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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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eines Menschen in der zivilisierten Welt beinahe unmöglich machte, gehörte zu den Dingen, die bei der Polizei täglich durchbrochen wurden. Manche Menschen tauchten unter, auch ohne sich groß anzustrengen, um ihre Spuren zu verwischen, und die unergründlichen Wasser der Gesellschaft schlossen sich ohne jedes verräterische Kräuseln über ihren Köpfen. Alles, was sie bisher hatten, war die Nachricht, daß ein B. Slater, australischer Staatsbürger, vor zehn Tagen in Heathrow gelandet war.
    Novello brauchte etwas Zeit, um ihre Gefangenen im Keller einzubuchten, dann kam sie hoch für ihren Bericht.
    Dalziel begrüßte sie mit strahlendem Lächeln.
    »Gut gemacht, Schätzchen. Ich hab ja immer gesagt, daß Sie nicht nur ’n hübsches Gesicht haben, wobei ich ja nix gegen hübsche Gesichter habe, wenn man an die häßlichen Schnarchköpfe denkt, mit denen ich arbeiten muß.«
    Novello vermied es, Wield anzusehen. Eines mußte sie Dalziel lassen: als Boß war er fair. Er war jedem gegenüber ziemlich unverschämt.
    »Also, was war los, Ivor? Erzählen Sie«, fuhr der Dicke fort.
    Sie lieferte ihren geprobten Bericht ab, knapp und präzise, und erntete von Wield ein anerkennendes Nicken.
    »Großartig«, sagte Dalziel und rieb sich voller Vorfreude auf die anstehenden Verhöre die Hände. »Die schreien bestimmt schon nach ihren Anwälten, oder?«
    Sie taten es nicht.
    Turnbull hatte mit den Schultern gezuckt und gesagt: »Ich glaub, ich werd’s diesmal alleine versuchen.«
    Und Slater/Lightfoot hatte gesagt: »Was zum Henker soll ich mit einem Scheißanwalt? Holen Sie einfach den Mistkerl, der für diesen Scheißhaufen verantwortlich ist, ja?«
    Novello überbrachte dies wortgetreu.
    »Und da ist noch etwas«, fügte sie hinzu, da sie sah, daß Dalziels Gesichtsausdruck etwas von seinem vorherigen verrückten Glanz verlor, und sich dachte, daß schlechte Nachrichten am besten als große Ladung verschüttet werden sollten. »Slater gab an, er heißt Barney, nicht Benny. So steht’s auch in seinem Paß. Barnaby Slater.«
    Sie wartete darauf, versichert zu bekommen, daß dies nichts bedeute, doch an Dalziels Gesicht sah sie, daß es mehr bedeutete, als sie wußte.
    »Der jüngere Bruder«, sagte Wield. »Der bei seiner Mam geblieben war. Er hieß Barnabas. Benjamin und Barnabas. Ich dachte mir immer, daß die alte Dame die Namen ausgesucht hatte. So wie es sich anhörte, war Marion nicht besonders religiös.«
    »Na gut, Benny kommt nicht unter seinem eigenen Namen zurück. Und?« meinte Dalziel. »Nimmt sich den Paß seines Bruders. Vielleicht mußte er das. Vielleicht ist ihm nie eingefallen, seinen Namen zu ändern.«
    Er klang wenig überzeugt.
    »Also. Gehen wir’s an. Ivor, Sie kommen auch mit. Reden Sie nicht dazwischen, aber haben Sie auch keine Angst, was zu sagen, wenn’s Ihnen notwendig erscheint.«
    Diesmal wurde sie also nicht fallengelassen, nachdem sie die Drecksarbeit erledigt hatte, dachte Novello. Toll!
    Es sei denn, Dalziel wollte einfach einen Sündenbock parat haben, falls die Dinge nicht so liefen, wie sie sollten. Und das taten sie vom allerersten Augenblick an nicht.
    Slater sah ohne sichtbares Wiedererkennen von Wield zu Dalziel und sagte: »Himmel, was soll das denn? Werden Sie sich auf meinen Schoß setzen, während der da mich zu Tode erschreckt?«
    »Ein Witzbold«, sagte Dalziel. »Ich lache gern.«
    »Ach ja? Und wer zum Henker sind Sie, Kumpel?«
    »Ich? Ich bin der Mistkerl, der für diesen Scheißhaufen verantwortlich ist«, entgegnete Dalziel. »Aber das weißt du doch ganz genau, oder, Benny? Wir kennen uns doch.«
    Slater sah ihn verständnislos an. Dann sagte er: »Wie haben Sie mich grade genannt?«
    »Benny. Ehemals Benjamin Lightfoot.«
    Da grinste Slater von einem Ohr zum anderen.
    »Ich heiße Barney. Sie denken, ich bin Benny? Ist es das, worum die ganze Sache hier geht? Himmel, was für eine Riesenpanne!«
    Wenn er nur spielte, spielte er wirklich gut. Doch Wield, der das Gesicht des Mannes genau beobachtete, war fast sicher, daß er nicht spielte. Der Kerl sah dem Foto von Benny, das er selbst zusammengeschustert hatte, zwar sehr ähnlich, aber im ganzen gab es zu viele Unterschiede.
    Dabei ging es weniger um äußerliche Merkmale, sondern eher um den Gesichtsausdruck, das Flackern in den Augen, das Zucken um die Mundwinkel, das lauernde Neigen des Kopfes auf eine Seite, Kleinigkeiten wie diese. Na gut, Menschen konnten sich in fünfzehn Jahren sehr verändern, aber

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