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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Körperbau zum Stämmen von Gewichten geeigneter schien als zu trostspendenden Gesten, eher auszuweichen, als ihr nachzugeben.
    Dalziel zog alle Blicke auf sich. Sie hielten Ausschau nach Hoffnung, und da sie keine fanden, wanderten sie von seinem Gesicht auf sein Hemd.
    »Wer, zum Teufel, ist dieser Clown?« wollte die Blonde mit heiserer Stimme wissen.
    »Detective Superintendent Dalziel, Chef der Kriminalpolizei«, verkündete Clark.
    »Ach, tatsächlich? Und dann kommt er zu so einem Zeitpunkt daher wie ein kunterbuntes Kirmeszelt?«
    Dalziel ignorierte die Bemerkung und kniete sich mit überraschender Behendigkeit vor die blaßgesichtige Frau.
    »Mrs. Dacre, Elsie«, sagte er. »Ich bin sofort gekommen, als ich davon hörte, und habe keine Zeit mit Umziehen verschwendet.«
    Sie hob den Kopf und sah ihn mit rotgeränderten, trüben Augen an.
    »Niemand schert sich einen Dreck, was Sie anhaben! Werden Sie sie finden?«
    Was sagst du nun, alter Zaubermeister? überlegte Pascoe.
    »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht«, erwiderte Dalziel.
    »Und was ist das?« fragte die Blonde. »Was genau machen Sie denn, hm?«
    Dalziel erhob sich. »Sergeant Clark, lassen Sie uns ein wenig Platz schaffen. Bitte gehen Sie alle hinaus. Wir brauchen Luft.«
    Die Blonde signalisierte allein durch ihre Körpersprache, daß sie nicht gewillt war, sich von der Stelle zu rühren, doch Dalziel nahm ihr den Wind aus den Segeln. »Sie nicht, Mrs. Coe. Sie können dableiben, falls Elsie Sie braucht.«
    »Woher zum Teufel wissen Sie meinen Namen?«
    Das war tatsächlich eine interessante Frage, die Antwort jedoch nicht allzu schwer zu erraten. Coe war Elsie Dacres Mädchenname, und eine etwas ältere Frau, die die Rolle der Meistertrösterin übernahm und weder eine Familienähnlichkeit aufwies noch den Eindruck einer Busenfreundin erweckte, war mit großer Wahrscheinlichkeit eine Schwägerin.
    Dalziel sah sie nur ausdruckslos an, um ja nicht den Eindruck der Allwissenheit zu zerstören, die die Leute dazu brachte, ihm die Wahrheit zu enthüllen – oder sie zumindest so nervös machte, daß sie sich durch das Verschweigen derselben verrieten.
    »Also, Sergeant«, sagte er, als Clark hinter der letzten Frau die Tür schloß. »Was geht hier ab?«
    »Meine Männer sind oben am Berg …«
    »Ganze drei! So viele hat er«, unterbrach Mrs. Coe verächtlich.
    »Tony – das ist Mr. Dacre – wollte natürlich wieder rauf und suchen«, fuhr Clark unbeirrt fort, »und ein Haufen anderer wollte ihm helfen, also hielt ich’s für das beste, daß sie ein wenig angeleitet werden.«
    Dalziel nickte anerkennend. Je unorganisierter und amateurhafter eine erste Suche war, desto schwerer wurde ein späteres gründliches Durchkämmen des Gebietes, um Hinweise auf eine Entführung oder einen Mord zu finden.
    »Sehr gut«, sagte er. »Das Mädchen könnte sich leicht den Knöchel verstaucht haben und jetzt da oben hocken und warten, daß jemand sie holt.«
    Solch forsch-fröhlicher Optimismus ging Mrs. Coe sichtlich gegen den Strich, aber sie hielt den Mund. Elsie Dacre war es, die darauf ansprang, wenn auch zunächst mit gezwungen ruhiger Stimme.
    »Der Weichspülgang ist wahrhaftig nicht nötig, Mr. Dalziel«, sagte sie. »Wir wissen doch alle, was los ist, oder? Wir wissen es alle.«
    »Verzeihen Sie, Mrs. Dacre, ich wollte nur …«
    »Ich weiß genau, was Sie wollen, und ich weiß auch, was Sie als nächstes tun. Aber letztes Mal hat’s auch nix genützt, oder? Also, was hat sich geändert, Mister? Sagen Sie’s mir. Was zum Teufel hat sich geändert?«
    Jetzt schrie sie aus voller Kehle, ihre Augen funkelten, und ihr Gesicht war vor Wut und Angst verzerrt.
    »Also hören Sie, gute Frau«, bat Dalziel eindringlich. »Es ist noch zu früh, viel zu früh, um von einem ›letzten Mal‹ zu sprechen. Ich versteh, weiß Gott, daß Sie daran denken, das tu ich auch, aber ich behalte es ganz hinten im Hinterkopf, solange es geht. Ich werde die Vergangenheit nicht voreilig heraufbeschwören, und das sollten Sie auch nicht tun.«
    »Dann erinnern Sie sich also an mich?« fragte Mrs. Dacre und starrte Dalziel an, als wäre es ein Trost, in das Gedächtnis dieses Dickwansts eingebrannt zu sein.
    »Ja, das tu ich. Als ich Ihren Mädchennamen hörte, dachte ich, das könnte eine von den Coes aus Dendale sein. Sie waren die jüngste, oder?«
    »Ich war elf, als es anfing. Ich kann mich gut an damals erinnern, es war so heiß wie jetzt, und wir

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