Das Dornröschen-Projekt - Krimi
Augen, schaute einmal auf den Hinterhof, wo ihm gleich ein neuer leuchtend blauer Kinderwagen auffiel, dann trottete er in die Küche. Robbi schmatzte in seiner Ecke, Twiggy saß verpennt am Tisch, Dornröschen schmierte sich gerade einen Toast.
»Ich habe noch mal nachgedacht«, sagte Twiggy. »Vielleicht lassen wir die Sache auf sich beruhen, noch ist nichts passiert.«
Dornröschen setzte sich an den Tisch, Matti auch.
»Nein«, sagte Dornröschen. »Wenn wir den Schnüfflern eine reinwürgen können, dann machen wir das.«
»Und wenn die uns eine reinwürgen?«
»Das versuchen die seit Jahrzehnten«, sagte Matti. »Die sind zu blöd.« Er hatte in der Nacht auch gegrübelt. »Wir halten uns an den Deal mit dem Schaleis. Dass wir den Verfassungsschutz nicht ärgern dürfen, gehört nicht dazu.«
»Hm«, brummte Twiggy. »Aber wenn ihr meint.«
Dornröschen aß krümelnd ihren Toast und trank Tee. »Ich mach auf Lily«, sagte sie. »Das krieg ich hin. Mal sehen, ob er darauf reinfällt.« Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Jetzt müsste so ein Schnüffler schon am Schreibtisch sitzen.«
Sie holte ihr Notebook, suchte die Telefonnummer des Verfassungsschutzes und rief die Zentralnummer an. Sie schaltete den Mithörlautsprecher an.
»Nicht maunzen«, sagte Twiggy und hob Robbi auf den Schoß, als er an seinem Knie kratzte.
»Landesamt für Verfassungsschutz.«
»Doktor Rakowski von der Anwaltskanzlei Dr. Müller-Kronscheidt und Partner. Verbinden Sie mich bitte mit Herrn Wennermann.«
Es klickte, dann Pausenmusik, etwas Seichtes.
»Wennermann.« Eine kräftige Stimme, leicht genervt. Wahrscheinlich sitzt er gerade am zweiten Frühstück, dachte Matti. Vom Stockwerk unter ihnen drang lautes Klopfen hoch.
»Rakowski.«
»Guten Tag, Frau Doktor Rakowski. Ihre Stimme …«
»Ich habe mir über Nacht eine Halsentzündung zugezogen …«
»Gute Besserung.«
»Vielen Dank, aber es muss ja weitergehen. Mein Chef, Doktor Müller-Kronscheidt, hat … wie soll ich es sagen … ein paar Bedenken geäußert. Ich will das am Telefon nicht auswalzen. Stichwort Doktor Entenmann …«
Wennermann schnaufte. »Unter uns, ich habe immer gesagt, dass das nicht gut gehen wird.«
»Es sind zu viele im Spiel«, sagte Dornröschen.
Twiggy winkte ihr zu, sie solle auflegen.
Doch Dornröschen wurde erst warm. »Und Schaleis …«
»Ja, ja«, sagte Wennermann. Und Matti hörte heraus, dass er es genoss, mit einer schönen Frau zu telefonieren.
»Ja, ja«, wiederholte er. »Aber ohne den gäbe es das Projekt nicht.«
»Und den ganzen Aufwand«, stöhnte Dornröschen.
»Wo Sie recht haben …«
»Wir bereden am besten alles beim nächsten Treffen«, sagte Dornröschen. »Schönen Tag noch.«
»Ja, Ihnen auch.«
Es klackte.
Wieder ein Pochen von unten. Twiggy verzog das Gesicht. Eine Frauenstimme schnauzte grell.
Matti klopfte mit der Faust leise auf den Tisch wie im Vorlesungssaal. »Was man alles herausbekommt, ohne viel zu sagen.«
Dornröschen grinste. »Hätte ich mehr gesagt, wäre ich wahrscheinlich aufgeflogen … obwohl, so scharf, wie der auf Lily ist … aber wir wissen ein bisschen mehr.«
»Erstens, der Typ ist tatsächlich Schnüffler. Zweitens, Lily hat sich mit einem Schnüffler getroffen und weiß das auch. Der Typ war überhaupt nicht überrascht, dass sie ihn im Amt angerufen hat.« Matti malte sich aus, dass sie Wennermann haarklein beschrieben hatte, wie sie ihn aufs Glatteis führte. Mit vollem Körpereinsatz. Er kam sich elend vor, doch Dornröschens Erfolg war zu schön, um länger Missmut zu schieben.
»Drittens, die Schnüffler haben mit Entenmann und Schaleis was zu tun«, sagte Twiggy.
»Viertens, im Mittelpunkt steht ein Projekt von Schaleis. Entenmanns Prügelperser und die Klosterstraßenspitzel decken es. Lilys Kanzlei und Madame höchstpersönlich wickeln den juristischen Kram ab. Sie ist spezialisiert auf Vertragsrecht und Vermögensrecht. Gehen wir davon aus, es handelt sich um Vertragsrecht. Was bedeutet, dass die Kanzlei Verträge für Schaleis aushandelt. Die Frage ist, mit wem?« Mattis Finger trommelten auf dem Tisch.
Dornröschen nickte. »Die Frage ist, was für ein Projekt?«
»Die andere Frage ist, was passiert, wenn Wennermann herausfindet, dass er gar nicht mit Madame telefoniert hat, jedenfalls nicht mit der, die er meinte?«, fragte Twiggy. »Und wie lange es dauert, bis wir die wieder an der Backe haben. Wenn die nämlich ein und eins zusammenzählen, das werden
Weitere Kostenlose Bücher