Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
ausliegende Daily Mail auf dem Tisch ausgebreitet: » HELENS GEBURTSTAGS-HORROR« prangte auf der Titelseite über einem vergrößerten Foto der Karte. Helen McMillan, an einen Stuhl gefesselt, das Gesicht tränenüberströmt.
» Bitte, wir wollen doch nur unsere Helen wiederhaben … «
»Ich weiß, sie müssen diesen Aufruf an die Bevölkerung senden, und sie müssen daran glauben, dass er etwas bewirkt, aber das tut er nicht. Helens Vater hatte recht: Sie ist tot, und zwar schon seit einem Jahr.«
»Was können sie sonst machen?« Ich nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz, mit Blick auf das Fenster. Die Dächer glit zerten im Licht der Sonne, die gerade über den Horizont kletterte. Zwei weiße Schornsteine ragten in den Himmel empor – sie gehörten zur Verbrennungsanlage des Castle Hill Infirmary. Die zwei Rauchfahnen hoben sich weißlich schimmernd von den schweren lilafarbenen Wolken ab.
»Und es ist ja nicht so, als ob irgendjemand sich melden und sagen würde: ›He, ich weiß, wer der Gratulator ist‹, weil niemand weiß, wer er ist; er ist schlau, und er ist vorsichtig, und er macht das jetzt seit mindestens neun Jahren, er kann sich geschickt unter die normalen Leute mischen, deshalb ist er so lange damit durchgekommen.«
Eine Männerstimme löste die von Jane McMillan ab. Es war weder Dickie noch der Vater, also musste es der Typ in der Galauniform sein. » Ich möchte unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern versichern, dass die Tayside Police in die verschiedensten Richtungen ermittelt. Aber wir brauchen Ihre Hilfe: Wenn Sie Helen an dem Tag, an dem sie verschwand, gesehen haben … «
Dr. McDonald holte einen schwarzen Marker hervor und kritzelte die Umrisse von Großbritannien auf die Zeitung, in die sie zwei Quadrate an der ungefähren Position von Old castle eintrug, dann je eines bei Dundee, Inverness, Bristol, Newcastle, Cardiff und Glasgow sowie zwei für London. »Fünf Mädchen wurden in Schottland entführt, vier in England, eine in Wales. Alle auf der britischen Hauptinsel.«
Alles korrekt – fast.
» In Oldcastle gräbt die Polizei unterdessen immer noch den Cameron Park um … «
Sie zeichnete in groben Zügen das Autobahnnetz in ihre Karte ein und verband die Quadrate. Dann blickte sie zu mir auf. »Sie haben nicht zufällig einen roten Stift dabei? Weil, wenn ich immer neue Sachen in Schwarz einzeichne, wird es irgendwann verwirrend.«
Hinter uns am Tresen klapperte jemand mit Geschirr, und dann sagte eine Reibeisenstimme: »Einmal pochiertes Ei auf Toast, einmal das klassische Herzinfarkt-Frühstück.«
Ich drehte mich um und hob die Hand. Eine Frau mit hängenden Lefzen und karierter Schürze kam mit zwei Tellern in der Hand auf uns zugeschlurft und baute sich vor dem Tisch auf. Die dünnen grauen Haare klebten an ihrer glänzenden Stirn. »Wer kriegt den Herzinfarkt?«
Dr. McDonald wibbelte ungeduldig auf ihrem Stuhl herum. »Oh, das bin ich, danke.«
Der Teller war ungefähr so groß wie eine Radkappe und beladen mit Toast, Würstchen, gegrillten Tomaten, Früh stücksspeck, Champignons, zwei Spiegeleiern, zwei Scheiben Blutwurst, die in einem See von weißen Bohnen in Tomatensauce schwammen, sowie einem Berg goldbrauner Pommes frites.
Ich nahm den anderen Teller. »Danke, Effie.«
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht ein paar Pommes dazu wollen, mein Sohn?«
»Nein, wirklich, vielen Dank.«
»Hmmm.« Sie verschränkte die Arme unter ihrem Busen. »Na, dann geben Sie aber nicht mir die Schuld, wenn Sie vom Fleisch fallen.« Sie schlurfte davon.
Dr. McDonald schnitt ein Stück Würstchen ab, tauchte es ins Eigelb und schob es sich in den Mund. »Richtig interessant wird es«, sagte sie kauend, »wenn man die Daten der Entführungen über die Karte legt – ich hab das gestern Abend mit Nudeln und Krabben durchgespielt –, er entführt sie nämlich überwiegend im letzten Jahresdrittel: Die beiden in Oldcastle waren im September, die in London im Oktober, das heißt, dass in der Zeit wahrscheinlich irgendein externer Stressor wirkt, vielleicht beruflicher Art.«
»Ein saisonaler Stressor, der vier Monate anhält?« Ich stach mein Eigelb mit dem Messer auf, und eine goldgelbe Flut ergoss sich über den Toast.
Sie schnappte sich den Ketchup aus der Batterie von Saucen und Gewürzen am Ende des Tischs und dekorierte damit großzügig ihren Teller. »Ich würde auf jeden Fall davon ausgehen, dass er beruflich viel unterwegs ist und dass er vielleicht regelmäßig für
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