Bob. »Das ist es ja. Die Perfektion des amerikanischen Lebens nachvollziehen. Das macht uns keiner nach, Genosse.«
    »Nein, wirklich keiner!« rief der Möbelhändler patriotisch. »Jetzt wird es Tränen bei Norma geben.«
    »Das werde ich gleich sehen. Ich gehe sofort zu ihr.«
    »Bringen Sie es ihr schonend bei. Löffelweise.«
    »Es wird eine schwere Sache werden, Genosse …«
    Bob Miller nahm für die Fahrt zum Fluß einen Bus. Er hielt gerade, und Bob sprang auf. Als er von weitem dann Ramplers Riesen-Hamburger auf dem Dach sah, klopfte ihm doch das Herz.
    Er sah, wie Norma ihn erstaunt anblickte, als er ins Lokal kam. Es war nicht seine Zeit. Billy stand in der Küche und winkte ihm mit einem langen Messer zu, mit dem er gerade Gurken schnitt.
    »Lehn dich an die Wand, Dunjaschka …«, sagte Bob und kam hinter die Theke. »Oder setz dich. Du wirst weiche Knie bekommen …«
    Sie starrte ihn an, und ihre schwarzen Augen wurden wieder weit und rund und unendlich tief, wie er sie kannte, wenn sie sich unter ihm verströmte. Sie lehnte sich gehorsam an die Wand und streckte die Hand aus.
    »Was ist, Wassjenka?«
    Bob holte den Zettel aus der Tasche und gab ihn Norma. Sie las ihn, ließ ihn sinken und schwieg eine Weile. Nur ihre Augen sprachen … sie suchten in weiten Fernen.
    »Was nun?« fragte sie endlich. Bob hatte es vermieden, jetzt zuerst zu sprechen.
    »Nun sind wir allein, Dunja.«
    »Und wann … wann bist du morgens um zwei Uhr verschwunden …?«
    »Du wirst es erleben, denn dann bist du ja bei mir …«
    »Ich werde schreien, schreien, schreien!«
    »Es hilft nichts, das weißt du. Wir sind nicht hier, um Pensionäre zu sein. Jeder von uns weiß, was er zu erwarten hat.«
    »Ich klammere mich an dich. Sie müssen mich mit dir wegtragen. Wassja, man darf uns nicht trennen! Nie! Nie! Wie soll ich leben ohne dich?«
    »Noch bin ich hier.«
    »Noch! Noch! Aber wie lange noch? Wie lange? Hat John gewußt, wann er weg muß?«
    Rampler kam aus der Küche. Er hatte den letzten Satz gehört. »Was ist mit John?« fragte er rauh. Er ahnte es. Er brauchte nur Dunja anzusehen.
    Sie gab ihm Barryls Zettel, er las ihn und legte ihn dann auf die Theke. Damit er nicht wegwehte, stellte er einen Milchbecher drauf. »Wir müssen den Arsch zusammenkneifen«, sagte er rostig. »Verflucht, wir vergessen hier völlig, daß wir für Rußland arbeiten. Denken wir an John mit Hochachtung. Er hat jetzt die Ehre, dem Vaterland zu dienen. Nochmal verflucht! Keiner konnte so schöne Hamburgers machen wie er. Der Umsatz wird zurückgehen.«
    Mehr war darüber nicht zu sagen. Andrej Nikolajewitsch Plenjakow, genannt John Barryl, war auf dem Weg, ein Held der Sowjetunion zu werden.
    An diesem Abend rief Bob bei Hillmoore an und erzählte ihm, daß ihn eine Art Magenkrampf plage. Vielleicht käme es daher, daß er in einem Anfall von Schwachsinn Mineralwasser statt Whisky getrunken habe.
    Hillmoore lachte schallend und sagte: »Leg dich hin, Bob, und nimm eine gute lebende Wärmeflasche ins Bett. Das hilft gegen alle Plagen. Einen Abend schaffen wir es auch ohne dich. Gute Besserung.«
    Zu der mit seinem russischen Kontaktmann verabredeten Sendezeit zog Bob die Antenne aus dem in Amerika speziell für ihn konstruierten Transistorradio. Der Knopf ›Mittelwelle‹ ließ sich eindrücken … dann war der Sender eingeschaltet. Drückte er ›Langwelle‹, dann war er auf Empfang. Der Knopf für die Tonblende war auffallend lang und federnd. Wenn man ihn als Taste benutzte, konnte man damit Morsezeichen senden. Ein Zerhacker im Inneren des Radios verstümmelte die Zeichen zu plumpen Knackgeräuschen.
    Das vereinbarte MELDEN! MELDEN! MELDEN! flog in den Äther. Aber diesmal war es Dewjatow, der schwieg. Er hatte beschlossen, eine Woche lang eine Pause einzulegen, um die Peilwagen aus Kiew zu verunsichern und die Spuren, die man mit Verbissenheit aufgenommen hatte, zu verwischen. Die Durchsuchung der Sowchose hatte natürlich nichts ergeben, bis auf einen heftigen Papierkrieg zwischen der Sowchosenverwaltung, der Militärkommandatur und dem KGB in Odessa. Parteifunktionäre waren jetzt damit beschäftigt, die wütenden Seiten zu beschwichtigen und mit wohltönenden Worten zuzudecken. Kapitän Slobin sah verfallen aus, gelblich und leidend, der KGB-Offizier aus Odessa litt an zu hohem Blutdruck, und

Weitere Kostenlose Bücher