Das Drachentor
während sie durch die Schatten der Rathausarkaden schlenderten und Jurak bei der Arbeit zusahen. »Denk doch nur daran, dass dir für diesen einen Moment der ganze Turnierplatz allein gehört. Der König wird nur dich beobachten. Bestimmt wird er sehr beeindruckt sein, wenn du die Sache überlebst.«
Revyn warf Capras einen gequälten Blick zu. »Du wolltest mich doch aufmuntern.«
»Schön, lass mich nachdenken … Also, wenn du Twit wärst, ginge es ganz leicht. Da müsste ich bloß König sagen und dir würde Schaum vorm Maul stehen. Oh - hast du außerdem schon gehört, dass die Prinzessin von Awrahell einen Favoriten aus allen Turnierteilnehmern erwählen wird? Ich will dich nicht noch nervöser machen«, fügte Capras vertraulich hinzu, »aber ich habe gehört, dass die Gute bald heiraten soll. Nur der Bräutigam ist noch nicht gefunden …«
Revyn grinste. »Na, was für Aussichten. Wenn die Drachen mich erst mal zerstampft haben, gefall ich ihr sicher.«
»Das wird die Prinzessin bestimmt nicht stören, in Awrahell ist sie flache Gesichter von den Elfen gewöhnt.«
Revyn schüttelte lachend den Kopf und seufzte anschließend laut.
»Ach, jetzt hör auf. Bist du nicht unser großer Wunderzähmer? Du kannst die Drachen doch hypnotisieren! Was ist denn diesmal so anders als sonst? - Na gut«, fügte Capras hinzu, als Revyn ihn vielsagend ansah, »jetzt werden dir fast vierhundert Leute zusehen, außerdem sind es drei wilde Drachen auf einmal. Und habe ich dir erzählt, dass man ihnen gestern kein Fressen gegeben hat, damit sie schön rasend sind? Offenbar nicht …«
Revyn vergrub das Gesicht in den Händen.
Der Lärm der Menge war ohrenbetäubend. Der staubige Boden des Platzes schien unter Revyns Füßen zu vibrieren. Zitternd holte er Luft. Anscheinend war die Anwesenheit des Königs kein Grund für die Drachenkrieger, ihre Begeisterung für das Turnier im Zaum zu halten: Lautstark feuerten sie die antretenden Kämpfer an, johlten und grölten und stampften mit den Füßen. Wie der König darauf reagierte, konnte Revyn von seinem Platz aus nicht sehen. Er stand unterhalb der königlichen Tribüne und bereitete sich auf seinen Einzelauftritt vor, indem er versuchte, die Übelkeit zurückzudrängen. Er schluckte schwer.
Hinter ihm ging Twit unruhig auf und ab. Mehrere Krieger, die noch gegeneinander antreten sollten, waren dabei, sich Rüstungen anzulegen und ihre Waffen zu prüfen.
»Und - wie sieht’s draußen aus?«, fragte Twit ihn und hielt kurz inne.
Revyn zuckte langsam die Schultern, während er den Kampf der Krieger beobachtete, die auf dem Platz fochten. »Beide Krieger sitzen noch im Sattel.«
»Hm.« Twit strich sich gedankenverloren die Haare zurück und zupfte an seinem Wams. »Gleich bist du dran, Revyn … Mann, hast du ein Glück, dass du gegen niemanden antreten musst.«
» Was? Da sind drei Drachen!«
»Ja, ja.« Twit winkte ab und setzte sich wieder in Bewegung.
Ein dumpfer Knall erklang. Twit blieb erschrocken stehen und reckte den Kopf. Die Drachenkrieger rings um den Kampfplatz stimmten ein lang gezogenes »Uhhhhh!« an - einer der Kämpfer war durch einen gezielten Lanzenstoß seines Gegners aus dem Sattel gefallen. Somit war der Sieger gekürt und anerkennender Jubel brach aus. Revyn verdrehte es fast den Magen, als man den Verlierer vom Platz trug. Nun war er an der Reihe.
Eine Weile erntete der Sieger des Lanzenkampfs Beifall, dann verbeugte er sich vor der königlichen Tribüne, verließ den Platz und kam zu Revyn und den restlichen Kriegern. Twit ging auf den jungen Mann zu, klopfte ihm auf den Rücken und murmelte: »Gut gemacht, gut gekämpft …«
Der Lärm verebbte draußen und Revyn wandte sich von den anderen ab. Leer, erwartungsvoll lag der Turnierplatz im Sonnenlicht.
»Und nun«, hörte er jemanden rufen - es war die vertraute Stimme von Meister Morok -, »darf ich Ihren Majestäten ein ganz besonderes Mitglied unserer Drachengarde vorstellen! Es ist ein junger Mann, der hier in Logond als Wunderzähmer bekannt ist. Zu Ehren Ihrer Majestäten wird er seine Fähigkeiten heute vorführen - indem er drei wilde Drachen vor unseren Augen dressiert!« Ein Raunen ging durch das Publikum. »Den ersten Drachen wird er dazu bringen, still stehen zu bleiben! Dem zweiten Drachen wird er ein Seil um den Hals legen!«
Ein »Ahh!« ertönte vom Publikum.
»Und den dritten Drachen«, rief Meister Morok feierlich, »wird er ohne Drachenschlaufe besteigen und
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