Das Dornenhaus
konnte mit der Familie, für die sie gearbeitet hatten, in Kontakt treten und auch die Johnsons über ihre Freunde, die Butterworths, ausfragen. Robert musste gefragt werden. Doch dann entschied Catherine, dass sie ihrer Intuition folgen und die Dinge selbst in die Hand nehmen würde. Robert hatte in letzter Zeit einige Probleme mit zu spät eingetroffenen Frachtschiffen, und sie wollte ihn nicht mit häuslichen Angelegenheiten belasten.
»Wie würde es Ihnen und Ihrem Mann gefallen, hier in Zanana zu arbeiten?«
Mrs. Butterworth blieb überrascht stehen. Dann schlug sie die Hand vor den Mund. »Oh, du meine Güte, ich hatte doch nicht an eine Stelle hier im Haus gedacht. Ich habe nur so geschwätzt … ich meine …« Sie zögerte und musterte die junge Frau neben sich aufmerksam. »Ist das Ihr Ernst? Ich könnte mir nichts Wunderbareres denken, als hier zu arbeiten. Für Sie. Und natürlich für Ihren Mann. Sie werden selbstverständlich Referenzen über uns einholen wollen. Ich muss mit Harold darüber reden.«
Sie war ganz aufgeregt. Catherine lachte. »Ich weiß, dass Sie nicht darauf angespielt haben, hier zu arbeiten. Es kam mir nur plötzlich in den Sinn. Es könnte eine gute Lösung für uns alle sein. Abgesehen von Ihrem Mann, was würden Sie davon halten, unsere Haushälterin und Köchin zu sein?«
»Ich? Ich würde gleich morgen anfangen wollen. Aber es ist Harolds Entscheidung.«
»Es ist Ihrer beider Entscheidung. Warum sprechen Sie nicht heute Abend mit ihm?«
Sie gingen durch den Obstgarten zurück. Catherine unterhielt sich noch eine Weile mit Harold und Gladys Butterworth und kam zu der Überzeugung, dass ihre Idee, wenn auch spontan gefasst, die richtige war. Die ganze Angelegenheit wurde zwischen den beiden Frauen verhandelt, und die Butterworths zogen in das Verwalterhaus, ließen sich ihre Habe aus Bangalow schicken und schienen nach kurzer Zeit schon immer zu Zanana gehört haben.
Das war vor fast einem Jahr gewesen.
Catherines Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, und sie streckte sich und verließ den Rosengarten.
Robert saß an seinem Schreibtisch in der Stadt und las erneut einen kurzen Brief in einer gestochen scharfen Handschrift. Als prominentes und wohlhabendes Mitglied der Gesellschaft von Sydney erhielt er viele Anfragen, als Wohltäter zu fungieren, aber dieser Brief – eine offen formulierte Bitte – hatte ihn neugierig gemacht. Er kam von der Leiterin des örtlichen Waisenhauses. Sie hatte von den herrlichen Gärten in Zanana gelesen, der Molkerei, dem Obstgarten und den Nutzgärten, und sie fragte an, ob sie mit den Kindern aus ihrem Heim einen Ausflug nach Zanana machen dürfte.
… diese Kinder sind Stadtbewohner, ihnen steht nur wenig Platz zur Verfügung, und sie haben nie die Herkunft ihrer (wenn auch bescheidenen) Nahrung gesehen, die sie bekommen. Es wäre lehrreich und der Moral höchst zuträglich. Sie bewegen sich im Alter von drei bis dreizehn Jahren, und ich möchte Ihnen versichern, dass auf gutes Benehmen geachtet werden wird, falls Sie meiner Bitte freundlichst zustimmen würden.
Robert faltete den Brief zusammen und steckte ihn in seine Jackentasche. Er würde ihn heute Abend Catherine zeigen. Es könnte genau die Ablenkung sein, die sie brauchte, und ein Ventil für ihren immer noch unerfüllten Wunsch nach einer Familie darstellen.
Robert wartete, bis Catherine und er nach dem Essen gemütlich im kleinen Wohnzimmer saßen, er mit seiner Zeitung und sie mit ihrer Stickerei. Sie saßen in behaglichem Schweigen, bis Mr. Butterworth ein kleines Glas Portwein für Robert brachte und eine Tasse gesüßten, milchigen Tee für Catherine. Es war
chai,
der Tee, den sie in Indien getrunken hatte und den Robert jetzt für sie importierte.
Robert trank seinen Port und zog dann das Schreiben aus der Tasche. »Ich habe einen Brief für dich.«
»Für mich?« Neugierig entfaltete Catherine den Brief und las ihn rasch durch. »Was wirst du unternehmen? Ich hätte nichts dagegen, wenn sie die Kinder nach Zanana bringt.«
»Ich dachte, du würdest die Sache vielleicht vorbereiten, etwas Besonderes daraus machen wollen. Ein Picknick oder so was. Das wäre bestimmt ein Tag für die Kinder, den sie nie vergessen würden. Ich glaube nicht, dass sie allzu oft Ausflüge machen. Obwohl die Leiterin eine unternehmungslustige Frau zu sein scheint.«
Catherine sah gedankenvoll vor sich hin. »Ja, das wäre bestimmt schön für die Kinder. Aber in
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