Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Vielleicht, wenn ihnen noch so viel Zeit des eigenen Willens bleibt. Und mein Diener hat ebenfalls versagt, denn ich hatte ihm befohlen, die Figur in Sicherheit zu bringen, und das ist ihm nicht gelungen.«
Wie hätte er gegen Astorins mächtige Magie bestehen sollen!, verteidigte Tonya den Wolf, der ihr dankbar die Hand leckte.
»Das ist nicht entscheidend. Es zählt nur, wer am Ende der Sieger ist.« Graf von Draka befreite Tonya vom Druck des letzten Balkens, der auf ihrer Brust lastete. Er beugte sich herab, hob sie wie ein Kind auf seine Arme und trug sie in den Hof hinaus. Der Wolf brachte ein Kissen, das er in den Trümmern aufgetrieben hatte. Sacht ließ der Vampir Tonya auf das Polster nieder und lehnte sie an eine steinerne Säule am Eingang. Dann setzte er sich neben sie, und sie betrachteten gemeinsam die Mondsichel, die sich über einem Berggipfel erhob und ihren Weg über das nächtliche Firmament antrat. Geistesabwesend tätschelte der Vampir das Nackenfell des Wolfes.
Werdet Ihr und Euer Diener Euch von dieser Nacht wieder erholen?
Der Vampir lachte leise. »Du bist ein merkwürdiger Mensch. Ja, im Gegensatz zu dir werden wir uns erholen. Ich werde schon morgen Nacht nur noch Erinnerungen an das Inferno in mir tragen, bei meinem Freund hier wird es länger dauern. Ob allerdings meine Burg sich je von dieser Nacht erholen wird, ist fraglich.«
Und ich? Ich werde bald sterben, wie die Mutter Oberin es mir prophezeit hat. Der Vampir widersprach ihr nicht. Eine Weile schwiegen sie.
»Ich würde dich zu meiner Gefährtin machen, wenn ich deinen Schutz durchbrechen könnte«, sagte der Graf nach einer Weile. »Aber ich kann nicht einmal dein Sterben beschleunigen.«
Alles in dieser Welt kann Segen und Fluch sein.
Sie dachte darüber nach, ob sie nun erleichtert oder traurig darüber war, dass sich ihr dieser Ausweg nicht bot.
Könnt Ihr mir das Amulett holen, das ich bei meinem Sturz verloren habe?
Der Graf sah sie überrascht an. »Wozu? Du willst es doch nicht wieder umlegen, nachdem das Glück dich von diesem Bann befreit hat?«
Es gehört zu mir. Mutter Morad hat mir das Zeichen meines Dämonen gegeben, dem ich über den Tod hinaus geweiht bin. Ich bin für ihn verloren, wenn ich es im Augenblick des Todes nicht trage.
»Und darüber solltest du froh sein!«, sagte der Vampir ärgerlich. »Willst du unbedingt für ewig Sklavin eines Dämons sein, nur um die Macht von Mutter Morad zu stärken? Denn das ist allein der Sinn des Ganzen. Sie kann sich der Unterstützung der Unterwelt nur sicher sein, solange sie den dunklen Dienern von Zeit zu Zeit frische Seelen zuführt. Dafür holt sie sich Novizinnen in ihr Kloster – am liebsten natürlich solche, die ihr schon zu Lebzeiten nützlich sein können, so wie du. Doch noch wertvoller seid ihr im Tod!« Er erhob sich und ging davon. Zuerst dachte sie, er würde ihr das Amulett bringen, doch er kehrte mit einem Becher Wasser zurück und hielt es ihr an die Lippen. Tonya versuchte zu schlucken, aber Mund und Rachen waren zu verbrannt. Der Vampir gab das Wasser seinem Wolf, der es gierig hinunterstürzte.
»Vielleicht ist es besser, wenn wir dein Leiden nicht verlängern«, sagte der Vampir und setzte sich wieder neben sie. So saßen sie schweigend im Hof, bis sich im Osten der Himmel zu röten begann. Graf von Draka erhob sich, verneigte sich tief und küsste Tonya die Hand.
»Es wird Zeit für mich. Ich denke, wir werden uns nicht wiedersehen.«
Ihr Blick folgte dem hoch gewachsenen Vampir, der durch die Trümmer der Burg schritt. An der Treppe, die in seine Gruft hinabführte, blieb er stehen und wandte sich noch einmal um. Dann verschwand er, um sich in seinem Sarg von seinen Verletzungen zu erholen.
Der Wolf blieb bei Tonya und legte seine Schnauze in ihren Schoß. So verbrachten sie den Tag. Sie sahen die Sonne hinter den Bergen aufgehen und über den Himmel ziehen. Als sie sich bereits wieder rötete und sich den Waldspitzen auf der anderen Seite näherte, starb Tonya, das Gesicht im weißen Pelz des Wolfs vergraben.
*
Astorin stand am Rand eines vor seinen Füßen lotrecht abfallenden Felsens und sah die Sonne auf der anderen Seite der Schlucht aufgehen. Ihm war, als würden ihre Strahlen seinen Triumph feiern. Bis zuletzt hatte er gefürchtet, der Vampir hätte noch genug Kräfte in sich, um die Verfolgung aufzunehmen. Mit dem Wolf war er fertig geworden. Es hatte ihn zwar viel Energie gekostet und etliche Lähmungsund Schocksprüche,
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