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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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kommt nur so überraschend. Er hat mir gegenüber nie auch nur angedeutet, dass er fortgehen wollte.«
    »Was nicht heißt, dass er in irgendeiner Weise weniger von dir hält, Kate, aber er muss auf eigenen Beinen stehen und sich die Welt erobern. Er konnte nicht in Zanana bleiben und in deinem Schatten stehen.«
    »Ich frage mich, ob er je zurückkommen wird – um zu bleiben, meine ich.«
    »Seine Eltern sind dort, Ben ist fast so eng mit Zanana verbunden wie du.«
    »Aber es wird nicht mehr dasselbe sein.« Kate war traurig. Warum hatte Ben ihr nichts gesagt, warum hatte er bis jetzt gewartet, um seine eigenen Wege zu gehen? Hatte er nur mit ihr gespielt, und würde er jetzt, wo er draußen in der Welt war, seine Kindheitsfreundin vergessen? Ihre Küsse, seine Hand, die ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, das verstohlen ausgetauschte Lächeln, die geflüsterten Träume – bedeutete ihm das alles gar nichts?
    Während der nächsten Stunden verwandelte sich ihre Traurigkeit in eine stählerne Entschlossenheit, ebenfalls ihren eigenen Weg zu gehen. »Ich brauche Ben Johnson nicht, um aus meinem Leben ein Ganzes zu machen. Ich komme sehr gut allein zurecht.«
    Zum Erstaunen von Hock Lee stürzte sich Kate in eine letzte Runde von Bällen und Gartenpartys, brachte eine Reihe formeller Abschiedsbesuche bei den ›wichtigsten‹ Damen hinter sich und nahm an weiteren Abendeinladungen teil, wo die heiratsfähigen jungen Damen diskret vorgeführt wurden wie preisgekrönte Schafe.
    Kate fand einiges davon recht unterhaltsam, aber nicht aus den von ihren Gastgebern angenommenen Gründen. Die üppige, von schlechtem Geschmack zeugende Gestaltung ihrer Häuser, das kreischende Lachen der Frauen, das heisere, von Whisky angeheizte Getöne der Männer und das alberne Gekicher ihrer Töchter amüsierte sie. Trotz all ihres Reichtums und der Opulenz, mit der sie sich umgaben, stammten die meisten dieser Menschen von Siedlern, Schafzüchtern und Händlern ab, die Profit gemacht hatten, weil sie die Ersten in einem neuen Land gewesen waren.
    Kate konnte die Vorstellung nicht ertragen, in ein Zanana ohne Ben zurückzukehren. Daher blieb sie noch in der Stadt und schrieb jeden Tag an Mrs. Butterworth, die begeistert war, von all ihren Aktivitäten zu hören, die all ihre Erlebnisse nachempfand, immer wieder alle Einzelheiten darüber nachlas, wohin sie gegangen war, wen sie getroffen hatte, wer wie gekleidet und was gesagt worden war. Kate kam all dem gutmütig nach und verbarg ihre eigentliche Enttäuschung sowohl über die ›vornehmen‹ Kreise von Sydney als auch über die Leere, die sie in Zanana erwartete.
    Während der Saison hatte sie die Dashfords regelmäßig gesehen. Sie fand Mr. und Mrs. Charles Dashford kalt und hochnäsig und fragte sich, warum ihr Vater ausgerechnet Charles Dashford zu seinem Anwalt gemacht hatte. Natürlich kam Charles Dashford nie auf ihre Konfrontation bei der Treuhändersitzung zu sprechen, in der die Umgestaltung Zananas in ein Genesungsheim für Kriegsveteranen gebilligt worden war. Die Tatsache, dass es so erfolgreich und auch vorbildlich für andere Heime im Lande war, schien Dashford eher zu verstimmen als zu freuen.
    Seit sie Hectors Heiratsantrag und auch seine späteren Avancen zurückgewiesen hatte, ignorierte er sie offenkundig, wann immer es möglich war. Begegneten sie sich bei gesellschaftlichen Veranstaltungen, war er höflich, aber kühl. Jedes Mal, wenn sie ihn sah, war er in Begleitung eines anderen strahlenden jungen Dings, da Hector als sehr begehrenswert galt. Er war eine führende junge Persönlichkeit in der Rechtswelt und wurde als geschickter, wenn auch etwas ungestümer Anwalt betrachtet, der den Vorteil hatte, einen Vater mit einem beträchtlichen Vermögen zu besitzen. Aber wenn Kate zusammen mit Hock Lee zu formellen Familienfesten im Haus der Dashfords eingeladen war, fiel ihr auf, dass Hector die meiste Zeit in der Gesellschaft der persönlichen Assistentin seines Vaters verbrachte. Kate erinnerte sich an ihre Begegnung bei der Sommersymphonie, als Hector ihr den Heiratsantrag gemacht hatte. Damals hatte sie sich gewünscht, dass er sich eine passendere Braut suchen würde, jemanden wie die geschickte und wohlerzogene Sekretärin seines Vaters. Offensichtlich bestand nun eine enge Freundschaft zwischen den beiden.
    Während einer Einladung der Dashfords zu einem Lunch am Schwimmbecken und nachfolgendem Krocketspiel beobachtete Kate diese Frau, die

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