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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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Waffenkammern gesehen? Ich sag dir, damit mähst du die Kriegerscharen von Myrdhan nieder, und zwar so!« Er hackte mit der Hand durch die Luft. »Alle weggemäht, so … alle Krieger! Von Myrdhan und jedem anderen Königreich, das sich mit uns anlegt. Ich bin der beste Schwertkämpfer aus der dritten Klasse, weißt du. Und das heißt was.« Er grinste. »Und wenn meine Klinge kreist … wenn … wenn ich angreife, dann hat keiner eine Chance. Den zeigen wir’s, verflucht, den zeigen wir’s! Auf Logond, das verdammte Juwel von Haradon!« Er schwenkte seinen Krug in die Höhe und erntete grölende Zustimmung von allen Seiten. Revyn stieß mit ihm an, sie verschütteten gemeinsam die Hälfte ihres Biers und tranken den Rest aus.
    Allmählich fühlte Revyn sich wohler. Auch das dumpfe Elendsgefühl verließ ihn, es schlich sich fort oder vielleicht schlich Revyn sich fort, aber was machte das schon für einen Unterschied. Warme Glücksschauer durchrieselten ihn, denn mit jedem Augenblick, der verstrich, glaubte er sich eine weitere Meile von der Vergangenheit zu entfernen. Und von sich selbst. Und von all der Dunkelheit, die in ihm herrschte. Irgendwo begann jemand zu singen, und Revyn sang mit, als alle zu singen schienen, obwohl er den Text nicht kannte und die meisten Worte nur verschwommen über seine Lippen kamen.
    Irgendwann inmitten all des Lärms, der Freude, ja, dieses wunderbaren Festes spürte er Atem in seinem Nacken. Er drehte sich um und blickte verdutzt in das lächelnde Gesicht der Frau, die neben ihm saß. »Was ist?«, fragte er und hatte gleichzeitig das Gefühl, diese Frage drücke nicht die Hälfte von dem aus, was er eigentlich meinte.
    »Du bist süß«, kicherte sie und strich ihm über die Wange. Revyn wich zurück und stieß gegen Capras. Als er sich umdrehte, sah er, dass er die Frau neben sich küsste. Langsam wanderte sein Blick weiter durch die Runde, und er erkannte, dass sich auch Twit und die junge Dame an seiner Seite sehr nahe waren, er schien ihr etwas zu erzählen und fuchtelte ganz aufgeregt mit den Händen vor ihrem Gesicht herum. Und Jurak … als Revyn nach ihm suchte, konnte er ihn in der dichten Menge nirgends entdecken. Zwei Finger drehten sein Kinn nach links und wieder fand er sich der jungen Frau direkt gegenüber. »Was ist mit dir, Kleiner?«
    Plötzlich erkannte er kleine Falten um ihre Augen und ihren rot geschminkten Mund. Kleiner, hatte sie gesagt. »Ich bin fünfzehn«, murmelte er.
    Die Frau lachte in sein Ohr. »Ich auch …«
    »Bist du nicht.«
    Verärgerte Überraschung wischte das Lächeln von ihrem Gesicht. Schließlich senkte sie den Blick, doch als Revyn Anstalten machte, aufzustehen, hielt sie ihn fest. Ein Funkeln glomm in ihren Augen. »Weißt du, ich mag Drachenkrieger. Natürlich mag ich Drachenkrieger, jeder mag Drachenkrieger! Ich mag Soldaten …«
    »Ach ja? Ich nicht.« Benommen stand Revyn auf. Diesmal zog ihn keine Hand zurück. Er drehte sich zu Capras um und rief ein paarmal seinen Namen, aber er hörte nicht. Also ging Revyn ohne ihn. Er stellte fest, dass es nicht leicht war, einen Weg durch das Tischlabyrinth zu finden und sein Gleichgewicht zu halten. Endlich erreichte er die Tür, stieß sie auf und stolperte in die kühle, klare Nacht.
    Eine Wolke aus Suppendampf wehte von der Garküche nebenan herüber. Knarrend fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und verschluckte den Lärm der Schänke. Jemand rempelte gegen ihn. »Verzeihung, mein Herr«, murmelte eine Stimme.
    Revyn war ganz verwundert, da ihn noch nie jemand »mein Herr« genannt hatte, doch als er um sich blickte, war der Fremde schon verschwunden. Er legte den Kopf in den Nacken und fühlte, wie ihn erneut Schwindel ergriff, als er die Sterne über sich leuchten sah.
    Ich muss zurück, kam ihm ein Gedanke. Ich muss zurück zum Stadtteil der Drachenkrieger und ich muss in mein Bett.
    Revyn rieb sich die Schläfen. Sein Bett … ein fremdes Zimmer war jetzt sein Zimmer. Langsam begann er, durch die Straßen zu gehen. Er hatte das Gefühl, von den herumstehenden Leuten beobachtet zu werden, aber sie sahen ihn nicht mehr an wie in der vorigen Nacht, als er staunend und voller Ehrfurcht hier angekommen war. Nein, nun waren sie es, die ihn ehrfürchtig musterten. Er trug ja die schwarze Uniform.
    Einige der Gestalten sprachen ihn mit honigsüßen Stimmen an, aber Revyn bedachte sie alle mit einem unfreundlichen Blick und wedelte ärgerlich mit der Hand, als wolle er einen Schwarm

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