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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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dass sie es kaum ertragen konnte.
    „Ich sagte doch, es reicht nicht!“
    Dann drehte er sich von Vera weg und richtete das Wort wieder an die versammelten Überlebenden von Choriogatos. Er musste schreien, um das mittlerweile unablässige Dröhnen und Grollen zu übertönen, das aus den Eingeweiden der Insel kam.
    „Vergesst euren Krempel in den Häusern, jetzt geht es ums nackte Überleben! Ab zum Strand! Alle. Jeder hilft dem anderen, so gut er kann. Denkt an die Kinder, Alten und Abbilder. Familien bleiben zusammen! Los jetzt!“
    Er drehte sich wieder zu Vera, die angesichts des Wutausbruchs von Ioannis sprachlos da stand. Er packte sie am Oberarm und zerrte sie mit sich.
    „Komm jetzt! Wir müssen zum Strand. Ja, Hilfe ist unterwegs, wird kommen, aber es reicht nicht, es reicht nicht. Sie kommt zu spät. Aber wenn, dann kommt sie vom Meer, je näher wir dem sind, um so besser!“
    Vera stand stocksteif da und ignorierte das Zerren von Ioannis.
    „Das war nicht dein Ernst, oder?“, fragte sie, auf die Ankündigung, dass Hilfe zwar kommen, aber zu spät kommen würde, gar nicht eingehend.
    „Das kann nicht dein Ernst gewesen sein! Dieser Wutausbruch soeben gegen Bastet. Das war blasphemisch! Sie ist deine, eure Göttin!“
    „Verdammt, was soll das denn! Jetzt komm doch endlich!“ Ioannis wurde wütend. Er hatte keine Zeit, ihr jetzt lang und breit von seinem Traum zu erzählen.
    „Diskutieren können wir auch noch am Strand!“ Er zerrte nach wie vor an ihr, wie an einem störrischen Esel. Vera rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle.
    Ioannis platzte der Kragen.
    Er machte einen Schritt auf sie zu und warf sie sich wie einen Sack über die Schulter.
    Vera kreischte teils erschrocken, teils wütend auf.
    „Lass mich sofort runter!“
    Sie strampelte mit den Beinen und trommelte mit den Fäusten auf seinen Rücken.
    „Ich denke nicht daran!“, brüllte Ioannis gegen ein plötzlich aufbrandendes Lärminferno an, das aus der Gegend von Illasandria herüberschwappte. Die Köpfe der Anwesenden ruckten in diese Richtung und sie sahen eine dunkle Wolke, einem schwarzen Blumenkohl nicht unähnlich, die träge in die Höhe quoll. An ihrem oberen Rand begann sie, langsam auszufransen und zu verwehen. Blitzentladungen durchzuckten den unteren Teil.
    Schwere Erdstöße durchliefen die Insel, die Menschen taumelten durcheinander, einige stürzten.
    „Das ist ein Vulkanausbruch! Weg hier!“ Ioannis hatte die sich immer noch wehrende Vera weiterhin geschultert und lief voran in Richtung Strand. Die übrigen Einwohner folgten im eilig, wobei jeder den anderen half, so gut er konnte. Alte Menschen wurden gestützt, kleine Kinder getragen. Eine Frau hatte sich den verletzten Gizmo geschnappt und in ein schnell umgebundenes Tuch gesteckt, so dass Gizmo wie ein Baby in einem Brusttuch getragen wurde. Unglücklich lugte er mit weit aufgerissenen Augen über den Rand des Beutels. Diese Art von Transport war eines Katzenoberhaupts gar nicht angemessen, aber jetzt tat Eile Not und für große Etikette war keine Zeit. Gini wich keinen Augenblick von seiner Seite. Sie folgte der Frau, die Gizmo trug, auf Tuchfühlung.
    Sie eilten dem Strand zu, ohne genau zu wissen, ob das überhaupt Sinn machte. Bis jetzt war kein Schiff oder irgendein anderes Fahrzeug zu sehen, das die Flüchtenden hätte aufnehmen können. Aber sie rannten trotzdem. Das war immer noch besser, als bewegungslos wie das Kaninchen vor der Schlange auszuharren.
    Vera konnte, da sie über Ioannis’ Schulter hing, auf dem Weg zum Strand einen Blick zurück auf Choriogatos werfen. Was sie zu sehen bekam, ließ ihre Gegenwehr auf einen Schlag erlahmen.
    An der Stelle, wo noch vor ein paar Minuten Ioannis und sie, die ganzen Wissenden und Abbilder gestanden hatten, bildete sich erst rapide eine Vertiefung, Sekunden später brach der Boden fast kreisrund in einem Durchmesser von zwanzig Metern ein. Alles, was sich in diesem Kreis befand, verschwand augenblicklich in einem gähnenden Schlund, dessen Ränder sich zügig in alle Richtungen nach außen fraßen. Felsen, Mauerteile und Erde stürzten nach, Staub wirbelte hoch.
    Vera war wie vor den Kopf geschlagen. Hätte Ioannis nicht alle in Richtung Strand getrieben und sie nicht gegen ihren Willen weggeschleppt wie einen Sack Kartoffeln, würden sie jetzt alle auf dem Grund dieses Kraters liegen, weiß Gott wie tief.
    Ioannis hatte Recht gehabt. Bastet konnte nichts für sie tun oder wollte nichts für sie

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