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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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erledigen mußte. Er hatte einen Verdacht.
    Die Nacht war so scheußlich, daß Folke am nächsten Morgen froh war, die Sonne über dem Meer aufgehen zu sehen. Das Feuer, das die Wache die ganze Nacht unterhalten hatte, hatte die Feuchtigkeit nicht aus dem Zelt treiben können, und es war so gemütlich gewesen wie in Aasas Eiskeller auf dem Bärenhof. Auch er hatte eine Stunde Wache geschoben. Es war ruhig geblieben. Wahrscheinlich waren die Einwohner von Söby selber froh gewesen, daß man sie in Ruhe gelassen hatte. Noch mußten sie nicht hungern. Das Faß mit geräuchertem Fleisch würde noch einige Tage ausreichen. Die Männer bissen schweigsam und mürrisch in die Fleischbrocken, die als Morgenmahl herhalten mußten. Folkes Stimmung war um kein Haar besser, als er sich zu ihnen setzte. Ihn machte auch der Gedanke nicht munterer, daß Hjalti wahrscheinlich vorhatte, nach Visby zurückzugehen. Es würde Ärger geben. Es gab auch jetzt schon Ärger.
    Aber Folke wunderte sich, wie einig sich die Männer waren.
    Alf, der sich anscheinend zum Anführer der Unzufriedenen machen wollte, fing wie auf Absprache an. »Mein Verwandter wird nicht erfreut sein, wenn wir ohne sein Schiff ankommen«, sagte er mit einer Stimme, die für einen erwachsenen Mann noch nicht dunkel genug und durch die Aufregung noch heller war. Deswegen horchten auch alle sofort auf. Hjalti nagte lustlos weiter am lauwarmen Fleisch. »Was meinst du?« fragte er ahnungslos.
    »Geirmund wird sich fragen, ob er das Schiff nicht dem Falschen gegeben hat.«
    Hjalti hörte auf zu kauen. Aus verschiedenen Gründen hatte er sich um ein gutes Verhältnis mit Alf bemüht und zog vor, es auch zu behalten. Friedfertig fragte er: »So glaubst du heute nicht mehr an Zauberei?«
    »Es gibt auch andere Möglichkeiten«, antwortete Alf ausweichend. »Es könnte auch an dir selber liegen. Du hast ja bereits nachgewiesen, daß du mit Njörd nicht auf bestem Fuß stehst.«
    Hjalti brach in ein gezwungenes Gelächter aus. »Und du meinst natürlich, du wärst der Bessere gewesen?«
    »Ich wäre jedenfalls nicht bei der Nordspitze der Slawen aufgelaufen«, protzte Alf. »Das hätte ja schon das jüngste Kebsenkind des Königs gewußt, daß wir da nicht ohne Schlag vorbeikommen.«
    »Hätte es auch vorhersagen können, daß der Wind abflaut?« fragte Hjalti, aber seine Verteidigung war nicht so gut, wie sie hätte sein müssen, und jeder merkte es. Hjalti hätte den Mund halten sollen, dachte Folke. Jeder wußte schließlich, daß Alf ständig auf Streit aus war, allerdings bisher nicht mit dem Schiffsführer. »Mit abflauendem Wind muß man immer rechnen«, sagte Alf überlegen. »Aber du sprengst ja immer durch das Wasser wie Thor mit seinen Böcken durch die Luft! Wir hatten Glück bisher. Bis heute! Und da du glaubst, mir Ratschläge erteilen zu können, denke ich, ich sollte sie dir hin und wieder mit Dank zurückerstatten.«
    »Gut gesprochen«, sagte Bolli.
    Hjalti preßte das Fleisch in der Hand, daß der Pökelsaft herausfloß. Von Alf hatte er keinen Pfeilschuß aus dem Hinterhalt erwartet. Aber er hatte selbst schuld: er hatte Alf getadelt, und daß es Alf an jeder Großzügigkeit fehlte, wußte er seit langem.
    Die Männer hatten schweigend zugehört, aber Folke fühlte, wie der Hohn zu wirken begann, vor allem, weil Hjalti sich nicht verteidigte. Wer würde zum Schiffsführer stehen? Nach dem, was er selber auf der Schlei erlebt hatte, war der Vorwurf von Alf nicht aus der Luft gegriffen.
    Schließlich sprach Aslak. »Ich gebe dir in der Sache recht, Alf«, sagte er zum Erstaunen aller. »Hrolf meint, wir hätten uns eine Naht aufgerissen, und das kann, wie ich glaube, nur vom Auflaufen kommen.«
    Alf grinste siegesgewiß. Daß er sogar von seinem Feind Hilfe bekam.
    Hjalti sprang auf, ohne sich um Alf zu kümmern. »Glaubst du das wirklich, Hrolf? Bei Thors Hammer Mjölnir, ich hätte nicht gedacht, daß du mir so in den Rücken fallen könntest!« Folke hatte den Schiffsführer noch nie einen Gott anrufen hören, im Gegensatz zu Aslak, der sie alle auf der Zunge trug, und daran merkte er, wie aufgewühlt Hjalti war. »Dein Vater und mein Vater, die Blutsbrüder waren!« beschwor Hjalti seinen Wachführer.
    Hrolf bohrte mit einem Stock im Sand und sah nicht auf. Er machte ein unglückliches Gesicht. Aslak reagierte schnell. Er fuhr fort, als ob Hjalti ihn nur unterbrochen hätte: »Aber du, Alf, solltest erst lernen, Gänse zu hüten, bevor du Wölfe

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