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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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recht behalten, werden wir wohl wieder zu Wasser werden.
    Zweiundsiebzig Prozent der Erdoberfläche und sechzig Prozent des menschlichen Körpers bestehen aus Wasser.
    An Orten, die ständig von Dürrezeiten bedroht sind, wie die arabische Wüste und Mid-Yorkshire, bringt es manchen Menschen Reichtum und anderen den Tod.
    Und im Laufe der Jahrhunderte haben die Menschen das Wasser mit den verschiedensten Geisterwesen bevölkert, Meerjungfrauen, Undinen, Najaden, Neriaden, Kraken,
kelpies
und vielen anderen, die dem jeweiligen Zeitalter und der Kultur ihrer Schöpfer entsprachen.
    Das bekannteste mythische Wasserwesen hier in Mid-Yorkshire ist der Nix.
    Der Nix ist ein Zwischending zwischen dem englischen Kobold und dem skandinavischen
nicor
.
    In manchen Märchen fungiert er als eine Art Heinzelmännchen, weil er den Menschen gemeinhin wohlgesonnen ist. In anderen wiederum ähnelt er mehr seinem nordischen Verwandten, der nachts aus seinem nassen Versteck steigt, um Menschen als Beute zu verschlingen. Das Ungeheuer Grendel in der Beowulf-Sage ist eine Art
nicor
.
    Die vorliegende Geschichte hörte ich vor vielen Jahren aus dem Mund des alten Tory Simkin aus Dendale, die nun beide traurigerweise von uns gegangen sind, der Mann und das Tal. Mich betrübt der Gedanke, wieviel Vergangenheit wir verloren haben, während die moderne Technik mit elektronischer Beständigkeit die Idiotien unseres Zeitalters bewahrt (das von allen Zeitaltern vielleicht am ehesten der Vergessenheit anheimfallen sollte). Ich danke Gott, daß es ein paar alte Narren wie mich gibt, die es für lohnenswert halten, die alten Geschichten aufzuschreiben, ehe sie für immer vergessen sind.
    Und wenn dies Eitelkeit oder Blasphemie ist, so bin ich denn ein eitler Blasphemist, der Ihnen gern weitere Exemplare dieses Buches sowie eine Liste mit weiteren Publikationen der Eendale Press in Enscombe, Eendale, Mid-Yorkshire, zukommen läßt.
    Edwin Digweed

Nina und der Nix
    E s war einmal ein Nix, der lebte an einem Teich in einer Höhle unter einem Berg.
    Er fraß, was immer in seinem Teich herumschwamm oder im Schlamm seines Ufers herumkroch.
    Seine einzige Freundin war eine Fledermaus, die kopfunter hoch oben an der Decke seiner Höhle hing, und oftmals, wenn sie zu ihm sprach, schien ihre leise piepsige Stimme direkt aus seiner Schädeldecke zu kommen.
    Wenn der Nix hinausgehen wollte, wartete er für gewöhnlich bis zur Nacht. Aber manchmal hörte er auch die Stimmen von Kindern, die unten im Dorf herumtollten, und dann schlich er sich bei Tag hinaus und suchte ein schattiges Plätzchen am Hügel, von wo er sie beobachten konnte.
    Am schönsten war es, wenn sie im Teich der Dorfwiese planschten, sich gegenseitig naßspritzten und mit lautem Geschrei herumliefen, während ihre leuchtenden Gesichter und hellen Arme und Beine vor Wasser troffen.
    Das Mädchen, das er am liebsten beobachtete, hieß Nina. Ihr Haar war so blond, wie seines schwarz war, und ihre Haut so weich wie seine schuppig.
    Es kam ein Sommer, da die Sonne so heiß schien und der Himmel so wolkenlos blieb, daß nicht einmal der Gedanke an Nina den Nix hinaus in die Hitze und Helligkeit locken konnte. Er saß in seiner dunklen, nassen Höhle und wartete darauf, daß das Wetter sich änderte. Aber es änderte sich nicht, und nach ungefähr einer Woche, als er sich hinkniete, um aus seinem Teich zu trinken, merkte er, daß der Wasserspiegel gesunken war.
    Ein trockener Tag folgte dem anderen. Die Sonne schien so heiß, daß der Nix ihre stickige Hitze sogar dort unten in seiner Höhle spüren konnte. Und ohne die Regentropfen, die durch die Ritzen des Berggesteins rinnen und seinen Teich füllen könnten, sank der Wasserspiegel immer weiter. Nach und nach starben die Tiere, die im Teich lebten, und es starben auch die, die in seinem schlammigen Ufer lebten, das immer breiter und immer trockener wurde. Und bald wurde der Nix sehr hungrig.
    »Willst du etwa herumsitzen und Trübsal blasen, bis du verhungert bist?« fragte die Fledermaus.
    »Ich weiß nicht, was ich sonst tun könnte«, erwiderte der Nix.
    »Du kannst Futter suchen«, sagte die Fledermaus.
    »Ich habe gesucht und gesucht, aber nichts ist mehr da, das ich fressen könnte«, sagte der Nix.
    »Ich meinte nicht Futter für dich«, entgegnete die Fledermaus, »sondern für den Teich.«
    »Hm?« fragte der Nix.
    »Hast du’s denn nicht bemerkt? Der Teich im Dorf ist nicht viel kleiner geworden. Und weißt du auch, woher das

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