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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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des Malers auch erlegen war.
    Â»Roger ist so charmant«, flüsterte Bärbel Lattmann schließlich. »Und ein großer Künstler, ein begnadeter Maler. Ich male selbst und habe ihm meine Bilder gezeigt. Er war sofort begeistert davon und sagte, in mir würden ungeahnte Talente schlummern. Es wäre schade, wenn diese brachliegen würden. Man müsste nur an der Technik feilen. Und die wollte er mir beibringen. So bin ich zu ihm ins Atelier, und er hat mir gezeigt, wie man richtig mit dem Pinsel umgeht. Dabei sind wir uns nahegekommen. Es war ein eigenartiges Gefühl, als er nach meiner Hand griff.« Für einen kurzen Moment trat ein verklärter Ausdruck in ihre Augen. »Na ja.« Es folgte eine linkische Handbewegung. »Wenn Sie aus Fleisch und Blut sind und ähm … ein wenig ausgedörrt sind, dann regt sich etwas in Ihnen. Sie müssen wissen, zwischen Günter und mir. Also …« Sie unterbrach ihre Ausführungen und schluckte ein paarmal heftig. »Also. Da war nichts mehr. Nicht dass Sie glauben, ich würde durch die Lande laufen und nach fremden Männern Ausschau halten. So ist das nicht. So eine bin ich nicht. Aber diese zufällige Berührung … Roger spürte, wie ich zu zittern begann. Ich war machtlos gegen die weiteren Erkundungen seiner Hände.«
    Â»Waren Sie mit ihm intim?«
    Sie wendete ihr Gesicht ab.
    Â»Sie meinen … so richtig?«
    Â»Ja«, bestätigte Christoph.
    Sie schüttelte den Kopf, wobei sie ihn gesenkt hielt.
    Â»Es gab also keinen weitergehenden intimen Kontakt?«
    Er starrte auf den Scheitel Bärbel Lattmanns. An den Haarwurzeln schimmerte das Grau durch. Sie würde das Haar wieder neu färben müssen, dachte Christoph. Dann wiederholte er seine Frage.
    Â»Wir haben nicht miteinander geschlafen, aber … Ich glaube, man nennt es ›Französisch‹.«
    Mit diesem Bekenntnis verringerte sich Christophs Hoffnung, Bärbel Lattmann würde eventuell nicht mit dem Risiko einer HIV -Infektion behaftet sein.
    Â»Gegenseitig. Französisch«, wisperte sie kaum wahrnehmbar.
    Christoph würde ihr eröffnen müssen, dass sie sich in diesem Punkt untersuchen lassen müsste. Doch das wollte er später machen. Jetzt galt es, weitere Informationen zu gewinnen.
    Â»Wer wusste von Ihrer Beziehung?«
    Sie sah Christoph direkt ins Gesicht. Tränen lösten sich aus den Augenwinkeln und kullerten die Wangen hinab.
    Â»Günter hat uns einmal erwischt.«
    Â»Es war kein einmaliger Ausrutscher mit Gaultier?«, fragte Christoph nach.
    Â»Nein. Wir haben uns ein paar Mal, äh … getroffen«, umschrieb sie es.
    Â»Und Ihr Partner hat Sie dabei gesehen?«
    Â»Günter ist mit vielem unzufrieden, seit wir hier leben. Er will nicht zugeben, dass er es sich anders vorgestellt hat. Er kommt nicht mit den Leuten zurecht. Außerdem hat er einen Sturkopf. Eben ein richtiger Ruhrgebietler. Ihn hat auch Böhner genervt. So kam es, dass Günter manchmal hintenherum zu Böhner geschlichen ist und versuchen wollte, den Taugenichts auf frischer Tat zu ertappen. Jeder ahnte, dass es Böhner war, der die Dinge verschwinden ließ. Und als ich öfter zu Gaultier ging, ist Günter uns einmal hinterhergeschlichen und hat uns prompt erwischt. Das glaube ich jedenfalls. Bemerkt haben wir nichts.«
    Â»Wie hat Ihr Partner reagiert?«
    Â»Klar, dass der sauer war. Der hat richtig getobt.«
    Â»Hat er Sie geschlagen?«, fragte Christoph.
    Sie sah ihn irritiert an.
    Â»Mich? Nein. So etwas macht er nicht. Er hat gesagt, ich soll meine Sachen packen und verschwinden. Ich könnte zu Gaultier ziehen. Der würde mich mit offenen Armen empfangen.« Ihre Schultern zuckten, als sie schluchzte. »Rausgeschmissen hat er mich.«
    Â»Aber Sie sind nicht gegangen? Gibt es einen triftigen Grund dafür?«
    Ihre tränenverschleierten Augen suchten Christophs.
    Â»Wir gehören doch zusammen – Günter und ich. Außerdem steckt doch auch ein bisschen Geld von mir in diesem Haus. Nachdem er mich niedergemacht hat, bin ich in das kleine Zimmer neben der Wohnstube und habe dort geschlafen. Wir haben nicht mehr darüber gesprochen. Aus Trotz bin ich mit Gaultier nach Husum in die Galerie gefahren.«
    Â»Haben Sie Gaultier von den häuslichen Vorfällen erzählt?«
    Â»Nein. Ich habe mich doch geschämt. Ich wollte mich

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