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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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glaubt, niemand würde ihm widerstehen können.«
    Â»Können Sie?«
    Der Rotschimmer verstärkte sich. »Nicht alles, was man kann, muss man auch wollen«, erwiderte sie ausweichend.
    Â»Else!«, brüllte Matuschka aus dem Inneren des Hauses. »Wo bleibst du?«
    Â»Sie hören. Ich muss«, sagte sie rasch und schloss hinter den Beamten die Haustür.

SIEBEN
    Große Jäger weigerte sich einzusteigen. Er war durch nichts zu bewegen, auf die Zigarette zu verzichten.
    Â»Merkwürdige Menschen wohnen hier«, stellte er zwischen zwei Lungenzügen fest.
    Â»Das denken die von uns auch.«
    Â»Offensichtlich gibt es zwei Parteien im Dorf. Die Einheimischen und die Fremden, wie die Zugereisten genannt werden. Und Roderich von Eckstein, wie dieses Gaul-Tier richtig heißt, scheint jemand zu sein, der hinter jedem Rock her ist, der nicht bei drei auf einem Baum verschwunden ist. Manchmal läuft er aber gegen eine Wand, die ›Ehemann‹ heißt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Witte nicht gefallen hat, als man über seine Frau sprach. Hat Witte dem Maler im Wiederholungsfall Schlimmeres angedroht, nachdem er zugeschlagen hatte? Das hätte andere Ehemänner vielleicht ermutigt. Und Gaultiers Beutezüge wären schwieriger oder gar unmöglich geworden.« Große Jäger stutzte. »Dabei ist der Bursche schon vierundsiebzig. Ich möchte Apotheker in Everschopkoog sein. Von den Umsätzen mit Viagra könnte man gut leben.«
    Â»Es soll auch Männer geben, die keine chemische Unterstützung benötigen.«
    Â»Stimmt«, grinste Große Jäger. »Aber von mir ist hier nicht die Rede.«
    Im Auto roch es nach kaltem Rauch. Der saß überall in der Kleidung des Oberkommissars. Christoph konnte und wollte sich nicht daran gewöhnen. Demonstrativ ließ er die Seitenscheibe herab.
    Â»Finde einmal heraus, wo Wychzek wohnt«, sagte Christoph.
    Â»Nein!«, antwortete Große Jäger bestimmt. »Erst wird mittaggegessen.«
    Christoph seufzte und startete den Motor. Sie bogen auf die Landesstraße hinterm Deich ab und fuhren Richtung Everschopsiel. Der Volvo rollte über die schnurgerade Straße, als Christoph wenig später so hart auf die Bremse trat, dass Große Jäger in den Gurt gepresst wurde.
    Â»Hast du Gas und Bremse verwechselt?«
    Â»Das gibt es nicht«, sagte Christoph erstaunt und sah nach links. Große Jäger beugte sich ein wenig vor, damit er an Christoph vorbeiblicken konnte, und stimmte zu:
    Â»Das ist erstaunlich.«
    Während Christoph abbog, murmelte Große Jäger: »Hast du das nicht gelernt, dass man beim Abbiegen den Blinker setzt? Gab es das damals zu deiner Zeit noch nicht? Vergiss nicht, die Polizei ist in der Nähe.«
    Â»Polizei? Wo denn? Ich sehe nur dich.«
    Sie stiegen gleichzeitig aus und starrten auf den silberfarbenen VW -Passat Variant mit dem Kennzeichen » NF - MW «, der vor Wittes Haus parkte.
    Â»Wie kommt der Wagen dahin?«, fragte Christoph laut. »Seine Frau ist nicht damit gefahren. Ist Witte wieder zu Hause?«
    Â»Ohne Finger? Oder wem gehört das Körperteil?«
    Sie klingelten an der Haustür, und nachdem sich niemand gemeldet hatte, umrundeten sie das Gebäude. Die Hintertür war angelehnt.
    Christoph klopfte gegen die Tür und rief laut »Hallo« in den dunklen Flur, aus dessen Hintergrund ein schlankes, fast hageres junges Mädchen mit langen blonden Haaren auftauchte. Sie hielt eine Scheibe Brot in der Hand. Am letzten Bissen kaute sie noch.
    Â»Ja?«, fragte sie mit offenem Mund und kaute weiter.
    Â»Wer sind Sie?«, fragte Christoph.
    Â»Wer sind Sie denn?«, erwiderte sie und biss erneut ab.
    Â»Polizei Husum. Mein Name ist Johannes. Das ist mein Kollege Große Jäger.«
    Â»Ja? Und?«
    Â»Sie sind …«
    Â»Ich bin Lena Witte, die Tochter.«
    Â»Der Passat vor der Tür – der gehört Ihrem Vater?«
    Â»Was ist damit?« Sie hörte auf zu kauen.
    Â»Wir hätten gern mit Ihrem Vater gesprochen.«
    Â»Aber – warum denn?« Sie zeigte Anzeichen von Unsicherheit.
    Â»Das möchten wir ihm gern selbst erklären.«
    Sie zögerte einen Moment.
    Â»Das geht jetzt nicht.«
    Die beiden Polizeibeamten wechselten einen Blick.
    Â»Warum nicht?«
    Sie warf einen nervösen Blick auf ihre Armbanduhr. »Der schläft. Er kommt manchmal

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