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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Thätigkeit als Arzt, auch der Sprache der Eingebornen einigermaßen mächtig. Seine Vermögensverhältnisse gestatteten ihm, auch ohne Entlohnung thätig zu sein, denn er hatte weder directe Angehörige, noch erbberechtigte Verwandte. Unabhängig im weitesten Sinne des Wortes, keinem Menschen für sein Thun und Lassen verantwortlich und von unerschütterlichem Selbstvertrauen erfüllt, konnte er sich ja unbedenklich zu einem so gewagten Schritte entschließen. Immerhin gehört hierzu die Bemerkung, daß es bei dem seltsamen Manne – wie man zu sagen pflegt – im Oberstübchen nicht ganz richtig zu sein schien.
    Als Diener hatte der Doctor einen Eingebornen, mit dem er außerordentlich zufrieden war. Als dieser die Absicht seines Herrn, im Walde mitten unter den Affen zu leben, vernahm, zögerte er keinen Augenblick, den Arzt zu begleiten. Er mochte aber wohl kaum wissen, was er damit auf sich nahm.
    Der Doctor Johausen und sein Diener gingen nun unverzüglich an die Arbeit. Mit einem Frachtschiffe, das Malinba anlief, traf ein in Deutschland bestellter, zerlegbarer Käfig ein, der zwar dem Garner’s ähnelte, doch fester und bequemer benutzbar als jener war. In der Hafenstadt war es leicht, genügende Mundvorräthe zu erwerben, wie Conserven und andere, und auch so viele Munition, daß eine Vervollständigung der Ausrüstung für einen langen Zeitraum unnöthig erschien. Die im übrigen sehr einfache Ausstattung an Bett-und Leibwäsche, Kleidung, Küchengeräthen u. dergl. wurde dem Hause des Doctors entnommen, und ebenso eine alte Drehorgel, in der Hoffnung, die Affen könnten für die Reize der Musik vielleicht nicht unempfänglich sein. Gleichzeitig ließ Johausen eine große Menge Medaillen aus Nickel anfertigen, die auf der einen Seite seinen Namen, auf der anderen sein Bildniß zeigten, und die er unter den höherstehenden Mitgliedern der Affencolonie, die er zu gründen gedachte, zur Vertheilung bringen wollte.
    Der Arzt und der Eingeborne schifften sich endlich am 13. Februar 1896 in Malinba mit allem Zubehör auf einer Barke des Nbarri ein und fuhren den Fluß hinauf, um später nach… Ja, wohin denn zu gehen? Das hatte der Doctor keinem Menschen sagen wollen. Da seine Bedürfnisse für lange Zeit gedeckt waren, schützte er sich damit am besten gegen Störungen durch Unberufene. Der Eingeborne und er würden sich schon selbst genug sein. Das verhinderte auch jede Störung und Ablenkung der Vierhänder, die er sich als einzige Gesellschaft wünschte, und er hoffte, sich mit ihrem Geplauder zu begnügen, überzeugt, daß es ihm gelingen werde, die Geheimnisse der Makakensprache zu entschleiern.
    Später erfuhr man nur, daß die Barke, nach etwa hundert Lieues langer Fahrt auf dem Nbarri, bei dem Dorfe Nghila vor Anker gegangen war. Dort waren gegen zwanzig Schwarze als Träger angenommen worden und der ganze Zug hatte sich von dem Dorfe aus nach Osten hin gewendet. Von dieser Stunde an war von dem Doctor Johausen aber nichts mehr zu hören gewesen. Die nach Nghila zurückgekehrten Träger hatten auch die Stelle nicht genau angeben können, wo sie sich von dem Doctor verabschiedet hatten. Kurz, auch nach zwei Jahren und trotz wiederholten, leider erfolglosen Nachsuchungen, hatte von dem deutschen Arzte und seinem treuen Diener keine Silbe wieder verlautet.
    Was nun inzwischen vorgegangen war, konnten John Cort und Max Huber jetzt, wenigstens theilweise, erkennen und feststellen.
    Der Doctor Johausen hatte mit seiner Begleitmannschaft einen Fluß im Nordwesten des Waldes von Ubanghi erreicht gehabt. Dann hatte er nach Zurücksendung der Eingebornen, die Herrichtung eines Flosses begonnen, für das er die Planken und Pfähle seinen Vorräthen entnahm. Nach Vollendung dieser Arbeit waren sein Diener und er den Lauf des unbekannten Flusses hinausgefahren und hatten ihre Käfigwohnung an der Stelle errichtet, wo sie hier unter den ersten Bäumen des rechten Ufers entdeckt worden war.
    Soweit herrschte über die Angelegenheit des gelehrten Forschers also einige Gewißheit. Bezüglich alles weiteren waren freilich nur Vermuthungen aufzustellen. Warum mochte der Käfig denn leer sein?… Warum hatten seine beiden Bewohner ihn verlassen?… Wie viele Monate, Wochen oder Tage war er bewohnt gewesen? Darüber ließ sich gar nichts urtheilen. Waren die zwei Männer fortgeschleppt worden?… Durch wen denn?… Durch Eingeborne?… Der Wald von Ubanghi galt aber doch für unbewohnt. Sollte man annehmen, daß sie vor

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