Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
schwierig an den Mann zu bringen, weil die Konkurrenz klein ist. Hjalti hätte es einfacher gehabt, wenn er nur zwanzig Sklaven geboten hätte.
    Hjalti verbarg seine Wut. Am liebsten hätte er sich einen anderen Kaufmann gesucht, der die Nase nicht so hoch in den Wind steckte. Aber es gab keinen anderen. Soviel wußten auch er und Geirmund, daß es nicht einfach ist, hundert Sklaven auf einmal zu verkaufen.
    »Ich will ihn sehen«, verlangte Högni plötzlich.
    Immer noch zornig, erhob Hjalti sich schweigend und verließ das Zelt.
    Draußen waren Hrolf und Aslak an der Arbeit, Alf lümmelte vor Högnis Zelt herum. Die beiden hatten Steine und Äste beiseite geräumt und ein wenig Muschelsand aufgeschüttet, wo es notwendig schien. Die Zeltpfosten waren in die Erde eingegraben worden, und die Firststange lag bereits an ihrem Platz. Hjalti hielt sich nicht damit auf, ihnen zuzusehen oder sie zu ermuntern. Sie wußten, was sie zu tun hatten. Und er auch.
    Mit festen Schritten ging er den kurzen Weg zum Wasser hinunter.
    »Hat auch dir der Fenriswolf die Hand abgebissen, daß du nicht zugreifst?« brüllte Aslak oben, und Hjalti drehte sich um.
    Er konnte sich denken, was los war. Zwischen Aslak und Alf gab es öfter Streit. Gegenwärtig sah Alf seelenruhig zu, wie Aslak die schwere Plane vom First über die Schultern rollte. Er rupfte einen Grashalm aus dem Boden und zerkaute ihn gemächlich, während unter der fallenden Leinwand Aslak fast zu Boden ging.
    »Alf!« rief Hjalti erbost. »Von dir hatte ich Besseres erwartet! Wenn dir heute nacht an einem Platz im Schutz vor der Frostfinsternis gelegen ist, dann pack zu!«
    Während Alf sich ohne Eile erhob, rief Aslak unter der Zeltbahn: »Du glaubst doch nicht, Hjalti, daß du mir bei diesem jämmerlichen Jungkerl beistehen mußt! Wenn er auch ein Verwandter des Königs ist!«
    Nun war er richtig böse geworden, und Hjalti zuckte die Schultern und wandte sich wieder dem Schiff zu. Als er sich über die Bordwand ins Schiff schwang, entdeckte er, daß außer dem Sklaven auch noch Sven Falschtakt an Bord war. Beide hockten auf den Deckplanken und überboten einander an Unfrieden und Mürre in den Gesichtern. Hjalti konnte dem Sklaven das Recht dazu nicht abstreiten, wohl aber Sven. »Geh hinauf und verdien dir dein Essen«, knurrte er. Hjalti hatte schon lange bereut, ihn an Bord aufgenommen zu haben. Svens Sippschaft hatte geschworen, daß er ein anstelliger Mann sei und schnell rudern lernen würde. Da die Männer mit ihm gegessen hatten, war er in die Gemeinschaft aufgenommen. Nun mußten sie mit ihm leben, bis er sie aus freien Stücken verließ.
    Gleichgültig zerrte Hjalti am Strick, mit dem der Sklave am Mastfuß angebunden war, und riß ihn auf die Füße. Wertizlaw schleuderte ihm einen wilden Blick zu und unterdrückte mit Mühe ein schmerzhaftes Stöhnen.
    Die kantigen Bewegungen, mit denen er über die Bordkante kletterte, bewiesen deutlicher noch als die Wunde an der Schulter, daß er beim Kampf schwer angeschlagen worden war. Folke, der gerade mit einem Armvoll dicker Knüppel aus dem Wald zurückkam, staunte dem Sklaven hinterher, der zwei Köpfe kleiner war als er selber, aber kräftig wie ein Riese wirkte. Die frische dunkle Feuchtigkeit neben dem Riß im Wams war das letzte, das Folke in die Augen fiel, bevor Wertizlaw in Högnis Zelt hineinstolperte. Högni saß noch wie vorher.
    Als Hjalti den Sklaven ins Zelt zerrte, brach er in ein schallendes Gelächter aus. »Einen solchen Mann bringst du mir als Sklaven?« höhnte er. »Einen Zwerg, der vielleicht gestern noch mit den Riesen in einer finsteren Höhle im Berg Gemeinschaft hatte? Einen, bei dem man nicht weiß, welches Unglück er seinem Herrn schmiedet?«
    Hjalti, dessen Laune durch den Unfrieden auf seinem Schiff nicht die beste war, geriet bei der abfälligen Rede in Weißglut. »Dieser Mann ist stark wie ein Bär und dumm wie ein Ochse«, schrie er. »Glaubst du im Ernst, ich hätte ihn einfangen können, wenn er ein tückischer Zwerg wäre?«
    Plötzlich schmunzelte Högni. »Nein, das hättest du wohl kaum gekonnt«, sagte er versöhnlich. »Und wenn deine Sklaven alle so kräftig sind wie dieser, will ich sie nehmen. Lieber wäre mir allerdings, die Frauen wären stark und die Männer weniger wehrhaft.«
    Hjalti grollte immer noch, aber er hielt sich im Zaum. Schließlich galt er als einer der besonnensten Männer von Geirmund, und deshalb war er auch mit der schwierigen Aufgabe betreut worden,

Weitere Kostenlose Bücher