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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie:
    »Übermorgen werden die Abfalltonnen abgeholt. Von allen Lokalen, Geschäften und dem Supermarkt. Auch bei Billy. Die Tonnen mit dem eßbaren Abfall haben einen grünen Streifen auf dem Deckel. Sie werden in die Sowchose gebracht, zur Schweinemast. Natürlich kontrolliert niemand die Abfalltonnen.«
    Er umfaßte ihren herrlichen warmen Körper, der über ihm lag, und küßte ihre an seinem Leib wundgescheuerten Lippen.
    »Wenn man in eine Tonne ein paar Luftlöcher bohrt …«, dachte er laut.
    »Ich gebe dir meine Atemmaske und zwei Filter mit«, sagte sie. »Wir haben sie bekommen, um bestimmte Übungen zu machen. Man hat uns eingegraben, und wir konnten vierundzwanzig Stunden unter der Erde bleiben. Die Abfalltonnen sind groß genug. Wenn du dich hineinhockst, kann ich noch eine dicke Schicht Gemüse über dich ausschütten.«
    »Dunja, du bist ein Engel …«
    »Halt den Mund!« sagte sie tonlos. Durch ihren Körper flog wieder der Atem ihres vulkanischen Gefühls. »Oh, halt doch den Mund, du Satan! Ich liebe dich. Ich liebe dich. So wie ich dich, kannst du mich gar nicht lieben …«
    Sie nahm wieder von ihm Besitz, eine Flamme, die in dem letzten Tropfen seines Leibes Nahrung fand.
    Die Müllabfuhr von Frazertown war gut organisiert. Sie kam zweimal. Mit einem modernen Müllwagen, der den Abfall gleich zerkleinerte, wurde der tägliche Abfall beseitigt. Der zweite Trupp war spezialisiert, fuhr zwei Lastwagen mit flachen Ladeflächen und lud die verzinkten Tonnen auf, in denen die verwertbaren Überreste gesammelt wurden. In der Sowchose wurde später dieser Abfall genau gewogen, und ein Spezialist – in Rußland sind immer Spezialisten tätig – rechnete aus, wieviel Schweine man mit diesem Zusatzfutter ernähren konnte. Dafür erhielt Frazertown später sein Schweinefleisch abzüglich 20 Prozent Schwund, die der gesamten Bevölkerung zugute kamen. Man war schließlich ein sozialistischer Staat.
    Wie Norma es gesagt hatte: Niemand kontrollierte die auf dem Deckel grün gezeichneten Abfalltonnen für die Sowchose, Brigade Schweinemast. Stämmige Arbeiter von Frazertown luden sie auf die Lastwagen, und dann vollzog sich der Abtransport nach dem einwandfreien Sicherheitsverfahren. Die Arbeiter fuhren die Autos bis zur dritten Sperre, dort übernahm das Militär die Wagen und brachte sie bis zur ersten Sperre. Vor dem hohen Elektrozaun mit dem Schild ›Nowotschok‹ warteten richtige Müllmänner aus Winniza und lieferten nach einer halben Stunde Fahrt die Tonnen bei der Sowchose ab. Dort rollte man sie in einen Schuppen, um sie am nächsten Morgen in die großen Kessel der Schweinemastküche zu kippen.
    Billy Rampler, der seit Johns plötzlichem Weggang darauf wartete, daß man ihm einen neuen Gehilfen schicken würde, sobald neue ›Bürger‹ in Frazertown eintrafen, hatte mit seinen Hamburgern genug zu tun und deshalb kein Auge für Norma, die völlig sinnlos zwischen ihrer Milchtheke und den Abfalltonnen auf dem Hof hin und her rannte. Zwar hatte sie immer etwas in der Hand, das sie wegwarf, aber an diesem Morgen war sie gereizt und nervös, bellte Billy an, der etwas Belangloses fragte, und schnauzte einen Gast zusammen, der um eine Tasse Kaffee gebeten hatte und warten mußte, weil die Kaffeemaschine noch nicht unter Dampf stand.
    »Jetzt dreht sie durch«, sagte Billy Rampler zu dem beleidigten Gast und blinzelte ihm zu. »John ist weg! Zum erstenmal hat es Norma ans Herz gepackt. Das muß man erst überstehen. Haben wir Verständnis für das wunde Seelchen. Deinen Kaffee bekommst du in zehn Minuten.«
    So kümmerte sich keiner darum, daß Norma ein paarmal den Deckel der Tonne III hochklappte, etwas hineinwarf und sich kurz über den Abfall beugte. Man hätte sich auch gewundert, denn so schön rochen die gegorenen Speisereste nicht.
    Bob Miller, der seit dem Morgengrauen in der Tonne hockte, über sich zwanzig Zentimeter Essenreste, die Atemmaske vor dem Gesicht, konnte sich nicht rühren. Aber wenn Norma gegen die Tonne klopfte, gab er mit dem Fingerknöchel Antwort. Alles in Ordnung.
    Gegen zehn Uhr kamen die Müllmänner von Frazertown. Es war ein Arbeitsauftrag, unwürdig eines Offiziers der Roten Armee, und jeder, der von Bulder dazu eingeteilt wurde, protestierte zunächst heftig. Doch es half nichts. »Und wenn ihr Scheiße zu Ziegelsteinen pressen und in der Sonne trocknen lassen müßt!« sagte Bulder eindringlich zu den Petitoren. »Euer Gedanke hat immer zu sein: Ich diene meinem

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