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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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einem in die Mauer einbetonierten Ring festmachte.
    Der Motor unten im Rumpf erstarb mit einem letzten Röcheln.
    Sie waren da.
    Am Scheitelpunkt der Bucht, etwa zweihundert Meter voraus, erkannte Vera den Glockenturm einer kleinen Kirche, daneben ein größeres, weiß gekalktes Gebäude mit einem Schild „TABEPNA“ über der Tür. 
    Jack wies mit dem Kinn hin.
    „Ihre Unterkunft“, sagte er. „Das beste, weil einzige Haus am Platze. Ich helfe Ihnen mit dem Gepäck und liefere Sie dort ab. Vielleicht kann ich einen günstigen Preis für Sie raushandeln.“
    „Glauben Sie, ich werde von den Leuten übervorteilt?“, fragte Vera. „Immerhin bin ich doch dort xenos!“
    Jack schaute sie verblüfft an. 
    „Ella", sagte er dann lachend. „Dann wollen wir mal!“
    Er warf ihren Koffer hinüber auf den Pier. Der Junge fing ihn sicher auf.
    Sie gingen von Bord, wobei sie einfach vom Deck hinüber auf den fast in gleicher Höhe liegenden Pier springen konnten.
    Sie ließen den vertäuten Kutter zurück und gingen auf das Haus zu.
    Nach ein paar Schritten drehte sich Vera wie unter einem inneren Zwang um und blickte zum Kutter zurück.
    So konnte sie sehen, wie der schwarzweiße Kater mit einem eleganten Sprung von der Reling auf den Pier setzte und zielstrebig in Richtung der nahe liegenden Häuser schnürte, wo er aus ihrem Blick verschwand.
    Sie machte Jack darauf aufmerksam.
    „Na so was“, brummte der. „Ein blinder Passagier. Na ja, wenn er wieder von der Insel runter will, muss er sich rechtzeitig wieder einfinden. Ansonsten muss er hier bleiben, aber dann kann er wenigstens für Blutauffrischung sorgen!“
    Vera lächelte.
    Im Weitergehen hatte sie dann Gelegenheit, sich ein wenig umzusehen.
    Die offensichtlich bewohnten Häuser in den ersten Reihen am Hafen machten einen sehr gepflegten Eindruck. Alle Wände waren schneeweiß gestrichen, die Fensterläden und Haustüren in intensivem Blau.
    Überall wuchsen Pflanzen und Blumen, zum Teil auch in Plastikeimern und ehemaligen Farbeimern gepflanzt. Spitzengardinen und schön gewebte Vorhänge bauschten sich in offenen Fenstern.
    Die Häuser standen dicht beieinander. Richtige Gärten um die einzelnen Gebäude herum konnte sie nicht ausmachen, es gab auch keine Gartenzäune oder sonstige Grundstückseingrenzungen. Ab und zu ein kniehohes Mäuerchen zur Straße hin, das war alles.
    Vor einem der Häuser stand ein kleiner rundbäuchiger Esel angebunden, dessen lange Ohren sich bemühten, lästige Fliegen zu verscheuchen.
    Wäschestücke hingen an Leinen, die zwischen Häusern und Bäumen entlang der Straße gespannt verliefen. Gelegentlich durchbrach ein schmaler Durchgang die Häuserfront, der schnell in eine steile Treppe überging, mit der man die nächst höhere bebaute Ebene erreichen konnte. So erschien Illasandria einem Fremden wie ein Irrgarten aus Gassen und Treppen.
    Vera fühlte sich irgendwie an Blankenese erinnert, wo eine Tante von ihr wohnte und wo sie sich auch die ersten Male in dem Geflecht aus Gassen und Treppen verlaufen hatte.
    Am Ende des Hafens, dort wo die TABEPNA neben dem Glockenturm stand, waren die den Hafen seitlich einfassenden Berghänge bei weitem nicht so hoch. Eine Art Einschnitt gestattete den Blick weiter ins Inselinnere und hier verlief auch die einzige Straße, welche nach Illasandria hinein- und wieder herausführte.
    Einige Haustüren standen offen, um die kühler werdende Abendluft einzulassen. Vera konnte teilweise direkt in die Wohnungen sehen, vermied es aber diskret, auffällig hinzustarren.
    Vor den Häusern und auf der Straße sah man vereinzelt Einwohner. Sie grüßten freundlich mit Kopfnicken oder machten Handbewegungen aus der Ferne und Jack und Vera grüßten zurück.
    Ab und zu wurde zwischen Jack und einem Einwohner ein „kali spera“ oder „jassu“ ausgetauscht. Vera beließ es bei höflichen Gesten und einem Lächeln.
    Sie wollte keinen sprachlichen Fauxpas begehen.
    Ein paar Kinder rannten lachend die Straße entlang, verfolgt von einem eifrig kläffenden kleinen Hund.
    Vera sah keine Autos, nur teils abenteuerlich aussehende Mopeds oder Motorroller, die ein deutscher TÜV sofort aus dem Verkehr gezogen hätte, und einen altersschwachen Traktor.
    Spatzen tschilpten aus den Bäumen, Zikaden stimmten sich auf ihr Nachtkonzert ein.
    Vom Hafenbecken kamen leise glucksende Laute, mit denen das Wasser gegen die Mauer schlug.
    Ein alter Mann saß an der Hafenmauer und hielt eine Angelrute in der Hand. Er sah

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