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Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Titel: Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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bis er seinen Lauf bremsen und ihm die Figur hatte abjagen können, doch er wusste wohl, dass der Graf ein gefährlicher Gegner war, vor allem, wenn Tonya zu weit weg war, um seine Vampirkräfte zu schwächen. Nun ging die Sonne auf, und die Jagd war für den Grafen zu Ende. Selbst wenn es ihm gelungen sein sollte, Astorins Fährte bis hierher zu folgen, würde er sich nun bis zur Dunkelheit in einem finsteren Erdloch verbergen müssen. Das gab Astorin genug Zeit, um sich und die Figur endgültig vor dem Grafen in Sicherheit zu bringen.
    Die ersten Sonnenstrahlen waren rot und noch ohne Kraft gewesen, doch nun waren sie über Orange zu einem blendendem Gelb übergegangen und wärmten seinen vom Nachtwind ausgekühlten Körper. Das Fell des Rappen begann zu dampfen. Astorin griff in seinen Umhang und holte die Figur heraus. Da saß der schwarze Drache auf seiner Hand und sah ihn aus winzigen Smaragdaugen an. Der Ausdruck in seinem Gesicht war böse und voller Hinterlist, wie der seiner lebenden Artgenossen, und die Hornstacheln auf seinem Rücken waren so spitz, dass man sich leicht an ihnen verletzen konnte. Im Gegensatz zu echten Drachen konnte die Figur allerdings keine heiße Säure verspritzen -das hoffte der Magier zumindest. Sorgsam wickelte er die Figur in ein weiches Ledertuch und schob sie wieder in die Tasche. Dann schwang er sich in den Sattel. Er musste dem Rappen nicht die Fersen in die Flanken schlagen, um ihn anzutreiben. Sobald er seine Stiefel in die Steigbügel schob und die Zügel aufnahm, stob der untote Hengst den abschüssigen Pfad hinunter, der sie zum Fuß der Schlucht brachte, und mit unvermindertem Tempo auf der anderen Seite wieder hinauf. Stunde um Stunde rasten sie dahin, dass die Landschaft zu grünen und braunen Tupfen verwischte. Das Reittier konnte nicht ermüden, und Astorin war ebenfalls zäh. Zu viel Magie war schon durch seine Adern geflossen. Er stand an der Schwelle zu etwas, für das es noch keinen Namen gab. Er wusste, dass er mit der fünften Drachenfigur seinem Ziel ein großes Stück näher gekommen war und dass das namenlose Wesen bald allmächtig sein würde.
    *
    Cay saß am Küchentisch und hatte den Teller mit Brot, sauren Zwiebeln und Gurken nicht angerührt. Nicht einmal den Speck hatte er gegessen. Er saß nur da, den Kopf in beide Hände gestützt. Auch als er Rolanas Schritte hörte, sah er nicht auf. Sie öffnete die Tür und trat an den Tisch. Für einige Augenblicke herrschte Stille. Er fühlte, dass sie ihn ansah, doch er regte sich nicht. Erinnerungsfetzen an den vergangenen Abend und die Nacht huschten durch seinen Geist: sein Gespräch mit Rolana auf der Klippe oben, die Hafenkneipe und dann die Frau, die sich zu ihm gesetzt und ihn mit zu sich genommen hatte. Keines dieser Bilder in seinem Kopf behagte ihm, und er hätte sie am liebsten für immer aus seinem Gedächtnis getilgt. Fast wünschte er sich, die Angreifer, die ihn auf der Gasse überfallen hatten, hätten früher zugestochen und ihm mehr als nur ein paar Stunden Vergessen geschenkt. Das war ein dummer Gedanke, und doch konnte er ihn nicht verscheuchen, denn er war weniger schmerzlich als seine Erinnerungen und die Scham darüber, dass es Rolanas Kräfte gewesen waren, die ihn am Leben gehalten und seine Stichwunde geheilt hatten. Hätte sie es auch getan, wenn sie von seinem nächtlichen Abenteuer gewusst hätte? Aber ja! Sie war eine edelmütige Frau. Aber es wäre ihm lieber, wenn Rolana endlich gehen würde ! Seine Wangen brannten, als er den nackten Körper der Frau plötzlich wieder vor sich sah. Sie war so wundervoll gewesen, fordernd und voller Freude an der eigenen Empfindung. Er würde sich belügen, wenn er sich einredete, dass allein der Kummer und der Branntwein sein Blut in Wallung gebracht hatten. Und doch wäre das alles nicht geschehen, wenn Rolana ihn nicht von sich gewiesen hätte!
    »Cay? Hast du noch Schmerzen? Du hast ja gar nichts gegessen.«
    »Ich habe keinen Hunger«, brummte er, ohne aufzusehen.
    »Geht es dir so schlecht? Die Wunde hat sich völlig geschlossen.« Ihre Stimme klang nun noch besorgter. Cay versuchte, sich vorzustellen, wie ihr Tonfall umschlagen würde, wenn sie von Saranga erführe. Und davon, was er in dieser Nacht getan hatte. Würde sie zornig werden? Oder sich gekränkt zurückziehen? Dabei hatte sie weder das Recht auf das eine noch auf das andere. Sie hatte ihn zurückgewiesen und ihre Liebe beendet, bevor sie eine Chance bekommen hatte, sich zu

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