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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Alf.
    Aslak wartete gekrümmt und mit hängenden Armen auf den Angriff. Alf war stehengeblieben. Ein wütender Mann, der nackt um sein Messer rennt, kann leicht lächerlich aussehen, und das war eins der Dinge, vor denen Alf Angst hatte. »Wir können hierbleiben«, sagte Hjalti und blähte die Nüstern wie ein aufmerksames Tier, das Gefahr wittert. »Hier ist es so gut wie anderswo. Ansiedlungen scheinen nicht in der Nähe zu sein. Aber wir werden natürlich Wache halten.« Mit den anderen Männern war auch Folke zurückgekehrt. Von Hjaltis Sorge hörte er zum ersten Mal. Er zeigte auf den Bergkamm, der sich im Süden rund um eine weite Bucht erhob. »Hier sind keine Dörfer. Dahinten gibt es einige Häuser, die zu Visby gehören, allerdings nennen sie den Weiler Söby, und unterhalb von ihnen liegt eine Anlegestelle. Die Fischer haben die Nordseite von Erri lieber, sie ist ruhiger bei schlechtem Wetter.«
    Die Männer schüttelten ungläubig die Köpfe. Waren sie einen halben Tag unterwegs gewesen - nur um abends wieder fast in Visby zu landen?
    »Nun gut«, sagte Hjalti hochmütig, »wer immer es ist, wir haben keinen Grund zur Furcht. Sie werden uns nicht ausplündern. Auch wenn euer Feuer noch bis Haithabu leuchtet.«
    Ihr Schiff und sie selber besaßen nun einen anderen Rechtsstand als noch vor zwei Stunden: Sie waren Schiffbrüchige und nicht mehr ein Kriegsschiff des Königs Geirmund auf der Heimfahrt. Es gab genug Küstenanwohner in der Ostsee, die auf einen Teil des Schiffes und seine Ladung in solchen Fällen energisch ihr Recht geltend machen würden. Aber Folke konnte das von den Einwohnern des kleinen Handelsstützpunktes kaum glauben. Die Erri-Bewohner galten im allgemeinen als friedfertig.
    »Auf jeden Fall«, sagte Hjalti und sah beziehungsvoll von Aslak zu Alf und streifte auch kurz Folke, »sind im Moment alle Zwistigkeiten ausgesetzt, bis wir sicher zu Hause sind. In König Geirmunds Namen befehle ich euch, untereinander Frieden zu bewahren! Alf vor allem.«
    Die Männer grinsten gezwungen und fingen wieder an zu schwatzen. Das, was Hjalti wie eine Nebensächlichkeit ausgesprochen hatte, war wie ein zusätzlicher feierlicher Treueeid gewesen. Sie waren jetzt einander wie auf einem Kriegszug wie leibliche Brüder verpflichtet. Kämpfe mußten so lange ausgesetzt werden, wie das Versprechen galt. Aslak nickte und entspannte sich. Er suchte mit keinem Streit, aber Alf schien es geradezu darauf anzulegen. »Waffenlos wird Aslak ohnehin nie jemand antreffen«, bekräftigte Hrolf und sah sich unter den jungen Männern um, die offen oder heimlich auf Alfs Seite standen. »Weder ein Wolf noch ein Feind. Noch ein saftiger Braten«, fügte er hinzu, um die versteckte Drohung abzumildern. Das stimmte. An Aslaks Hüfte stießen sich am Messergurt das Salzdöschen und der Dolch und klimperten leise. Nach Lappenart legte Aslak beides noch nicht einmal als nackter Mann ab.
    Alf knirschte verstohlen mit den Zähnen. Er hatte zwar mit seinem Verwandten gedroht, dem das Schiff gehörte - aber sein Verwandter war nicht hier, und Aslaks Ansehen war größer. Er schlug Ulf, der an Land öfter mit ihm zusammen war, kameradschaftlich auf die Schulter und zog ihn beiseite. »Wenn ich wüßte, wer Grund zur Rache an meinem Verwandten Geirmund hat! Der müßte sich wegen Zauberei verteidigen. Daß wir hier liegen, geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Glaubst du mir?« fragte er unbekümmert laut.
    Ulf hatte daran noch nicht gedacht, aber er ließ sich schnell überzeugen und nickte.
    »Dir sollte man den Mund vernähen wie Loki mit dem bösen Mundwerk«, schnaubte Aslak und begann den Ballen einer Zeltbahn auseinanderzufalten.
    Folke half ihm, die gerettete Leinwand über den Strand zu zerren und die schweren nassen Lagen glatt auf dem Boden auszubreiten. Aus dem Augenwinkel sah er Alf mit Ulf davonziehen und atmete erleichtert auf. Aber irgendwann würde es zum Kampf zwischen Aslak und Alf kommen müssen. »Wie lange, glaubst du, wird das Boot halten, bevor es auseinanderbricht?« fragte Aslak nachdenklich. »Wenn der Wind so bleibt, wie er jetzt ist«, antwortete Folke spontan, »wochenlang.«
    »Aber er wird nicht so bleiben.«
    Folke nickte. Genau das war der Punkt. Niemand konnte voraussagen, wie lange es dauern würde.
    »Ich werde morgen versuchen, ein, zwei Wasserfässer zu holen«, beschloß Aslak. »Und noch ein paar andere Dinge.«
    Folke nickte. Er würde mitgehen und Aslak helfen. Es gab noch etwas, was er

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