Das Drachentor
geblieben. Wie hatte die Elfe es geschafft, die Drachen so schnell zu befreien?
»Palagrin!« Irgendwo polterten Klauen gegen Holz, ein Drachenruf kam von ganz nah. Revyn lief los und entdeckte Palagrin bald in einem verschlossenen Stall. Offenbar hatten die anderen Krieger ihn für einen ungezähmten Drachen gehalten und wieder eingesperrt.
»Komm«, sagte Revyn und lief Palagrin durch den Gang voran und die Treppen hinauf. Für Zaumzeug und einen Sattel hatten sie keine Zeit.
Auf dem Platz hob Palagrin Revyn auf seinen Rücken, und sie schlossen sich den übrigen Männern an, die sich auf die Suche machen wollten. Unter ihnen waren auch Twit und Capras.
Capras schien wie gerädert. Sein Gesicht war blass und verquollen, und Revyn hoffte inständig, dass der Wein ihn hatte vergessen lassen, was in der letzten Nacht geschehen war. Bei Twit war jede Hoffnung vergebens. Er hatte eine bleibende Erinnerung: Seine Wange direkt unter dem ohnehin schon blauen Auge war vom Schlag des Elfenmädchens grün angelaufen und sein eisiger Blick war unverwandt auf Revyn gerichtet.
»Was für ein Zufall«, zischte er. »Dein Drache ist also nicht gestohlen worden. War das vielleicht ein Abschiedsgeschenk von der Hexe?« Capras blickte zögernd zwischen ihm und Revyn hin und her.
»Was willst du damit sagen?«, fragte Revyn.
Twit ballte die Fäuste und trat einen Schritt näher. »Tu nicht so scheinheilig! Du weißt, was ich meine. Und ich weiß, was du getan hast.« Allerdings schien er niemandem davon erzählt zu haben, nicht einmal Capras, der sie weiter fragend beobachtete. Revyn wusste, dass er dieses Stillschweigen mit ihrer Freundschaft bezahlen würde.
Er sprang von Palagrins Rücken. Ihm wurde schwindelig vom Fieber, doch er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. »Ich habe nichts getan, wofür ich mich schämen müsste.«
Twits Augen funkelten. »Verräter!«
Plötzlich ging er auf Revyn los. Bevor Palagrin sich vor ihn stellen konnte, riss Capras Twit zurück. »Hör auf! Was ist denn mit dir los, verdammt?«
»Du bist ein Verräter.« Twit zeigte auf Revyn. Die ersten Umstehenden wurden auf sie aufmerksam. »Du bist schuld.« Capras sah Revyn dunkel an, doch er zerrte Twit weg. Revyn blieb wortlos stehen. Es war ihm egal. Im Moment kümmerte ihn Capras nicht und Twit noch weniger. Sollten sie doch denken, was sie wollten.
Schließlich ging es los. Die Drachenkrieger - viele von ihnen zu Pferd - ritten durch die Stadt und folgten dem Pfad der Zerstörung, den die Drachenherden in der letzten Nacht zurückgelassen hatten. Bei den Stadttoren arbeiteten unzählige Handwerker und Freiwillige am Wiederauf bau der gesplitterten Holzbalken und geborstenen Riegel. Es war dem Großteil der Drachen gelungen, Logond zu verlassen. Revyn wollte sich kaum vorstellen, wie der Ausbruch vor sich gegangen war. Sicher hatte so mancher Wächter im Chaos sein Leben gelassen.
Schweigsam ritten die Drachenkrieger aus der Stadt, über die Lichtung und in die Wälder hinein.
Kaum dass die Schatten der Bäume über sie glitten, legten die ersten Männer Pfeile auf ihre Bogensehnen oder umschlossen den Griff ihres Schwertes. Es hieß, die Wälder seien noch immer vom Elfenvolk beherrscht und im Dunkel der knorrigen Bäume besäßen sie ungeahnte Zauberkräfte …
Revyn sah sich in alle Richtungen um, aber der Wald zeigte sich verschlossen. Dichtes Unterholz, mächtige, von Efeu, Farn und Moos überwucherte Stämme und herabhängendes Geäst versperrten den Männern jede Sicht. Schließlich zogen sie ihre Schwerter und schlugen sich Wege durch das Gestrüpp. Dabei verursachten sie so viel Lärm, dass die Drachendiebin ihre Flüche und das Brechen der Äste schon von Weitem hören musste. So würden sie die Elfe nicht finden. Revyns Blick streifte durch das dichte Grün. Nichts, der Wald verbarg seine Geheimnisse.
Unauffällig bedeutete er Palagrin, stehen zu bleiben. Revyn wartete ab, bis alle Krieger ihn überholt hatten; dann lenkte er Palagrin vom Weg ab und hinein in die Dunkelheit des Waldes.
Bald verhallten die Geräusche der anderen in der Ferne. Revyn überließ Palagrin die Wahl ihres Weges. Nur vereinzelt drang ein Lichtstrahl durch das Geäst und unter verschlungenen Steineichen und Kiefern schien die Dämmerung ewige Herrschaft zu führen.
Irgendwann brachte ihr Weg sie zu einem Bach. Revyn hielt Palagrin an. Nur das Flüstern des Wassers war zu hören. Oder? War da nicht irgendwo ein Rascheln …
Er schwang sich
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