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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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befehligen willst! Und einstweilen sollte Geirmund deine Gänseherde hübsch klein halten. Für anderes taugst du noch nicht. Und im Gegensatz zu Hjalti glaube ich auch, daß du nie zu etwas taugen wirst.«
    Alf wurde bleich. Diese Beleidigung war schlimmer als aller bisherige Ärger mit Aslak, so groß, daß sie nicht gleich beantwortet werden konnte. Möglicherweise war ja auch sein Verwandter, der König, betroffen. Er mußte erst darüber nachdenken. »Du wirst noch von mir hören«, stammelte er nach einer Weile.
    Aslak, der ihn regungslos beobachtet hatte, nickte. Ihre Abrechnung würde so oder so kommen. Aber noch brauchte er sich darauf nicht einzurichten. Noch war es zu früh. Folke fühlte sich in seiner Haut ebenso unbehaglich wie alle anderen, und das kam nicht vom trocknenden Salz. Er war erleichtert, daß wenigstens Hjalti und Hrolf ihre Sache nicht vor aller Augen austragen wollten, obwohl er letzten Endes gar nicht wußte, ob es da überhaupt etwas auszutragen gab. Er hatte den dankbaren Blick Hrolfs an Aslak aufgefangen. Oh, wie hatte er sich geirrt, als er die Männer anfangs um ihre Harmonie beneidet hatte. Das Zusammenleben auf einem Schiff war schwieriger, als er gedacht hatte. Das weitere Mahl verlief schweigend. Als Folke das Fleisch gegessen und ein wenig heiße Brühe getrunken hatte, fühlte er sich trotz allem aufgewärmt und gestärkt.
    Fast bereute Folke seine Zusage vom Vorabend, als Aslak aufsprang und ihn auffordernd ansah. Aber es half ihm nichts, Aslak blieb unerbittlich, und er mußte seine Kleidung ablegen, die ihn schon ein wenig wärmte, obwohl sie noch feucht war. Und dann watete er hinter Aslak her ins seichte Wasser, der stur vorausstapfte und vielleicht genausowenig Lust wie Folke hatte und nur wegwollte. Einige mühsame Scherze begleiteten sie, und sie wußten, daß die Männer ihnen nachsahen. Für einen Moment war hinter ihnen Friede eingekehrt.
    Der Wind hatte im Laufe der Nacht abgenommen. Das Wasser war wieder zurückgeflutet, und das Schiff lag tiefer im Wasser als am Vortag, wie sie schon von weitem sehen konnten.
    »Die Lappen sind kurzbeiniger als die Norweger, und ihre Herzen sind näher an der Erde. Deshalb wohl ist mir Freyr lieber als Thor«, sagte Aslak und warf sich schwimmend in die Wellen.
    Folke, der die Kuhle noch zu Fuß durchqueren konnte, stapfte hinterher. Nach einer Weile, als auch Aslak wieder Fuß gefaßt hatte, fragte er: »Wolltest du damit etwas Bestimmtes sagen?«
    Aslak lächelte ein wenig bitter. »Ich will immer etwas Bestimmtes sagen.«
    Folke traute sich nun nicht mehr weiterzufragen. Er konnte sich denken, daß Hjalti und Hrolf eher dem Donnergott als dem Gott der Fruchtbarkeit huldigten, und vielleicht hatte Aslak damit sagen wollen, daß er von anderer Art war als die beiden. Hinter Aslaks Stirn steckte manches, das Folke neugierig machte. Aber noch war die Zeit, mit Aslak zu reden, nicht gekommen. Auch Aslak wußte das. Er blieb schweigsam, bis sie das Schiff erreicht hatten.
    Der »Graue Wolf« schwojte ein wenig. Folke fühlte die wiegenden Bewegungen, während er auf der Bordkante hockte und in den Bootsrumpf hineinblickte, in dem Spieren, Tauwerk, Belegnägel und noch allerlei Gebrauchsgegenstände der Mannschaft herumschwammen. Noch war das Schiff in gutem Zustand. Das Gefüge war noch so, wie es sich für ein Schiff gehört. Aber Folke wußte, wie schnell die See ein Schiff auseinanderschlagen kann. Er war froh, daß Aslak ihm den Vorwand geliefert hatte mitzukommen. Er wollte gern eine Sache klären, die ihm wichtig war, aber er wollte sich nicht dem Gelächter der anderen aussetzen.
    Sie tasteten mit den Füßen nach den Ruderbänken, auf denen sie nun bis über die Knie im Wasser standen. »Ich muß an meinem Sitzplatz nach etwas suchen«, murmelte Folke und lief über die kaum erkennbaren Ruderbänke nach vorne.
    Aslak nickte gleichgültig, während er überlegte, wie er am besten an die Fässer herankäme. Die Fässer waren vor und hinter dem Mast verstaut und würden möglicherweise nicht mehr brauchbar sein. Er hatte mit Hrolf gewettet, daß das Wasser mindestens genießbar wäre. Aber seine Ehre hing davon nicht ab.
    Zwischen der zweiten und der dritten Ruderbank ließ Folke sich ins Wasser gleiten und tauchte zähneklappernd. Den Kopf tief unter Wasser, ließ er seine Fingerspitzen hastig den treppenförmigen Absätzen zwischen den einzelnen Planken folgen. Mehrmals tauchte er auf, um schnaufend Luft zu holen und ging

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