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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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schielte er zurück und sah, wie sich zwanzig oder dreißig Männer den drei Drachen genähert hatten und sie mithilfe von langen Schlaufen und Netzen wieder einfingen. Die Drachen wehrten sich nicht.
    »Ich habe mich entschieden!« Revyn schrak zusammen, als die Stimme direkt über ihm erklang. Für den Bruchteil einer Sekunde war er völlig verwirrt - woher kannte er die Stimme bloß? -, dann blickte er auf. Was seine Verwirrung nur noch steigerte. Ihm klappte der Mund auf.
    »Ich denke, kein anderer Teilnehmer des Turniers kann mich mehr begeistern und beeindrucken als dieser junge Drachenkrieger. Bitte steh auf und nimm meinen Preis an, Revyn.«
    Korsa musste ihm einen Rippenstoß versetzen, damit Revyn sich bewegen konnte. Mit tapsigen Schritten trat er an die Tribüne. Über ihm stand, ruhig lächelnd und schön wie ein gemaltes Bild, das Mädchen vom Waldrand.

»Prinzessin … Ardhes?«, stotterte Revyn. »Möchtest du meinen Preis annehmen, Revyn?«, fragte sie und berührte mit der Hand ihren Unterarm. Ein zierlicher Armreif öffnete sich, und sie hielt das schöne Goldgeschmeide zu ihm herab, sodass es im Sonnenlicht aufblitzte.

Ardhes
    Heiliger Himmel. Du verdammtes Glücksschwein! Und der ist wirklich echt?«
    Revyn schnappte sich den Armreif aus Capras’ Hand und wedelte ungeduldig damit durch die Luft. »Natürlich ist der echt. Oder glaubst du, eine Prinzessin trägt falschen Schmuck?«
    Eine Weile hingen die Blicke seiner Freunde an dem Armreif. Ein verschnörkelter Goldrahmen fasste die glatte schwarze Fläche ein, auf der Blumen und Schmetterlinge abgebildet waren. Der Armreif konnte mithilfe einer winzigen Springfeder geöffnet werden. Alles an ihm schien hauchzart, und Revyn bereute sofort, so grob damit herumgefuchtelt zu haben. Zu Hause in seinem Dorf hätte er sich damit ein Feld und ein großes Haus kaufen können - und einen Knecht gleich dazu. Wer hätte gedacht, dass er je etwas so Kostbares besitzen würde?
    Die Nachmittagssonne strahlte schräg durch die hohen Fenster der Speisehalle und tauchte sie in ein unwirkliches Licht. Draußen erklang noch immer der Lärm des Turniers. Es war merkwürdig, das große Rathaus so still zu erleben, während draußen lautes Spektakel herrschte. Alles schien auf seltsame Weise verkehrt zu sein.
    »Ich kann’s kaum fassen«, murmelte Revyn.
    »Ich würde sagen«, meinte Capras und ließ die Beine vom Tisch baumeln, »du bist das größte Glücksschwein in ganz Logond. Wenn du König von Awrahell bist, machst du mich dann zu deinem Finanzminister? Twit hier wird dein Hauptmann und Jurak könnte dein Küchenjunge werden, was meinst du?«
    Bevor Jurak in die Verlegenheit geriet, sich empören zu müssen, murmelte Revyn: »Halt die Klappe, Capras! Das hat doch gar nichts zu …«
    » Das hat nichts zu bedeuten?« Capras runzelte die Stirn und wies auf den Armreif. »Also, wenn das nichts bedeutet, dann heiß ich Pelle Wurstkopf.«
    »Die Prinzessin hat einfach beschlossen, dass ich derjenige sein soll, dem sie den Armreif schenkt, ebenso gut hätte es Twit oder jeder andere sein können!« Twit machte ein säuerliches Gesicht, obwohl er sein Schwertturnier vorhin gewonnen hatte. Vielleicht dachte er die ganze Zeit schon, was Revyn gerade ausgesprochen hatte.
    »Ja, aber sie hat den Armreif dir geschenkt«, sagte Capras mit Nachdruck und nahm ihm das Schmuckstück wieder aus der Hand. Eingehend musterte er die kunstvollen Ornamente und stieß ein leises Pfeifen aus. »Mann! Ich frag mich wirklich, was da heute Morgen am Waldrand passiert ist …«
    »Gar nichts natürlich!« Revyn fuhr sich mit den Händen über die Zöpfe. »Das ist mir so peinlich. Sie ist die Prinzessin und ich habe es nicht gewusst … nachdem sie schon seit drei Wochen praktisch im gleichen Gebäude wohnt! Und ich habe sie die dümmsten Sachen gefragt! Sie muss mich für einen Trottel halten.«
    »Offenbar nicht«, sagte Capras.
    Revyn stützte die Arme in die Hüften. Ruhig versuchte er, sich darüber klar zu werden, was es bedeutete, dass die Prinzessin von Awrahell ihm den Armreif geschenkt hatte und, noch viel wichtiger, dass sie ihn wiedersehen wollte. Hatte sie das nicht gesagt, bevor sie am Morgen verschwunden war? Oder war es bloß ein Scherz gewesen, eine Anspielung darauf, wer sie war und dass er sie zwar wiedersehen würde - aber nicht so, wie er dachte …? Revyn schüttelte diese Gedanken ab. So viel war doch gar nicht passiert, oder? Er hatte das Turnier gewonnen. Und

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