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Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)

Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)

Titel: Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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herziehend. Sein Fahrgast war mit einem weißen Plastiktuch verhüllt. Alf zog einen Ohrstöpsel heraus und grinste. »Wollte schon einen Suchtrupp nach euch losschicken. Ihr wisst doch, wie der Prof ist, wenn er nicht um Punkt neun anfangen kann.«
    Alf wies mit dem Kopf zur Leichenhalle. »Könnt ihr mir die Tür aufhalten? Diese verdammte Bahre fährt sich heute wie ein wackliger Einkaufswagen.«
    Und als ich mich wieder umdrehte, war die Rattenfängerin verschwunden.
    »Fraktur des linken Schien- und Wadenbeins weist circa acht Jahre Knochenwachstum auf …« Professor Mervin Twining, auch »Teaboy« genannt, fuhr mit einem behandschuhten Finger über den verfärbten Knochen. Eine dunkle Haarsträhne hing ihm in die Stirn – mit dem kantigen Unterkiefer, dem Grübchen und der kleinen Nickelbrille sah er aus wie ein Komparse aus einem klassischen Spionagethriller.
    Die Gebeine, die vor ihm auf dem Seziertisch ausgebreitet lagen, waren von Schmutz und Schlamm gereinigt worden, hatten aber immer noch die rötlich braune Farbe von Tee, der zu lange gezogen hatte. Sie hatten den Kopf wieder dorthin gelegt, wo er hingehörte.
    Alf blickte von seinen Notizen auf. Die Ohrhörer baumelten lose aus dem Halsausschnitt seines OP -Kittels. »Lauren Burges ist mit fünf Jahren vom Rad gefallen und wurde wegen einer Fraktur des linken Beins behandelt.«
    Der Sektionssaal des Castle Hill Infirmary war ein viktorianisches Monstrum. Sprünge in den schwarzen Bodenfliesen, der Fugenmörtel durch Generationen von Bleiche, Formaldehyd und Desinfektionsmittel grau verfärbt. Abflussrinnen führten zu Rosten aus Drahtgeflecht und durch diese in die Kanalisation. Die Wände waren vermutlich einmal weiß gewesen, doch die Kacheln hatten im Lauf der Zeit einen schmutzigen Elfenbeinton angenommen. Im grellen Schein der Deckenlampen blitzten Arbeitsflächen aus Edelstahl, eine Wand mit Kühlfächern und die Seziertische.
    Drei an der Zahl, jeder mit einer drei Zentimeter hohen Randleiste, einem Ausguss, einem Wasserhahn mit Schlauch und einem Satz Knochen in der Farbe von getrocknetem Blut.
    Sechs Flipcharts standen im Raum verteilt, jeweils zwei nebeneinander: das erste mit Kopien der Geburtstagskarten des betreffenden Opfers, das zweite mit Arztberichten, Röntgenaufnahmen und Zahnschemata.
    Kalt war es auch, fast so kalt wie draußen. Dr. McDonalds Nase wurde schon rot; sie hatte die Wollmütze immer noch bis über die Ohren gezogen, den Dufflecoat bis unters Kinn zugeknöpft, die Schultern hochgezogen, die Hände in den Taschen. »Sollten wir nicht Masken und Schutzbrillen und so tragen?«
    Professor Twining blickte von den Gebeinen auf. »Ich fürchte, das würde nicht allzu viel bringen: kein weiches Ge webe, keine DNS , nur Knochen. Und die Kollegen von der Bodenkunde haben sie schon so sauber geschrubbt, dass gar nichts mehr übrig ist, was wir noch kontaminieren könnten. Könnte ich bitte das entsprechende Röntgenbild haben, Alf? … Danke.«
    Twining nahm sich jeden Knochen von Lauren Burges’ Skelett einzeln vor, verglich die Verletzungen mit den Krankenakten und den Fotos auf den Geburtstagskarten. Und bestätigte so ihre Identität.
    Drei Skelette auf drei verschiedenen Seziertischen. Es würde nicht lange dauern, bis die Spurensicherung weitere Opfer zutage förderte. Nur dass sie eines mehr finden würden, als sie erwartet hatten: Rebecca, aufgebahrt auf einem kalten Stahltisch. Mein kleines Mädchen, nur noch eine Ansammlung von lehmverschmierten Knochen. Mit Kerben und Scharten von seinen Hieben und Stichen und brutalen Schlägen …
    Die Luft in der Leichenhalle war wie kalter Sirup, der mir im Hals stecken blieb.
    Ich schob die Hände in die Hosentaschen. Biss die Zähne zusammen.
    Niemand wusste etwas – es blieb immer noch Zeit, das Schwein zu finden.
    Warum bekam ich dann keine Luft?
    Denk an was anderes. Irgendwas anderes. Ganz egal, an was, nur nicht an Rebecca.
    Geld. Denk an das Geld. Denk daran, wie komplett und total du in der Scheiße steckst.
    Das war schon besser …
    Gut, dann war ich eben nicht dazu gekommen, vor den Obduktionen irgendwem Geld abzuknöpfen, aber es blieb ja immer noch Zeit, oder? Ich könnte mich für ein, zwei Stunden verdrücken, während sie die anderen Skelette untersuchten. Noch reichlich Zeit.
    Ja, klar, reichlich Zeit …
    »… deutlich erkennbare mediane Läsionen und Hämatome im Periost am linken Oberschenkelknochen, anterior …«
    Nie im Leben würde ich genug Geld

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