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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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werden, obwohl es wohl unvermeidlich sein würde, sich früher oder später zumindest einem Teil der Einwohner oder einer Abordnung davon zu stellen. Aber zuerst wollte sie nur mit Nikola sprechen, sie über alles einweihen und die Lage und Grundstimmung in Illasandria sondieren.
    Gizmo hatte es sich auf dem Beifahrersitz endgültig bequem gemacht und schien ein Schläfchen halten zu wollen.
    Sie hatte Glück. Nikola saß im Gastraum an einem der Tische und putzte Okraschoten. Überrascht blickte sie auf, als Vera hereinplatze und grüßte.
    „Jassu, Vera“, grüßte sie zurück. „Was treibt dich denn hier her? Ich dachte, du bist mit deinem Schatz in Choriogatos?“
    „Schatz?“ Vera runzelte die Stirn. „Woher weißt du…?“
    „Na hör mal!“, lachte Nikola, „dass sich da was zwischen euch anbahnte, war nun wirklich nicht zu übersehen. Ihr habt ja geturtelt wie die Teenies!“
    „Wirklich?“ Vera wurde ein wenig verlegen.
    „Außerdem hat er dich ja in jener Nacht mit Karacho entführt und nicht mehr zurückgebracht, also denke ich mir, dass es dir bei ihm gefällt, oder? Willst du was trinken? Du siehst aus, als könntest du einen kleinen Aufrichter brauchen!“
    Vera nickte.
    Nikola holte eine Limonadenflasche ohne Etikett aus dem Regal hinter dem Tresen und schenkte sich und Vera je ein Schnapsglas der wasserklaren Flüssigkeit ein. Durchdringender Traubengeruch breitete sich aus. Vera nahm das Glas und schnupperte skeptisch daran.
    „Tsipouro“, sagte Vera. „Hat Jack letztes Jahr selbst gebrannt. Probier mal, so was bekommst du sonst nirgends!“ Mit diesen Worten kippte sie ihr Gläschen in einem Zug hinunter.
    Vera war keine große Freundin von Hochprozentigem. Das Höchste der Gefühle war für sie schon ein Wodka-Orange oder Cola mit Rum. Mit Todesverachtung tat sie es Nikola nach und kippte auch ihr Glas hinunter.
    In ihrem Magen zündete eine Handgranate und ihr Schlund wurde zu einem flammenden Inferno, das ihr die Luft raubte.
    „Hraaaach!“, krächzte sie mit wässrigen Augen. „Was ist denn das? Schwefelsäure?“
    Nikola lachte. „Tsipouro ist ein Tresterschnaps, so ähnlich wie Grappa in Italien. Allerdings hat der hier ein paar Prozent mehr als eigentlich erlaubt ist. Ist ja auch gewissermaßen Medizin.“
    Vera konnte wieder normal atmen. „Bist du sicher, dass das kein Raketentreibstoff ist? Aber er tut gut, wirklich gut!“
    Sie winkte ab, als Nikola noch mal zur Flasche griff. „Danke, ich bin mit dem Auto da.“ Sie lachten beide. Vera hatte kurz vergessen, warum sie eigentlich nach Illasandria gekommen war, aber es fiel ihr recht rasch wieder ein.
    Sie beugte sich vor und griff nach Nikolas Hand, die sie dann festhielt.
    „Nikola, ich habe ein Problem, genauer gesagt, ihr hier habt ein Problem. Ich mache es kurz. Ihr müsst Illasandria und die Insel verlassen. So bald als möglich, besser heute als morgen. Hier seid ihr eures Lebens nicht mehr sicher!“
    Nikola entzog Vera ihre Hand, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Vera, was soll das? Du kommst hier mir nichts dir nichts hereingeschneit und verkündest wie ein düsteres Orakel, dass wir von hier zu verschwinden haben. Wer ist eigentlich ‚wir’?“
    „Ihr alle hier in Illasandria“, sagte Vera bestimmt. „Und wenn ich sage alle, dann meine ich auch alle. Mann und Maus, Menschen und Tiere, alle müssen hier weg!“
    „Vera, warum um Gottes Willen soll das nötig sein? Wie kommst du dazu, derartiges zu sagen, ja, zu fordern?“
    Vera stand auf, ging zu der Kühltheke an der Wand und holte sich ein 7up heraus. Sie riss die Dose auf, nahm einen tiefen Schluck und setzte sich wieder. Dann blickte sie Nikola geradeaus ins Gesicht.
    „Nikola“, sagte sie mit Bestimmtheit und hoffte inbrünstig, dass sie jetzt so überzeugend wie noch nie klang, „in den wenigen Stunden, die wir uns bisher kennen, bist du mir eine liebe und teure Freundin geworden. Ich würde dich nie belügen. Wenn ich dir jetzt erzähle, was mich hierhergetrieben hat, dann tu ich das, weil ich will, dass du und alle Menschen hier so unbeschadet wie möglich aus der ganzen Sache herauskommen. Hör mir jetzt einfach zu und bilde dir dann ein Urteil.“
    Sie wartete gar keine Reaktion mehr von Nikola ab und begann zu erzählen. Sie redete und redete, kein einziges Mal von Nikola unterbrochen, die regungslos auf ihrem Stuhl saß und mit zunehmendem Entsetzen hörte, was Vera zu berichten hatte.
    Vera begann mit

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