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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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„Komm, du hast dir ein wenig Ruhe und dann dein Abendessen redlich verdient.“
    Sie sah in schelmisch an. „Was gibt es zum Dessert? Griechen im Schlafrock?“
    „Frechdachs!“ Er gab ihr einen Klaps auf den Hintern.
    Eng umschlungen gingen sie in Richtung seines Hauses.
    Gizmo folgte ihnen, er war ja schließlich Veras Schatten.
    Außerdem wusste er, dass es heute Abend kalamaraki, gegrillten Tintenfisch, gab…
     
    Später beim Abendessen fiel Vera wieder ein, was sie Ioannis schon die ganze Zeit fragen wollte, seit sie die alte Mühle gesehen und er etwas von „Glasmühle“ gesagt hatte.
    Sie drehte versonnen eine kleine Kugel aus Weißbrot zwischen Daumen und Zeigefinger, als sie ihn darauf ansprach: „Schatz, was hat es eigentlich mit dieser Mühle oben in eurem Versammlungshaus auf sich. Du hast mir gesagt, es sei eine Glasmühle. Was soll man sich darunter vorstellen?“
    Ioannis legte sein Besteck zur Seite und blickte kurz ins Leere, dann murmelte er:
     
    Speere aus Glas
    Werfen in den Staub sie zurück
    Aus dem sie wiederkommen
    Stärker denn je
     
    „Wie bitte?“ Vera hatte sich vorgebeugt. „Was hast du da eben gesagt?“
    „Das ist ein Absatz aus der Prophezeiung“, erklärte er, „ich habe fast zwei Monate in der Universitätsbibliothek von Athen verbracht, habe uralte Wälzer studiert und kiloweise Bücherstaub geschluckt. Ich bin auf hunderten und aberhunderten Internetseiten gewesen, habe Professoren aller möglichen Fakultäten gelöchert und mir nächtelang den Kopf zermartert, was es damit auf sich haben kann. Dieser Absatz und noch zwei weitere beschreiben mit Sicherheit jeweils eine Waffe gegen die Ch’quar, mit der man sie zumindest vorübergehend aufhalten kann. Aber ‚Speere aus Glas’, dieser Widerspruch in sich - ich bin daran verzweifelt.“
    „Aber letztendlich hast du dieses Geheimnis dann doch enträtseln können, oder?“
    „Ja und nein. Genauer gesagt, eigentlich nein. Ich habe mich zuletzt einfach auf Intuition verlassen, als ich mit meinen Forschungen nicht weiter kam. ‚Speere aus Glas’! Erst dachte ich noch an Glassplitter, die man mit Steinschleudern oder etwas Vergleichbarem verschießt, aber das erschien mir dann irgendwie zu unspektakulär. Bastet ist eine Göttin, die arbeitet nicht mit Steinschleudern. Außerdem werden in der Prophezeiung Andeutungen gemacht, die eindeutig in die moderne Welt zielen, also konnte durchaus auch eine moderne Waffe gemeint sein, die es zum Zeitpunkt der Entstehung der Prophezeiung noch nicht gab. Aber es musste wohl eine weit reichende Waffe sein, analog zu einem Speer in der damaligen Zeit. Nun, die ominösen ‚Speere aus Glas’ haben sich dann letztendlich als Patronen, Zerlegerprojektile, herausgestellt, die mit fein gemahlenem Glasstaub gefüllt sind. Aber genau wussten wir das bis gestern noch nicht. Die Schüsse, die ich abgefeuert habe und die so wunderbar Wirkung zeigten, waren die ersten. Es war ein geglückter Versuch. Ein geglückter Versuch, der aus der schieren Verzweiflung heraus geboren und gemacht wurde. Es hätte genauso gut nicht klappen können. Dann würden wir beide wohl nicht mehr hier sitzen, sondern draußen irgendwo in einer Blutlache liegen…“
    Er brach ab und wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen.
    Vera bekam unwillkürlich eine Gänsehaut bei diesem Gedanken. Sie fröstelte und rieb sich mit der Hand den Unterarm.
    „Ich habe meine Theorie mit den glasgefüllten Patronen in einer Versammlung der Wissenden vorgetragen. Es wurde abgestimmt und die Mehrheit war dafür, es zu versuchen. In der Mühle mahlten wir dann Fensterglasscherben zu Glasstaub und füllten damit in einer provisorischen Werkstatt ein paar Patronen für das Gewehr und den Colt. Jetzt, wo wir wissen, dass es sie aufhält, wenn auch nur vorübergehend, werden wir mehr Patronen und wohl auch Sprenggranaten und Minen so präparieren. Das ist alles.“
    Er sah sie an. Er sah plötzlich müde und abgespannt aus.
    Vera war beeindruckt. Sie glaubte nicht, dass sie auf diese Lösung gekommen wäre. Mit oder ohne Intuition.
    „Sag mal“, fragte sie dann, „wie lautet eigentlich diese ominöse Prophezeiung vollständig? Du hast ja schon angedeutet, dass sie zum Ende hin noch mal kryptisch wird und völlig enträtselt werden muss.“
    Ioannis seufzte. „Ich weiß nicht, wie oft ich diesen verdammten Text schon gelesen, ausgesprochen und gewälzt, zerpflückt und analysiert habe. Also, pass auf, die

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