Das Dornenhaus
brauchen wir eine Verschnaufpause, bisschen was zu futtern und so. Wir sind zu Fuß hierher marschiert, versteht ihr.«
»Von Bangalow!«
»Einige kamen sogar von noch weiter her. Und wir haben unterwegs eine ganze Menge eingesammelt. Wir nennen uns die Buschbrigade.«
»Wie viele seid ihr?«, fragte Mrs. Butterworth.
»Ungefähr zweihundert bei der letzten Zählung, Gladys.«
»Ja, hol mich doch der Teufel«, entfuhr es Mr. Butterworth.
Wally griff nach einem der Milchbrötchen, die Kate herumreichte. »Na ja, ein paar von uns in Bangalow gefiel es nicht, wie sich die Sache da drüben entwickelte. Wir redeten darüber, und schließlich haben uns die Frauen vom Roten Kreuz dazu gebracht, was zu unternehmen. Sie sagten, wir sollten aufhören darüber zu quatschen und was tun. Sie machten ein Banner und hängten es auf – ›Wenn ihr nicht geht, dann gehen wir!‹ Also rissen wir uns am Riemen und beschlossen, nach Sydney zu gehen und uns freiwillig zu melden.« Wally unterbrach sich und biss in das Brötchen mit der selbstgemachten Maulbeermarmelade. »Das war schon was, sag ich dir. Mehr und mehr Leute schlossen sich uns an, als sich die Kunde von Ort zu Ort verbreitete. Wir marschieren bei Tag und verbringen die Nacht in einer Halle oder Kirche, manchmal auch im Freien. Die Leute aus den Städten geben uns Lebensmittel und warme Kleidung, Stiefel – was immer sie erübrigen können.« Wally war ganz aufgeregt geworden. »Da ruft uns was, ganz laut. Das Mindeste, was wir tun können, ist, dem Ruf zu folgen, was, Harry?«
Mrs. Butterworth spürte, wie sich ihr Herz vor Angst zusammenzog, als sie ihren Mann mit einem Ausdruck von Neid und Bewunderung zu Wally aufschauen sah.
»Donnerwetter, Wally«, rief Harold. »Wir bereiten euch ein fürstliches Mahl. Wir haben genug zu essen hier, wir schlachten ein paar Schafe und bringen alle in den Gebäuden hier unter.«
Kate tauschte einen Blick mit Mrs. Butterworth aus. Es klang aufregend. Wenigstens konnten sie etwas tun, um den Jungs zu helfen, die an die Front gingen.
Die Buschbrigade war immer noch einen Tagesmarsch entfernt, und Harold und Wally fuhren ihr mit einem der Einspänner von Zanana aus entgegen. Kate hatte gebettelt, mitkommen zu dürfen, aber ihr wurde gesagt, das sei nicht schicklich. Seufzend wünschte sie, sie hätte daran gedacht, sich als Stallbursche zu verkleiden wie die Heldin in einem der Romane, die sie gelesen hatte.
Wally und Harold hörten das Singen, lange bevor sie die Männer sahen. »It’s a long way to Tipperary«, schallte es durch die Bäume. Sie stimmten kräftig mit ein, aber Harold verstummte, als sie um eine Biegung kamen und die bunt zusammengewürfelte Armee erblickten.
Die Männer bildeten eine Kolonne, marschierten zu dritt nebeneinander, in den unterschiedlichsten Aufmachungen. Manche hatten ihren Sonntagsstaat an, andere sahen aus, als hätten sie ihre Hacken auf dem Feld fallen lassen und sich der vorbeimarschierenden Truppe angeschlossen. Die Männer trugen Spruchbänder und Banner, gestickt mit patriotischer Leidenschaft von den Rotkreuzdamen in Bangalow und Lismore, dreihundert Meilen weiter nördlich. Zwei Männer marschierten an der Spitze – ein siebzehnjähriger Junge und sein fünfundvierzigjähriger Vater – und trugen an zwei grob behauenen Masten einen staubigen Union Jack vor der Truppe her.
»Dafür kämpfen wir, Harold«, sagte Wally und sprach leise:
»Es ist nur ein altes Stück Fahnentuch,
Es ist nur einfarbiger Lappen,
Doch Tausende ließen ihr Leben dafür
Und kämpften für Englands Wappen.«
Wally wurde von dem Hornisten begrüßt, der auf seinem Fahrrad ankam. »Hast du was für uns gefunden, Wally? Oder ist das ein neuer Rekrut?«
»Das ist mein Kumpel Harry. Er wird uns morgen königlich bewirten, wart’s nur ab.«
Den Schluss der Truppe bildete ein Ford Modell T, gefahren von einem schon älteren Farmer, der sein Auto und seine Dienste als Chauffeur zur Verfügung gestellt hatte. Er agierte als Vorhut zusammen mit Wally, als Krankenwagen, wenn nötig, und als Kurierfahrer. Mehrere Kutschwagen und zwei Einspänner beförderten den Rest der Ausrüstung, die ihnen unterwegs gespendet worden war. Jeder Mann trug seinen eigenen Tornister und eine Decke auf dem Rücken.
Ein Halt wurde angeordnet für eine Zigarettenpause, und als kühles Wasser und Dosenkuchen herumgereicht wurden, erfuhr Harold die Gesichte der Buschbrigade – einer Hand voll Männer, die zu dieser
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