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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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nicht.
    Nach einer Ewigkeit, wie es schien, kamen erst der Kutter, dann der hämmernde Motor im Nebenraum zur Ruhe.
    Fast schmerzhafte Stille.
    Dann Getrampel und Stimmen über ihm, ein Geschiebe und Gepolter von schweren Gegenständen auf Deck, dann war es endgültig still.
     
    Er stand auf, reckte die steifen Muskeln und schlich vorsichtig nach  oben. Es war heller Tag, die Sonne blendete ihn. Nachdem er sich an das gleißende Licht gewöhnt hatte, sah er sich um.
    Der Kutter lag festgemacht an einer kleinen Mole aus aufgeschütteten Felsbrocken, auf die man oben eine Schicht aus Beton gegossen und wohl laienhaft verteilt hatte. Schuh- und verschiedene Pfotenabdrücke waren in den noch frischen Beton gedrückt worden und jetzt als Vertiefungen konserviert, in denen Brackwasser und Zigarettenkippen gammelten.
    Die Mole führte landeinwärts zu einer kleinen Straße, auch aus lieblos verschmiertem Beton, grobschlächtig in die Landschaft geklatscht.
    Sein Blick folgte dem Straßenverlauf: Er verlor sich in einer scharfen Linkskurve um einen hoch aufragenden Felsrücken herum.
    Kein Mensch, kein Tier, kein Haus weit und breit. Wo war er?
     
    „Du bist angekommen“, sagte die Stimme in ihm.
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    Terged hatte keine Chance. Als die Welle von Backbord über das Deck hereinbrach, riss sie ihn und noch zwei Männer über Bord, als ob sie Korken wären. Keiner von den übrigen konnte sich um sie kümmern, sie waren zu sehr damit beschäftigt, ihr eigenes Leben zu retten, das kleine Schiff über Wasser zu halten.
    Terged und die beiden anderen wurden vom Schiff weg- und auseinandergetrieben. Es dauerte nicht lange, und er war allein in der Wasserwüste des Mittelmeers, irgendwo zwischen der Südküste Kretas und Nordafrika.
    Seine Schwimmweste trug ihn sicher, aber er glaubte nicht, dass ein anderes Schiff ihn rechtzeitig finden würde, bevor er umkam.
    Er lachte bitter auf. „Das kommt davon, wenn man als Schmuggler abseits der Schifffahrtswege unterwegs ist“, dachte er. „Gehst du über Bord, findet dich kein Schwein.“
    Der Sturm ließ nach, das Meer beruhigte sich langsam. Nach Stunden war von den Brechern nur mehr ein lang gezogenes, sanftes Auf und Ab übrig.
    Er bemühte sich, andere Schiffe ausfindig zu machen, wenn ihn eine Welle gerade hochhob, aber das Meer war wie leer gefegt.
    Ein Tag verging, eine Nacht, dann wieder ein Tag. Er wurde müde. Er hatte brennenden Durst, seine Haut war aufgequollen und rissig, die Augen brannten entzündet.
    „Ende der Geschichte“, dachte er sich schließlich und schloss die Augen. Er hoffte auf einen gnädigen Tod im Schlaf.
     
    Ein Schwall kalten Süßwassers schlug ihm ins Gesicht. Er riss die Augen auf und blickte sich, so gut er konnte, um: Er lag rücklings auf dem Deck eines Schiffes, breitbeinig stand über ihn gebeugt ein unbekannter Mann, der noch den Eimer in der Hand hielt, mit dem er ihn abgeduscht hatte.
    „Willkommen an Bord“, sagte der Mann. „Ich habe Arbeit für dich!“
    Eine Stunde später war Terged mit etwas zu essen und trinken und einem großen Glas Raki wieder so weit hergestellt, dass sich der Mann erneut mit ihm befassen konnte. „Frage nicht, wie ich dich gefunden habe, Terged. Frage nicht, woher ich deinen Namen kenne. Erkenne an, dass ich dich gerettet habe und du in meiner Schuld bist.
    Höre, wenn du Macht über andere Menschen haben willst und wenn du dir vorstellen kannst, einer Göttin zu dienen bis an dein Lebensende, dann komm mit mir, ohne zu fragen und ohne dich umzudrehen!“
    Terged war zwar ein kleiner Gauner und Schmuggler, aber im Innersten ein Ehrenmann. Er wusste, was eine Lebensschuld ist und zögerte daher keine Sekunde. Kurz danach stand er an der Seite des Unbekannten an der Bugreling dessen Schiffes und fuhr mit ihm Richtung Südosten, wortlos und ohne sich noch einmal umzudrehen.
     
    Das war vor dreizehn Jahren gewesen. Jetzt war er hier. Er arbeitete daran, seine Lebensschuld abzutragen. Mittlerweile hatte er auch von der versprochenen Macht erhalten. Nur einer hatte noch mehr Macht. Es war der Unbekannte, der sich N’gahar nannte. Der Meister.
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    Sie kamen an der Taverna, der Taverne an. Jack gab dem Jungen eine Münze Trinkgeld und dankte ihm. „Efcharisto, Ioannis“, sagte er. Der Junge nickte lächelnd und rannte dann davon.
    „Ioannis?“, fragte Vera. „Könnte das der Ioannis, sein, dem ich Grüße ausrichten soll?“
    „Tja“, sagte Jack, „das war zwar einer der

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