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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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blieb jedoch an der Tür stehen und fragte: »Noch was, an das ich hätte denken sollen, Sir?«
    »Falls Lorraine nicht innerhalb der nächsten halben Stunde oder so auftaucht, werden wir das Ganze zu einer großen Suchaktion ausweiten. Wir werden eine Einsatzzentrale brauchen, irgendwas mit ausreichend Platz und nicht zu weit entfernt. Irgendwelche Ideen?«
    Das derbe Gesicht des Sergeant legte sich in nachdenkliche Falten, dann sagte er: »Da wär die St. Michael’s Hall. Wird von der Kirche als Gemeindezentrum und von der Schule als Aula benutzt und ist nur ein paar Ecken entfernt.«
    »Das klingt gut. Und jetzt holen Sie den Tierarzt. Wie gut, daß Sie noch vor dem Superintendent daran gedacht haben.«
    Er lächelte dabei, und nach einem kurzen Augenblick lächelte Clark zurück und ging.
    Pascoe öffnete die Hintertür, die zu einem kleinen, sorgsam gepflegten Garten mit einem Rasenfleck und einem Holzschuppen führte. Er trat in die laue Luft hinaus und öffnete die Tür zum Schuppen. Ein paar Gartengeräte, ein ausrangierter Kinderwagen und ein Kinderfahrrad.
    Bemüht, seine Gedanken im Zaum zu halten, ging er als nächstes zum Gartentor und entriegelte es. Vor ihm breitete sich eine niedergetretene vertrocknete Wiese mit vereinzelten Stechginsterbüschen aus, deren leuchtendgelbe Blüten mit der grellen Sonne konkurrierten. Dies mußte der Ligg Common sein, hinter dem sich das langgezogene Tal Danbydale erstreckte, das im Norden vom Neb begrenzt wurde.
    Helles Sonnenlicht verfälscht die Entfernungen, deshalb wirkte das Ende des Tals nur etwa eine halbe Stunde entfernt, und der lange Ausläufer des Neb schien für einen Kricket-Außenspieler mit gutem Wurfarm problemlos erreichbar. Pascoe ließ seinen Blick zum gegenüberliegenden Talhang schweifen und sah dort reflektiertes Sonnenlicht in der Scheibe eines hinabfahrenden Wagens aufblitzen, dessen Winzigkeit die Perspektive plötzlich korrigierte.
    Das war ein riesiges Gebiet hier draußen, zu groß, als daß ein paar Dutzend Männer es an einem Tag gründlich durchsuchen konnten. Und wenn man zum offenen Gelände noch alle Häuser und Scheunen und Schuppen vom Stadtrand bis zu den äußersten bewohnten Ecken des Tals hinzuzählte, so hatten sie ein gigantisches Unternehmen vor sich.
    Er stand da und spürte, wie die Sonne auf seinen hellbraunen Haarschopf und die blasse Haut brannte. Noch ein paar Minuten derart ungeschützt im Freien, und er würde puterrot werden und sich pellen wie eine neue Kartoffel. Und nach ungefähr einer Stunde wäre sein Hirn in jenem Zustand sonnentrunkener Gefühllosigkeit, den er für gewöhnlich im Sommerurlaub an mediterranen Stränden erlebte, während Ellie neben ihm immer brauner und fitter wurde.
    Manchmal war Gefühllosigkeit das wünschenswertere Schicksal.
    »Ha’m Sie Wurzeln geschlagen, oder was?«
    Er drehte sich um und sah Dalziel im Türrahmen stehen.
    »Ich denke nur nach, Sir. Irgendwas Neues?«
    »Nein. Sie hat sich etwas beruhigt. Mit der Mutter geht’s viel besser als mit dieser Schwägerin. Wo ist Clark? Ich wollte ihn nach Dennis Coe fragen, dem Bruder.«
    »Mrs. Coes Mann?«
    »Wir machen ja doch noch einen Kriminalen aus Ihnen! Sechs oder sieben Jahre älter als Elsie, wenn ich mich recht erinnere. Wir werden ihn unter die Lupe nehmen müssen.«
    »Warum? Stand er denn vor fünfzehn Jahren unter Verdacht?« wollte Pascoe wissen, der Dalziels Coup mit Mrs. Coes Namen mittlerweile als simplen Zaubertrick abstempelte.
    »Bei vermißten Kindern steht jeder Kerl unter Verdacht, der alt genug ist, einen Steifen zu kriegen. Er muß damals um die achtzehn gewesen sein. Schlimmes Alter. Und alle Kinder, die verschwanden, waren blond, und er hat ’ne Blonde geheiratet …«
    »Ach, kommen Sie!« meinte Pascoe. »Stammt das aus Ihrer Trickkiste für Hobbypsychologen? Außerdem würde ich sowieso sagen, daß Mrs. Coes Haarfarbe aus dem Chemiekasten kommt.«
    »Dann hat er sie meinetwegen mit dunklen Haaren geheiratet, sie aber wissen lassen, daß er Blondinen bevorzugt. Okay, hören Sie auf, Ihre Nasenflügel aufzublähen, sonst nisten sich noch Schwalben drin ein. Eins ist sicher: er ist Lorraines Onkel, und Onkels rangieren bei solchen Sachen ganz oben in der Statistik.«
    Pascoe schüttelte traurig den Kopf »Mrs. Coe meinte, sie würde unseren Job nicht für tausend Pfund machen wollen. Aber manchmal ist eine Million nicht genug Entschädigung dafür, wie wir die Dinge sehen müssen.«
    »Apropos sehen:

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