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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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angetan.
    Folkes Hände waren ebenfalls mitgenommen, aber für ihn war das ein Ehrenzeichen; befriedigt ballte er die Fäuste und öffnete sie wieder. Immer mehr wunderte er sich über einen Mann, der zur See ging, obwohl er sie nicht mochte. Und dieser Wertizlaw konnte sich mit Sven zusammentun. Auch er mochte die See nicht: erleichtert, fast zufrieden sah er sich im Noor um, obwohl es für einen Sklaven überhaupt keine Zufriedenheit geben konnte. Weder an Bord noch später. Was mochte Hjalti mit ihm vorhaben? Ein erwachsener Mann mit starkem Nacken und breiten Schultern war als Sklave eine Menge wert, auch wenn sein Gesicht nicht nach Gehorchen, sondern nach Befehlen aussah.
    Aslak stand auf und bezog seinen Platz im Bug. Beide Hände an der obersten Planke, beugte er sich weit nach vorn und spähte ins Wasser. Verkrauteter, steiniger Grund löste hellen Sandboden ab. Er gab Hjalti Handzeichen. Der »Graue Wolf« wurde immer langsamer.
    Der Hafen hatte keine Steganlagen, sondern nur eine Lände, war er doch für die Schiffe des Königs nicht mehr als ein letzter Übernachtungsort auf dem Weg von Birka nach Haithabu. Ein breiter Handelssegler und zwei kleinere schnelle Boote zur Beförderung von Personen und Nachrichten waren dicht am Strand vertäut. Mitten im Noor lag ein Knorr verankert, dessen Mast gelegt war; er gehörte wohl den Dorfbewohnern.
    Oberhalb des Ufers erstreckten sich bis zur halben Höhe des Abhangs die Häuser und Hütten des Dorfes. Verstreut duckten sich in Senken am Nord- und Südhang der Bucht kleinere Gehöfte. Das ganze Tal war bewirtschaftet; vom Hinterland war es durch dichte Wälder abgeschirmt, die die Hügelkuppen wie eine schwarze Mauer bedeckten. Rinder und Schafe weideten auf Parzellen, die durch Büsche und Wasserläufe voneinander abgegrenzt waren.
    Zwei Schiffslängen vor dem steinigen Strand machte Aslak sich bereit zu springen.
    Der »Graue Wolf« lief knirschend auf dem Boden aus. Schon standen die ersten Zuschauer von den anderen Schiffen auf dem schmalen Geröllstreifen, der den Strand bildete. Auch aus dem Zelt, das etwas höher auf fast weißem Dünenboden aufgeschlagen war, traten zwei Männer und beobachteten die Ankunft des Schiffes. Der eine hatte ein Schwert umgelegt und sah den norwegischen Kriegern argwöhnisch entgegen. Er war zweifellos einer der Bewacher des großen, gutgebauten Knorrs.
    Folke, der sich erhob, um ins seichte Wasser zu springen, war der Bewaffnete fremd, aber den anderen erkannte er sofort:
    Högni war also bereits angekommen. Angewidert verzog er das Gesicht. Dem Kaufmann wäre er gern noch einige Tage aus dem Weg gegangen. Zu seiner Verwunderung rührte sich Hjalti, der Högni zwischen sämtlichen Inseln des Nordmeers suchen wollte, nicht. Da wurde ihm klar, daß sein Schiffsführer Högni gar nicht kannte. Folke schlängelte sich zu Hjalti durch und zeigte ihm unauffällig den Kaufmann. Hjalti nickte erfreut, sprang über die Schilde und lief so schnurstracks das Ufer hinauf, daß der Bewaffnete seine Hand auf den Schwertgriff legte.
    Die Norweger folgten ihrem Schiffsführer gemächlich und zerstreuten sich über das Ufer. Folke blieb bei Hrolf, der als Wachführer an Land dafür verantwortlich war, wo das Zelt aufgebaut wurde. Während sie den Platz neben Högnis Zelt auf Tauglichkeit musterten, stand Högnis Mann immer noch vor dem Zelteingang und beobachtete sie. Sein abweisendes Gesicht zeigte deutlich, was er von ihnen hielt. Viel Platz für große Zelte gab es nicht. Denn hinter der Erhöhung, auf der sie standen, fiel der Boden wieder ab; Sumpfgras sproß zwischen anderen Strandgräsern. »Wir müssen hier aufbauen«, sagte Hrolf und winkte Aslak zu, der an Bord geblieben war. »Du könntest Holz für das Feuer sammeln«, meinte er zu Folke.
    Die Gegend zu erkunden würde Folke mehr Spaß machen, als die schwere Zeltplane zu schleppen. Er machte sich willig auf den Weg.
    Er brauchte gar nicht lange zu suchen. Dicht unterhalb der Wehranlage befand sich im Rücken des Dorfes ein Wäldchen, nah genug für Holzsammler, aber weit genug von der Burg, um nicht als Schutzschild für Angreifer dienen zu können, wahrscheinlich von den Dörflern ohnehin als Vorratskammer von Feuerholz genutzt.
    Unterdessen begann im Zelt des Kaufmanns Högni eine wichtige Unterredung, deren Vertraulichkeit der wachsame Eystein am Zelteingang gewährleistete. Högni dagegen wirkte wie immer ein wenig schläfrig. Die blauen Augen waren zwischen Wohlstandsfalten

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