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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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wollte er so tun, als hätte er nichts gehört, doch als er die bedrückende Stille brach, hörte er sich selbst sagen: »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß die Schule etwas damit zu tun hat, oder?«
    »Irgendwo müssen sie’s ja gekriegt haben«, erwiderte Purlingstone bissig.
    »Und Sie denken wirklich, an einer, wie Sie es nennen, ›vernünftigen Schule‹ wäre die Gefahr geringer?«
    Pascoe wollte nur Konversation betreiben, keine Aggression schüren. Bei ihren wenigen Zusammenkünften, meist wegen der Kinder, hatte er Purlingstone immer ganz nett gefunden. Sie hatten immerhin so viel gemeinsam, um sich einige Stunden ohne Berührung heikler Themen unterhalten zu können. Und wenn sie aus Versehen doch aufs Glatteis gerieten, etwa die Pflichten der Polizei in der heutigen Zeit oder Effizienz und Leistung der Mid-Yorkshire Wassergesellschaft, waren sie beide in der Lage, durch scherzhafte oder ironische Bemerkungen wieder auf sicheres Terrain zu gelangen. Vielleicht bemühte Purlingstone sich auch jetzt darum, als er sagte: »Sie etwa nicht? Man kriegt das, wofür man bezahlt, Peter. Okay, ich weiß, Sie und Ellie sind eingeschworene Linke, aber ich hatte immer den Eindruck, daß Sie sich in erster Linie doch um Rosies Wohl kümmern, egal wie.«
    »Ihr Wohl im Rahmen unseres Systems, unbedingt«, erwiderte Pascoe. »Aber nicht, indem wir uns aus dem System freikaufen.«
    »Sie halten es also für richtig, hie und da eine Gefälligkeit einzufordern, um Ihre Tochter in die Schule zu kriegen, die Sie ausgesucht haben, aber nicht, daß ich ein paar Pfund bezahle, um dasselbe zu erreichen?«
    »Was zum Henker wollen Sie damit sagen? Es ist eine gute Schule, und ich bin froh, daß Rosie da hingeht.«
    »Oh, natürlich! Vor allem, wo Bullgate drei Meilen näher an Ihrem Haus gelegen hätte. Ich frage mich, wie viele Strafzettel Sie wohl vernichten mußten, um sie in Edengrove einschreiben zu lassen.«
    Diese höhnische Bemerkung kam ihm so glatt über die Lippen, daß Pascoe sich zusammenreimen konnte, daß sie schon des öfteren geäußert wurde. Na und? dachte Pascoe bei sich. Er war hinter Purlingstones Rücken auch nicht immer höflich gewesen. Es wurde Zeit, diesen Streit beizulegen und sich lieber in gemeinsamer Sorge um ihre Kinder zu verbünden.
    Das sagte ihm die Vernunft, doch seine Worte klangen ganz anders.
    »O Ja, Sie haben recht, eine verdammte Menge an Strafzetteln. Aber das kommt daher, weil ich kein dickes Portemonnaie habe, um die richtig dicken Schmiergelder zu zahlen.«
    Himmel! Wo bleibt deine Selbstbeherrschung? stöhnte er innerlich auf. Hör auf. Hör bloß auf! Er sah, daß sein Gegenüber kurz vor dem Durchdrehen war. Jetzt kommt’s. Was immer er sagt, ignorier es einfach, geh weg.
    Dennoch blieb er wie angewurzelt stehen, als Purlingstone mit schneidender Stimme sagte: »Das muß ich mir von einem neunmalklugen Polizeischeißer nicht bieten lassen. Ich arbeite verdammt hart für mein Geld, Freundchen. Ich lebe in der wirklichen Welt und muß mir jeden Penny verdienen.«
    »Sie machen Witze!« entgegnete Pascoe ungläubig. »Sie machen doch dieselbe Arbeit wie vor der Privatisierung. Und wenn Sie Ihnen damals nur Peanuts bezahlt haben, was sind Sie dann jetzt anderes als ein Affe mit aufgeblähtem Bankkonto? Und wissen Sie, wo dieses Geld herkommt? Von uns armen Schweinen, die nicht mal anständiges Wasser in ihr Haus gepumpt bekommen. Himmel, wenn hier einer dafür verantwortlich ist, daß unsere Kinder krank sind, dann doch eher Sie mit Ihren verseuchten Stränden und Ihrem stinkenden Leitungswasser!«
    Purlingstone machte ein verkniffenes Gesicht und ging einen Schritt auf ihn zu. Pascoe ballte die Faust. Dann spürte er, wie er von hinten gepackt und rücklings durch die Tür gezogen wurde, die vor seiner Nase zufiel.
    »Peter, was zum Teufel machst du da?« zischte Ellie aufgebracht.
    »Ich weiß nicht … er hat gesagt … und ich fand es einfach an der Zeit … Ach, verdammt, es war einfach dumm. Ein Wort gab das andere. Bei ihm auch. Er hat behauptet …«
    »Mich interessiert nicht, was er behauptet hat. Mich interessiert nur unsere Tochter, und daß du dich im Wartezimmer duellierst, wird ihr nicht helfen, oder? Hör zu, wenn du es hier nicht aushältst, warum gehst du dann nicht einfach? Geh nach Hause und schlaf dich aus.«
    Er atmete tief durch, suchte inneren Halt, fand ihn, beruhigte sich.
    »Nein, ich bin wieder okay. Tut mir leid. Ich bin nur so frustriert, daß ich

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