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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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wieder hinunter. Er fand nichts. Nirgends waren die Planken getrennt, nirgends auch nur ein winziges Anzeichen davon, daß irgendwo Wasser hereingesprudelt war. Dann wechselte er hinüber auf Svens Seite. Auch hier war das Schiff so dicht, wie es die Bootsbauwerkstatt einst verlassen hatte. Folke machte sich sogar die Mühe, einzelne Ballaststeine zu verlagern, um die Ritzen am Bootsboden zu prüfen. Endlich gab er auf. Er war zufrieden. Er hatte es nicht anders erwartet.
    Dann begann er von neuem und prüfte nun die Planken selber, nicht ihre Stöße. Sie waren glatt gehobelt und ebenmäßig. Auch hier entdeckte er nichts, aber damit war er keineswegs zufrieden. Da mußte etwas sein! In der Zwischenzeit hatte Aslak die Fässer gefunden und das erste hochgehievt. Zu seiner Freude war es dicht wie eine
    Haselnuß am Strauch. Er band versuchsweise einige Planken, die im Inneren des Bootskörpers umherdümpelten, zu einem Floß zusammen. Es war nicht groß, aber zwei oder drei Fässer würde es tragen können. Zufrieden band Aslak es am Mast an und tauchte nach dem nächsten Faß. Als er hochkam, war auch Folke zufällig über Wasser zu sehen. »Was suchst du eigentlich?« fragte Aslak. »Ach«, murmelte Folke und suchte fieberhaft nach einer vernünftigen Erklärung. »Nach Werkzeugen. Mir sind einige verlorengegangen.«
    Aslak strich spöttisch grinsend das Haar von seinen Augen. »Auf Svens Seite auch?« Dann verschwand er wieder, und auch Folke tauchte ab.
    Als Aslak wieder einmal hochkam, um auf der Bordkante eine Weile zu verschnaufen, saß Folke bereits dort. Er hielt seinen Zeigefinger in die Höhe und betrachtete ihn nachdenklich. Von diesem Durchmesser waren die Löcher, die jemand in den Rumpf des »Grauen Wolfs« gebohrt hatte, um ihn zum Sinken zu bringen. Wie viele hatte er wohl mit Folkes Löffelbohrer machen müssen?

 
Rache

     

 
8
Die Wolfsmaske
     
    Als Aslak und Folke mit den Wasserfässern auf der Schulter bei den anderen ankamen, hatte sich deren Stimmung merklich geändert. Mit dem Instinkt des Tundrajägers witterte Aslak es noch vor Folke und fragte sofort: »Was ist los?« Er übersah absichtlich das zufriedene Grinsen von Alf und wartete auf die Antwort, die von Hjalti kommen mußte.
    Folke lief ein warnendes Kribbeln über die Haut, als er mit gespitzten Ohren sein Faß langsam auf den Sand gleiten ließ und sich umsah. Die Männer hatten die vom »Grauen Wolf« geretteten Gegenstände auf einen Haufen gestapelt und waren vollständig bekleidet und bewaffnet. Hjalti ließ sich Zeit mit der Antwort. Er saß auf einem Stein und schob mit der Speerspitze seinen Schild durch den Sand. Wollte er Aslak wissen lassen, daß sein Wort nicht mehr viel galt? Folke sah verstohlen vom Schiffsführer zum Wachführer. Aslak hatte die Arme in die Seiten gestemmt und wartete nackt und naß; die Ruhe selbst, schien er von seinem Schiffsführer Rechenschaft zu fordern, die ihm nicht zustand. »Wir werden uns in Visby holen, was wir für die Weiterfahrt brauchen«, antwortete Hjalti knapp. »Ein Schiff und alles, was dazugehört.«
    Aslak sagte nichts. Er nickte nur und trocknete sich mit seinem Wams ab, das er von einem der Holunderbüsche herunterholte. Während er es überzog, klimperten die kleinen Amulette aus Bronze und Leder leise, die auf dem Wams angenäht waren.
    Folke atmete tief ein. Jetzt würde geschehen, woran er sich nicht beteiligen wollte. Aber er war nun ein Mitglied der Mannschaft und hatte keine andere Wahl. Vielleicht konnte er sich wenigstens im Hintergrund halten.
    »Du führst uns, Folke«, befahl Hjalti. Wenige Minuten später zogen sie los. Zwei ältere, nur noch beim Rudern zähe Männer aus Hjaltis weitläufiger Verwandtschaft wurden zur Bewachung ihrer Sachen zurückgelassen. Sie würden später mit dem Schiff Männer und Sachen holen. Folke führte die Männer am Ufer entlang. Auf dem Oberland stand wegeloser Wald, und auch die Abhänge waren hier, am Nordende der Insel, noch nicht unter den Pflug genommen worden: dichtes Buschwerk, unterbrochen von zahlreichen Bächen, machte sie unpassierbar.
    Der Strand war steinig, veralgt und buchtenreich und das Laufen unangenehm. Aslak schob sich neben den Schiffsführer, wo zwischen herabhängenden Büschen und umgekippten Bäumen ein wenig Sand hochgeschwemmt worden war und ein kurzes Stück gut begehbaren nassen Strand geschaffen hatte. »Was das Schiff und das Dorf angeht...«, begann er vorsichtig und raunte Hjalti über den Schild

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