Das Dorf in der Marsch
nicht noch mehr blamieren.«
»Und deshalb hat Gaultier Sie weiter bedrängt?«
Sie zögerte zunächst, bis sie ein kaum Wahrnehmbares »Ja« hauchte. »Aber da läuft nichts mehr. Ich bin doch nicht blöde. Ich will Günter nicht verlieren.«
»Bärbel!« Wychzeks Stimme klang bestimmt. »Was treibst du da? Wer hält dich auf?«
Sie wollte zu einer Erklärung ansetzen, aber Christoph schob sie sanft zur Seite und sagte: »Wir übernehmen das.« Er ging ins Wohnzimmer, aus dem der Ruf kam.
»Moin«, grüÃte er beim Eintreten.
Wychzek saà mit dem Rücken zur Tür und fuhr erschrocken herum, als er Christoph hörte.
»Ãh ⦠Tach.«
Christoph zeigte auf den Sessel. »Dürfen wir?«
Sie erhielten keine Antwort, nahmen aber trotzdem Platz.
Wychzek legte die Ausgabe des Anzeigenblatts zur Seite, in der er gestöbert hatte. Christoph zeigte auf das Papier.
»Haben Sie etwas Interessantes entdeckt?«
Der Mann hielt es nicht für nötig, darauf einzugehen.
Nachdem sie eine Weile geschwiegen und sich gegenseitig beäugt hatten, wurde es Wychzek zu bunt.
»Um was gehtâs diesmal?«
»Wir überprüfen noch einmal alle Alibis.«
»Brauche ich nicht.«
»Das benötigt jeder«, mischte sich GroÃe Jäger ein. »Sogar die Kanzlerin. Die war an diesem Tag in Brüssel. Sie auch?«
Wychzek zog ruckartig den Kopf zurück und streckte seine Brust nach vorn.
»Ich habe keine Lust auf solche Spielchen.«
GroÃe Jäger grinste.
»Das ist ein Gesellschaftsspiel, das wir oft betreiben. Allerdings ist es für mehr als zwei Mitspieler geschaffen. Wir beide«, dabei zeigte er auf Christoph, »sind nicht genug. Da haben wir uns gedacht, Sie würden uns ein bisschen unterstützen.«
Die Verärgerung war Wychzek deutlich anzusehen.
»Sparen Sie sich diese Albernheiten. Wir sind keine Kinder mehr.«
»Wo waren Sie am Montagvormittag?«
Wychzek legte die Stirn in Falten.
»Wie immer. Hier. Wir haben zusammen gefrühstückt. Bärbel und ich. Dabei lassen wir uns immer viel Zeit.« Er sah seine Partnerin an, die auf seiner Sessellehne Platz genommen hatte. »Stimmtâs?«
Bärbel Lattmann nickte heftig.
»Haben Sie eine eineiige Zwillingsschwester?«, wandte sich GroÃe Jäger an die Frau.
Die Ratlosigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben.
»Weil der Husumer Galerist Maximilian Stiefel ausgesagt hat, dass Sie Montag früh in seiner Galerie in der Husumer Neustadt waren. Diese Angaben decken sich mit denen von Roderich von Eckstein. Der hat das bestätigt«, erklärte Christoph.
»Mit wem?«, wollte Wychzek wissen und sah Bärbel Lattmann wütend an.
»Das ist der bürgerliche Name von Roger Gaultier.«
»Ach, der Arsch.« Es klang abfällig.
Die Frau sah verlegen zu ihrem Partner, dann zu Christoph. Sie hüstelte.
»Wir sitzen morgens immer zusammen und frühstücken lange. Montags kümmere ich mich um den Haushalt. Ãbers Wochenende lasse ich es ruhiger angehen. Zum Beginn der neuen Woche werden dann die notwendigen Verrichtungen ausgeführt.« Plötzlich fiel ihr noch etwas ein. »Ist eine alte Gewohnheit. Ganz schön blöde, was? Für uns ist jeder Tag ein Sonntag. Wie ständiger Urlaub. Da ist es doch eigentlich gleich, wann man den Haushalt macht. Oder? Nur an diesem Montag war das anders. Herr Gaultier hatte den Termin in Husum besorgt. Ich hatte mir viel davon versprochen.«
»So dumm können auch nur Frauen sein.« Wychzek tippte sich an die Stirn. »Wen interessiert dieses Geschmiere schon?«
»Nach Stiefels Auskunft waren Sie gegen elf Uhr in Husum.«
»Kann sein.«
Wychzek kniff die Augen zusammen.
»Das war doch nicht Montag«, behauptete er.
»Doch. Definitiv«, sagte Christoph. »Und Sie?« Er zeigte auf den Mann.
»Ich war hier.«
»Und Sie haben Zeitung gelesen«, sagte Christoph beiläufig.
»Er hat nicht einmal den Frühstückstisch abgeräumt«, beschwerte sich Bärbel Lattmann. »Ich konnte den Schinken und den Tilsiter wegwerfen, weil der Aufschnitt angelaufen war.«
»Warum musstest du blöde Kuh auch diesem Heini hinterherlaufen?«
»Sie haben die Husumer Nachrichten gelesen«, sagte Christoph nachdenklich.
»Stimmt. Ist das verboten?«
»Lesen bildet«, sagte
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