Das Dornenhaus
Sichtweite gebracht.
Eines Tages bei Sonnenuntergang, als Catherine eine Zeitschrift las, eilte Robert zu den Bauleuten hinaus. Er kam zurück, sah sehr erfreut aus und umarmte Catherine.
»In zwei Tagen können wir einziehen, Liebling. Aber morgen habe ich eine besondere Überraschung für dich.«
Am nächsten Morgen nahm Robert Catherines Hand, und sie gingen am Fluss entlang, wo ein stabiler Anlegesteg und ein Bootshaus gebaut wurden, und durch die fast fertigen Gärten hinauf zu der prächtigen neuen Villa. Arbeiter fügten die letzten purpurroten Scheiben in den Wintergarten ein und winkten Mr. und Mrs. MacIntyre freundlich zu.
»Schließ die Augen, Liebste«, flüsterte Robert.
Mit der einen Hand vor den Augen und der anderen in Roberts Hand, wurde Catherine zum Vordereingang des Hauses geführt. Ihre Schuhe knirschten auf dem frisch gestreuten Kies der Auffahrt.
»Jetzt schau hinauf.«
Sie öffnete die Augen. Die imposanten Eingangstüren waren einladend geöffnet, aber was ihre Aufmerksamkeit gefangen nahm und sie entzückt nach Luft schnappen ließ, war der eingemeißelte Name über der Tür – Zanana 1898.
»Du hast es nicht vergessen!«
Er küsste sie auf die Wange. »Dein Besuch im Zanana in Indien scheint einen so großen Eindruck auf dich gemacht zu haben, dass ich es für passend hielt, unser Haus Zanana zu nennen.«
»Eine wunderbare Idee, Robert! Ein Zufluchtsort, ein Ort der Schönheit, an dem Frauen Schutz finden. Oh, ich hoffe, dass wir Töchter bekommen werden. Ich danke dir, Liebling. Was für ein entzückender Gedanke.«
»Es gibt noch mehr zu sehen. Komm.« Er führte sie durch die Gärten in den nordöstlichen Teil des Grundstücks. Wieder bat er sie, die Augen zu schließen, bis sie einen verborgenen Platz erreicht hatten. »Jetzt.«
Catherine riss die Augen auf. Sprachlos klammerte sie sich an Roberts Arm. Vor ihnen stand der Miniaturnachbau eines indischen Palastes. »Ein indisches Haus … ein Palast … O Robert!« Sie lief los, schlüpfte auf den Marmorstufen vor dem Eingang aus ihren Schuhen und trat ein.
Sofort fühlte sich Catherine nach Indien zurückversetzt. Erinnerungen überfluteten sie – der Geruch von Weihrauch, Patschuli und Sandelholz. Der kühle Marmor unter ihren Füßen, die farbigen Lichtprismen, die durch das bunte Fensterglas einfielen. Die Schnitzereien, die Spiegel und Mosaiken waren originalgetreue Nachbildungen.
»O Robert … ich hatte ja keine Ahnung. Wofür ist es?«
»Für dich, mein Liebling. Ein Rückzugsort für dich. Ein Andenken an unsere Flitterwochen.«
»Du bist so wunderbar.« Sie umarmte ihn. »Ich hatte mich schon gefragt, was du da mit dem Architekten ausgeheckt hast.«
»Sir Montague und Lady Willingham waren uns eine große Hilfe. Sie haben Bilder und Pläne geschickt und einen Teil der erforderlichen Materialien hierher verschifft.«
Catherine ließ sich in die Seidenkissen auf dem Baldachinbett sinken. »Ich fühle mich wie eine Prinzessin im Märchenschloss.«
Robert und Catherine hatten sich bald in ihrem prächtigen neuen Haus eingelebt; trotz der Größe und Vornehmheit verströmte das Haus Wärme und Geborgenheit. Zum Wäschewaschen stellte Catherine eine Frau aus dem nahe gelegenen Dorf ein und begann, junge Mädchen als Haushaltshilfen auszubilden.
Während sie damit beschäftigt war, letzte Hand an die Innenausstattung der Räume von Zanana zu legen, widmete Robert sich wieder seinen Geschäften und fuhr zweimal pro Woche in die Stadt.
Einmal in der Woche aß er mit Hock Lee in dessen neuen »Lotus Tea-Rooms« zu Mittag, einem Teehaus, das Hock Lee im Herzen Sydneys auf der King Street eröffnet hatte. Hock Lees Mutter, die sich seit den Tagen auf den Goldfeldern nicht verändert zu haben schien, überwachte das Kochen und Zubereiten chinesischer und australischer Delikatessen und Kuchen, die im »Tea-Room« serviert wurden, und das Restaurant wurde bald zum beliebten Treffpunkt von Geschäftsleuten und Angestellten aus den umliegenden Büros. Es bestand aus einem großen, schlichten Raum mit Tischen aus schwarzem Metall und runden weißen Tischplatten aus Marmor, der Boden war mit schimmernden schwarzen und weißen Fliesen bedeckt, die Vorhänge und Tischdecken waren aus strahlendem Drachenrot. Die Kühle und Schlichtheit des Raumes wurde durch Palmen in Messingkübeln und mehrere chinesische Wandschirme aus Bambus und Seide aufgelockert. Es ging fröhlich und geschäftig zu, die hübschen Kellnerinnen
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