Das Dorf in den Lüften
gehenden Affen dabei nicht mit der Fußsohle auftreten, sondern sich auf den Rücken der umgebogenen Finger stützen. Bei den Wagddis ist das anders, ihr Gang gleicht, das sieht man auf dem ersten Blick, vollkommen dem des Menschen.«
Diese Bemerkung war ganz richtig und es handelte sich hier ohne Zweifel um eine völlig neue Rasse. Was übrigens den Fuß betrifft, so behaupten manche Gelehrte, daß zwischen dem des Affen und dem des Menschen gar kein Unterschied bestehe, und daß auch der zweite eine gegenständige große Zehe (gleich dem Daumen der Hand) haben würde, wenn der Fuß nicht durch das Schuhwerk verunstaltet wäre.
Noch außerdem giebt es aber physische Aehnlichkeiten zwischen den beiden Rassen. Die Vierhänder mit menschlicher Körperhaltung sind weniger unbändig und schneiden weniger Grimassen, kurz, sie erschienen als die ernstesten und verständigsten ihrer Art. Gerade dieser äußere Ernst zeigte sich nun auch in der Haltung wie in den Handlungen der Bewohner von Ngala. Hätte John Cort sie eingehender untersuchen können, so würde er auch gefunden haben, daß ihr Gebiß mit dem der Menschen übereinstimmte.
Derlei Aehnlichkeiten stützten zwar bis zu gewissem Grade die Lehre von der Veränderlichkeit der Arten, die von Darwin vertretene Descendenztheorie. Man hat sie sogar, unter Vergleichung der am höchsten entwickelten Affenfamilien mit den auf der niedrigsten Stufe stehenden Menschen, als entscheidend dafür angesehen. Linné z. B. vertrat die Anschauung, daß es einst Troglodyten (menschliche Höhlenbewohner) gegeben habe, eine Bezeichnung, die sich auf die Wagddis gewiß nicht anwenden ließ, denn diese wohnten ja auf Bäumen. Vogt hat sogar behauptet, daß die Menschheit aus drei großen Affenfamilien hervorgegangen sei: der Orang, eine brachycephale Art mit langer, brauner Behaarung, wäre nach ihm der Ahne der Negritos; der Schimpanse, eine dolichocephale Art mit mächtigen Kiefern, der der eigentlichen Neger, und von dem Gorilla, der sich durch eine besondere Entwicklung des Brustkorbes, durch die ihm eigene Haltung, die Gestalt des Fußes und durch den Knochenbau des Rumpfes und der Gliedmaßen auszeichnet, sollte der weiße Mensch abstammen. Dieser Aehnlichkeit kann man freilich leicht genug sehr ins Gewicht fallende Unähnlichkeiten der intellectuellen und moralischen Eigenschaften gegenüberstellen – Unähnlichkeiten, die zu einer Verwerfung der Darwin’schen Leitsätze führen müssen.
Immerhin kann man bei Betrachtung der unterscheidenden Merkmale der drei Vierhänderfamilien annehmen, daß sie – ohne gleichzeitig zuzugeben, daß sie die zwölf Millionen Zellen und die vier Millionen Fasern des menschlichen Gehirns besitzen – einer den anderen Thieren weit überlegenen Rasse angehören. Daraus folgt aber nimmermehr, daß der Mensch nur ein vervollkommneter Affe oder der Affe ein degenerierter Mensch wäre.
Was den Mikrocephalen betrifft, den man zum Mittelglied zwischen Mensch und Affen hat stempeln wollen, und dessen Vorhandensein von den Anthropologen ebenso vergeblich prophezeit, wie nach ihm vergeblich geforscht worden ist, dieses Kettenglied, das die animalische Welt mit der »hommalen« 1 verbinden soll… sollte man bezüglich dieses fehlenden Gliedes annehmen, daß es etwa von den Wagddis gebildet würde? Hatten es die merkwürdigen Zufälligkeiten ihrer Reise diesem Franzosen und diesem Amerikaner vorbehalten, es zu entdecken?
Und wenn sich diese Rasse physisch der Menschenrasse noch so sehr näherte, hätte man bei den Wagddis doch noch nachweisen müssen, daß sie die dem Menschen eigenen moralischen und religiösen Eigenschaften und Empfindungen besäßen, ganz abgesehen von der Fähigkeit, Schlußfolgerungen zu ziehen und sich Verallgemeinerungen vorzustellen, ebenso wie von einer Veranlagung für Künste und Wissenschaften. Nur dann hätte man sich endgiltig über die zwischen Monogenisten und Polygenisten herrschende Streitfrage aussprechen können.
Bisher stand nur das eine fest, daß die Wagddis sprechen konnten. Nicht auf Instincte allein beschränkt, hatten sie Vorstellungen, Gedanken – die ja überhaupt die Voraussetzungen des Wortes sind – und Wörter, deren Verbindung ihre Sprache ausmachte. Besser als durch Schreie, die durch Blicke und Bewegungen weiter erläutert wurden, bedienten sie sich articulierter Laute, die als Unterlage eine Reihe von Tönen und von Formen hatten, welche durch Atavismus auf sie vererbt worden sein mochten.
Am
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