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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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ging nach draußen, von Sorge erfüllt. Er mochte seine Frau nicht beunruhigen, aber er hatte das Gefühl, dass der Krieg in Europa noch längst nicht vorbei war und seine Tentakel immer weiter ausstreckte, mehr und mehr Männer aus den Dörfern und Städten Australiens heraussog.
    Kate war immer noch tief in Gedanken. Sie starrte auf einen Sonnenstrahl, in dem die Staubflöckchen tanzten. »Woran denkst du, Kate? Lass dir von Dad nicht das Herz schwer machen mit seinem Gerede über den Krieg.«
    Kate schreckte hoch. »Tut mir leid. Ich habe nicht an den Krieg gedacht. Ich habe an die Vergangenheit von Zanana gedacht. Ich meine, mir sind die Dienstbotenklingeln aufgefallen, und ich habe überlegt, wie es gewesen sein muss, als meine Mutter und mein Vater noch lebten. Was du mir alles erzählt hast – das Servieren des Tees im Salon, die wichtigen Leute, die zu Besuch kamen.«
    »Es war alles sehr prächtig … ja, das war eine schöne Zeit. Und wie ich den Tag gesegnet habe, an dem deine liebe Mutter Harold und mich überredete, nach Zanana zu kommen und hier zu arbeiten. Aber weißt du, Kate, diese Zeiten sind vorbei. Ich glaube nicht, dass sie so noch mal wiederkommen. Selbst wenn du Herrin von Zanana bist, die Zeiten – und die Menschen – ändern sich. Du wirst auf andere Weise wieder Leben in dieses Haus bringen.«
    »Es macht mich traurig, es so unbenutzt zu sehen. Das Haus wirkt … einsam. Eines Tages wird es wieder voller Lachen sein.«
    Kates Gedanken an die Vergangenheit beunruhigten Mrs. Butterworth. Kate wuchs allmählich zu einer jungen Dame heran, aber welche Zukunft stand ihr bevor? Wenn ihre Eltern noch am Leben wären, würden Pläne gemacht, um sie in die Gesellschaft einzuführen. Schon bald würden sich junge Männer um sie bewerben, und was sollte Kate tun, um die Zeit zwischen ihrer schulischen Ausbildung und dem Tag ihrer Eheschließung auszufüllen?
    Die Gedanken an jene Tage, als Catherine und Robert noch lebten und Zanana von Leben und Lachen erfüllt war, brachten Erinnerungen an die energiegeladene kleine Mary mit sich, die durch das Haus sauste. Wie unbeschwert das kleine Mädchen vor Kates Geburt und Catherines und Roberts Tod gewesen war.
    Mrs. Butterworth seufzte. Was für ein trauriges Kind Mary geworden war. Mehr bitter als traurig, und das nicht ohne Grund, nahm sie an. Das Herz wurde ihr schwer, wenn sie an die Besuche dachte, die Harold und sie Mary über die Jahre in ihrer Schule in Sydney abgestattet hatten, und wie sie von ihr zurückgewiesen worden waren.
    Pflichtbewusst hatte Mary zunächst Feiertage und Ferien in Hock Lees Haus verbracht, aber sie war reserviert und höflich geblieben und hatte Distanz bewahrt. Wenn Harold und Gladys sie in der Schule besucht hatten, war Mary in sich gekehrt und mürrisch gewesen. Höflich und zurückhaltend hatte sie Fragen über die Schule beantwortet, sich aber nie nach Zanana erkundigt, sie schien es sogar vorzuziehen, dass ihr früheres Zuhause nicht erwähnt wurde. Ihr Gesicht wurde verschlossen, und ihr Mund verkniff sich, wenn von Kate die Rede war, und als Mrs. Butterworth merkte, wie sehr es das Mädchen schmerzen musste, dass sie weggeschickt wurde, während die andere blieb, vermied sie jede weitere Erwähnung.
    Schließlich hatte die Direktorin der Schule in freundlichem Ton vorgeschlagen, dass Harold und Gladys vorübergehend ihre Besuche einstellen sollten, da sie Mary mehr aufzuwühlen als ihr zu helfen schienen. Sie brachten ihr den Schmerz über ihren Verlust in Erinnerung und erneuerten ihre Schuldgefühle über das, was sie getan hatte. »Lassen Sie ein paar Jahre vorübergehen. Bis sie erwachsener ist. Dann lassen sich die Schäden vielleicht reparieren. Mary will selbst ihren Weg in der Welt finden, und unabhängig zu sein ist in diesen schwierigen Zeiten keine schlechte Idee für eine junge Dame.«
    Gladys schrieb ihr weiterhin kleine Briefchen, aber es war schwierig, eine Seite zu füllen, ohne von Zanana oder Kate zu sprechen. Die Briefe wurden nicht beantwortet, und mit der Zeit schrieb Gladys seltener, schickte Mary gelegentlich eine hübsche Karte oder ein kleines selbst gestricktes Geschenk und zu Weihnachten einen besonderen Brief. Gladys’ Traurigkeit fand stattdessen Ausdruck in ihrem Tagebuch. Obwohl sie nur über eine geringe Schulbildung verfügte, führte Mrs. Butterworth Tagebuch, und ihre Einträge waren in ordentlicher, sauberer Handschrift geschrieben. Manchmal fügte sie kleine

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