Das Dornenhaus
einfache Leute vom Land, bodenständig und Welten entfernt vom gesellschaftlichen Leben Sydneys. Doch sie hatten Catherine geliebt und wurden zu Kates Vormunden bestellt. Ihr Einfluss auf das Mädchen muss enorm gewesen sein.«
»Also wuchs sie als ungekünsteltes Landkind in der fast klösterlichen Abgeschiedenheit Zananas auf. Hatte sie nie den Wunsch auszubrechen?« Eden trank seinen Kaffee aus.
»Anscheinend hat sie sich eine Zeit lang in gesellschaftlichen Kreisen bewegt, und es hat ihr nicht gefallen. Sie zog ihre Verpflichtung gegenüber ihrem Besitz und ihr Engagement für Zananas Rolle in der Nachkriegszeit vor. Sie hatte es in ein Genesungsheim für Kriegsveteranen umgewandelt.«
»Das Mädchen gefällt mir. Sie muss ähnlich gedacht haben wie ich.«
»Sie bekam einen Heiratsantrag von Hector Dashford, dem Sohn des Familienanwalts, der das Treuhandvermögen für Zanana verwaltete, entschied sich aber für Ben Johnson. Er war der Sohn des Ehepaars, das auf der Farm von Zanana arbeitete. Ben scheint so etwas wie ein Gartenbauexperte und Landschaftsgärtner geworden zu sein. Er hat eine Menge in Zanana gemacht.
Tja, und dann ging langsam alles bergab. Hock Lee starb, das Geld, das zum Unterhalt von Zanana gedacht war, versickerte, und es scheint alles zusammengebrochen zu sein. Mrs. Butterworth verlor ihren Mann im Krieg, die Johnsons zogen zurück in ihre Heimatstadt Bangalow. Auch Wally Simpson zog fort und heiratete schließlich Mrs. Butterworth. Kate und Ben blieben in Zanana, schlugen sich schlecht und recht durch und bekamen einen Sohn.«
Eden seufzte. »Was für eine Geschichte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kate Zanana aufgegeben hat.«
»Diese Entscheidung wurde ihr abgenommen. Auf der Fahrt nach Bangalow starben Ben und sie bei einem Autounfall. Das Kind überlebte.«
»Und die Großeltern haben es aufgezogen?«
»Sie haben es versucht, wurden aber krank, und es war alles zu viel für sie. Sie wussten, dass sie einem Kind ein solches Leben nicht zumuten konnten, und gaben den Jungen zur Adoption frei.«
»Und was geschah mit Zanana?«
»Tja, es stand eine Weile leer, wurde dann an eine Firma verkauft, und auch diese Gelder scheinen über die Jahre versickert zu sein.«
»Diese Dashfords haben sich aber nicht gerade als geschickte Verwalter erwiesen. Und wem gehört Zanana jetzt, hast du das auch herausbekommen?« Eden war fasziniert von den Verwicklungen der Geschichte.
»Ja … und nein … die Einsiedlerin, die da wohnt, behauptet, es gehöre ihr.«
»Lieber Himmel … und sie besteht darauf, dass es abgerissen wird?«, fragte Eden erstaunt.
»Das stimmt.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe sie zur Rede gestellt, und sie hat es mir gesagt. Es war alles sehr eigentümlich. Fast beängstigend.« Odette schenkte ihnen Kaffee nach.
»Warum tut sie das? Wer ist sie?«
Odette sah ihn über ihre Tasse hinweg an. »Mary Dashford.«
»Die Anwälte!«, rief Eden.
»Die Frau des Anwalts, um es genau zu sagen. Sie war seine Sekretärin, aber offenbar eine sehr mächtige, verschlagene und gerissene Frau. Und eine sehr bedauernswerte dazu.«
»Wie hat sie das alles bewerkstelligt?«
»Genau weiß ich das nicht, aber ich nehme an, dass sie die Bücher manipuliert hat, während sie das Treuhandvermögen verwaltete. Anwälte und Rechnungsprüfer werden sich damit auseinander setzen müssen.« Odette ließ sich Zeit mit ihrer Erzählung.
Eden trank tief in Gedanken versunken seinen Kaffee und sah dann, offensichtlich verwirrt, zu Odette auf. »Es ergibt keinen Sinn. Warum will sie etwas zerstören, um das sie sich so lange und mit solcher Ausdauer bemüht hat? Ist sie verrückt oder so was?«
»Zu viele Fragen, um sie auf einmal zu beantworten, Eden. Aber es erscheint verständlicher, wenn man weiß, dass Mrs. Dashford niemand anderes ist als Mary – das Kind, das von den MacIntyres aufgenommen und dann von Robert MacIntyre zurückgewiesen wurde.« Odette machte eine Pause, damit Eden diese verblüffende Information in sich aufnehmen konnte.
Dann fuhr sie fort: »Mary hielt ihre Identität offensichtlich geheim, wurde eine äußerst kompetente Sekretärin in Dashfords Kanzlei und sorgte dafür, dass alles, was Zanana betraf, zunehmend unter ihre Kontrolle geriet. Gott weiß, warum Hector ihr das durchgehen ließ. Vielleicht hat er nichts davon gewusst. Er ist vor Jahren gestorben. Und was ihren Wunsch betrifft, Zanana zu zerstören, tja, da scheint sich der Irrsinn
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