Das Drachentor
Abständen wiederholten. Es war eine Schrift. Eine zierliche, geheimnisvolle Schrift. Vielleicht, wenn er sich nur genug Zeit nahm, konnte er -
Jemand riss ihm das Schwert aus der Scheide. Die Klinge lag an seinem Hals, kalt und scharf, noch ehe er einen Laut von sich geben konnte. Er wagte nicht zu schlucken. Schwarze Haarsträhnen mit Holzperlen fielen ihm über die Schulter. Er spürte Atem an seinem Nacken, stoßweise und schwer.
»Tu … das nicht.« Seine Stimme kam ihm wie ein heiseres Krächzen vor.
»Ich soll es nicht tun, ja?«, zischte es an seinem Ohr. »Wieso nicht, großer Mensch? Du hast meine Klinge, ich die deine, so ist es gerecht - nur dass ich schneller war!«
»Ich habe dich gerettet. Vor den Drachenkriegern. Ich habe deine Wunde versorgt -«
»Schweig! Das ist es, was mich an den Menschen anwidert: dass sie so feige sind!« Ihr Satz endete in einem Keuchen, die Klinge an Revyns Hals schwankte kaum spürbar. Er nutzte ihre Schwäche. Blitzschnell ergriff er ihr Handgelenk und drehte es zur Seite. Sein Schwert landete mit einem dumpfen Platschen im Wasser. Die Elfe stieß einen Zorneslaut aus. Einen Augenblick später rollten sie durch das Gras, ein wildes Knäuel schlagender Fäuste, strampelnder Füße und verbissener Schreie.
Revyn sah nur noch wogende Gräser, flatterndes Haar und, einen Moment lang, Augen - Augen von einer Farbe, wie er sie noch nie erblickt hatte. Dann fiel er hart auf den Rücken, ein Knie schnürte ihm fast die Luft ab, und er fand sich in einer allzu bekannten Lage wieder. Die Elfe über ihm atmete schwer, aber sie hatte es geschafft. Ein raues Lachen erklang irgendwo hinter wilden Haarsträhnen. Dann stieß sie einen überraschten Schrei aus und fiel im hohen Bogen von Revyn herunter.
»Palagrin!« Der Drache war direkt über Revyn aufgetaucht und zog ihn energisch mit den Zähnen am Harnisch hoch. Schnaufend kam Revyn auf die Füße und fand die Elfe im Gras wieder. Sie rollte sich zur Seite und sprang sofort wieder hoch. Auf ihrem Gesicht breitete sich Verwirrung aus - doch sie blickte nicht Revyn an, sondern Palagrin, der sie mit den Hörnern weggestoßen hatte.
Palagrin stampfte mit den Krallen, ging einen Schritt vor und zurück, dann schob er sich halb vor Revyn, was seine Absicht unmissverständlich machte: Er würde ihn beschützen, egal vor wem.
Ungläubig starrte die Elfe ihn an. Schließlich schüttelte sie den Kopf, als wolle sie einen Gedanken loswerden, den sie nicht begriff, und ging einen Schritt zurück. Mehrere Sekunden vergingen, in denen die drei sich heftig atmend anschauten. Dann reckte das Elfenmädchen den Kopf. Es schien, als habe sie einen Entschluss gefasst - und der sah nicht nach einem neuen Kampf aus.
»Also«, sagte sie herrisch. Sie hatte einen leichten Akzent, kaum wahrnehmbar, der sie jede Silbe eine Spur weicher aussprechen ließ. »Wer bist du, Menschenjunge, dass ein Dar’hana dich seinen Bruder nennt?«
Revyn trat einen zögerlichen Schritt zur Seite, sodass Palagrin ihn nicht mehr ganz hinter sich verbarg. »Was?«
»Wer - bist - du?«
»Ich, ich heiße Revyn. Ich bin, ähm, ein Drachen-«
»Dein Name ist so seltsam wie all eure Namen und sagt mir nichts.« Stille. Die Elfe schluckte, ihre Lider flatterten vor Schwäche. Plötzlich machte sie einen Sprung zur Seite, griff ins Gras und hielt ihren Dolch wieder in der Hand. Ihr Arm zitterte, es war ihr rechter mit der Verletzung, und doch funkelte der Triumph in ihren Augen.
Revyn ballte die Fäuste. Mit einer Schnelligkeit, die ihrer in nichts nachstand, hechtete er in Richtung Weiher, die Hände ausgestreckt nach der Stelle, wo er sein Schwert vermutete … Sein Fuß verfing sich in einer Unterwasserpflanze, er stürzte und platschte mit einem überraschten Schrei ins Nass. Hastig richtete er sich wieder auf und sah sich um. Dunkle Wellen schwappten ihm gegen die Knie. Wo war nur das verdammte Schwert?
Am Ufer stand die Elfe und beobachtete ihn. Ganz langsam hob sich ihre Augenbraue. Revyn seufzte. »Ich hab dich vor den Drachenkriegern in Sicherheit gebracht!«
Sie senkte ihren Dolch nicht. »Wieso?«
Wenn er darauf eine Antwort wüsste! »Ich wollte mich unbedingt von dir abstechen lassen, weißt du!« Er watete aus dem Wasser, wobei er einen weiten Bogen um die Elfe machte. Plötzlich schien sie etwas zu begreifen. Ihre Züge wurden hart und sie trat einen Schritt zurück.
» Yoch nahsu Milor, der Menschenjunge hat sich in mich verliebt! Bleib mir bloß fern
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