Das Dorn-Projekt: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 3
immer tiefer in den Berg rasten. In den Tunneln und Stollen gab es nur wenig Kopffreiheit.
Gelegentlich kamen sie an einer Bohrstelle oder einem Durchlass vorbei, wo gerade gearbeitet wurde. Hier kam Fanielle zu der Erkenntnis, dass es noch einen anderen guten Grund für engeren Kontakt zwischen Menschen und Thranx gab, jedenfalls auf kommerziellem Gebiet, wenn schon nicht auf politischem: Kein menschlicher Minenarbeiter konnte mit einem gleich gut ausgebildeten Thranx mithalten, der sich nicht nur unter der Erdoberfläche wohler fühlte als darüber, sondern sich auch über die Hitze freute, die zumeist in Bergwerksstollen herrschte und sie in glühend heiße Saunen verwandelte. Eine Kolonne dieser bestens ausgebildeten Arbeiter würde in jedem Bergwerk überall auf der Erde oder deren Kolonien eine Abstellung mit Spitzengehalt finden.
Die Transportkapsel, in der die beiden Diplomaten saßen, wurde langsamer. Gleichzeitig öffnete sich der schmale Tunnel, durch den sie ihrem Ziel entgegengerast war, und ein weitläufiges unterirdisches Erholungsareal erschien. Hier konnten es sich die Minenarbeiter bequem machen und ausspannen, bevor man sie erneut zum Erzabbau in weit entfernt liegende Bereiche der Mine einteilte. Hier gab es Licht, Erfrischungen und V1T-Unterhaltung.
Haflunormet führte seine menschliche Mitstreiterin in eine abgelegenere Ecke des Areals, wo sich ein einzelner Thranx mittleren Alters ganz auf das Display seines PDs konzentrierte, das er vor den Blicken anderer verborgen hielt. Antennen richteten sich auf, als Haflunormet und Fanielle näher kamen. Der Thranx-Diplomat übernahm das Vorstellen; der andere Thranx war von der Bank geglitten, auf der er rittlings in Thranxmanier gesessen hatte, und ließ beide Antennen nach vorne wippen. Fanielle berührte deren federartigen Spitzen flüchtig mit ihren Fingerkuppen, eine Geste, die ihr in den vergangenen Jahren vertrauter geworden war als das Händeschütteln.
»Ich bin Lyrkenparmew. Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen zuerst eine schmerzfreie Eiablage wünschen.«
Fanielle nahm auf der frei gewordenen Bank Platz und warf Haflunormet einen Blick zu. »Weiß eigentlich jeder auf diesem Planeten, dass ich schwanger bin?«
Ein Mensch hätte vielleicht mit einem flotten Spruch geantwortet wie ›Gute Neuigkeiten verbreiten sich eben schnell‹. Ihr Kollege auf diplomatischem Parkett benutzte keine Worte, er gestikulierte stattdessen - dass er sich hier nicht festzulegen gedachte, zeigte die eine Handbewegung an, dass er dies mit seinem leisen Humor tat, die andere.
»Danke schön«, gab Fanielle trocken zurück. »Und trotzdem fühle ich mich gezwungen festzustellen, dass wir nicht hier sind, um meinen Zustand als werdende Mutter zu besprechen.« Inzwischen an die Sitzbänke der Thranx gewöhnt, die keine Rückenlehne hatten, beugte sich die Diplomatin automatisch nach vorne, als sie den Thranx ansprach, den Haflunormet ihr gerade erst vorgestellt hatte. »Haflunormet hat Sie von meinen kürzlich aufgetretenen Schwierigkeiten hier und in Azerick in Kenntnis gesetzt?«
Lyrkenparmew machte ein bestätigendes Handzeichen. »Ich bin unterrichtet. Es tut mir Leid wegen all dem, was Sie haben ertragen müssen. Ich selbst habe vor drei Jahren einen engen Clangefährten verloren durch die liebenswürdige Fürsorge der AAnn.« Er fügte eine ganze Reihe von schnellen Klicklauten an, die durch ihre unüberhörbare Obszönität schockierten. Fanielle schloss Lyrkenparmew in ihr Herz.
»Was können Sie uns berichten von Ihrem kürzlichen Informationsbesuch auf der Erde?« Haflunormets Antennen zitterten vor Wissbegier. »Die Beratungen werden gewissenhaft wie Stollen vorangetrieben?«
»Überaus gewissenhaft. Gleich unterhalb des Tumults, der nun einmal an der Oberfläche herrscht, wird ein neuer Stollen gegraben, ein Stollen, der direkt hineinführt ins Licht, mit Wänden, die von der Wahrheit blank gerieben wurden, bis sie glänzen.« Er hielt inne, um wieder einen Blick auf seinen PD zu werfen, der momentan selbstverständlich keine Aufzeichnungen machte, sondern scannte, ob etwa andere dabei waren, Aufzeichnungen zu machen. Erst als sich Lyrkenparmew sicher war, dass ihr Gespräch weder von einer Person belauscht noch von einem elektronischen Gerät aufgezeichnet wurde, fuhr er fort.
»Unsere Bewegung will eine offizielle Vereinigung unserer beiden Regierungen vorschlagen - und es wurden auch bereits Vorkehrungen getroffen, um diesen Vorschlag
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