Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
damit öffnen konnte, zumindest mit dem einen: die Tür. Ich musste in die Gänge kommen, und zwar sofort. Ich musste jetzt aufstehen. Mit hängendem Kopf schob ich mich langsam auf Hände und Knie. Aber es war schon zu spät.
Lucian packte mich am Oberarm, mit festem, hartem Griff, und zog mich hoch. Ich schrie. »Wo ist mein Foto?«, fragte er kalt und ohne Emotionen. »Ich weiß, dass du es nicht zerstört hast.«
Ich brachte kein Wort heraus. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Lance sich auf die Seite rollte und aufzustehen versuchte. Er wollte mir helfen.
Lucian schüttelte meinen Arm. »Warum?!«, brüllte er mich an. »Weißt du denn nicht, wie viel einfacher das gewesen wäre?«
»Es steht da drüben«, würgte ich hervor, wand mich und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Ecke des Raumes. Ich hatte Lance gebeten, Lucians Bild vorsichtshalber zur Seite zu stellen. Jetzt stampfte der Porträtierte hinüber und schleifte mich mit. Auf dem Weg dorthin beugte er sich hinunter und griff nach etwas Glänzendem, das am Boden lag – dem Messer. Er packte das Foto in seinem Rahmen und zog mich mit einer Hand mit, während er mit der anderen Bild, Schlüssel und Klinge umklammert hielt. Es ging in die Richtung, die ich schon befürchtet hatte: zurück zu der fürchterlichen Tür, die wie Feuer brannte und in die Unterwelt führte. Als wir langsam immer näher herankamen, stemmte ich die Fersen in den Boden und versuchte Lucian aufzuhalten, war aber zu geschwächt, um wirklich etwas auszurichten.
»Sag schon«, fuhr er mich wieder an und zerrte mich einfach weiter, als ich strauchelte. »Warum hast du mich nicht zerstört wie die anderen?«
»Das … das konnte ich einfach nicht. Ich wollte es nicht. Ich habe gehofft …«
»Ich weiß wirklich nicht, woher du bei allem, was hier vor sich geht, noch deine Hoffnung nimmst«, fauchte er, bevor er an der Tür zum Stehen kam. Ich spürte die Hitze, die dahinter erglühte. Lucian ließ das Foto fallen und fummelte an den Schlüsseln herum, die ihm beinahe auch heruntergefallen wären. Was mir zeigte, dass er zumindest nervös war. »Du hast noch eine letzte Chance«, erklärte er und schob den Schlüssel mit einem Klicken ins Schloss. Mit einer Hand schob er den Riegel beiseite und öffnete dann die riesige Tür. Glühende Hitze brandete auf und warf uns zurück. Ich hatte das Gefühl, am ganzen Körper zu glimmen, und schloss die Augen. Als ich sie wieder aufmachte, erkannte ich unter mir nur einen schwarzen Abgrund, an dessen Grund wilde, hungrige Flammen wirbelten. Wir standen nur Zentimeter von der Kante entfernt. Ich fühlte mich benommen und war drauf und dran, mich einfach fallen zu lassen. Dann wäre endlich alles vorbei. Doch dann versuchte ich wieder, mit den Füßen Halt zu finden, stemmte sie in den Boden und wandte mich vom Abgrund ab. Am besten nahm ich jetzt meine Energie zusammen und warf mich dann mit aller Kraft auf Lucian, weg von diesem Höllenschlund. Auf keinen Fall durfte ich dort unten landen.
Er schob mir den kühlen Griff des Messers in die Hand und zog mich mit ihm hinunter, so dass wir jetzt auf einer Höhe mit seinem Foto waren. Es drohte hinunterzufallen, die Ecke ragte ein wenig über den Rand hinaus. »Jetzt tu es doch einfach!«, brüllte Lucian und schüttelte mich. Ich konnte ihn nicht einmal ansehen. Bis jetzt, bis zu dem Moment, an dem ich vor den Toren der Hölle kniete, hatte ich noch gehofft, dass er sich Aurelia stellen würde. Sein Bild hatte sich schließlich von allein zurückverwandelt. Aber wenn er dazu imstande war, mich in dieses Höllenfeuer zu werfen, dann hatten meine Instinkte mich wohl furchtbar getäuscht. Er knurrte mich wieder an: »Würdest du jetzt einfach dieses Messer in mein Bild rammen? … Tu es doch, bitte!«
Dieses Mal war hinter seinen Worten Verzweiflung zu spüren, und deshalb erwiderte ich sanft, mit Tränen in den Augen: »Nein.«
Er löste die Finger von meinem Arm und ließ den Kopf hängen. Irgendwo hinter uns hörte ich Lance, der endlich wieder auf die Beine kam, grunzen.
Auch Lucian erhob sich, aber mit bleischweren Gliedern. Es sah aus, als würde er von innen heraus zerbrechen. »Dann war’s das«, erklärte er. Plötzlich klang seine Stimme wehmütig, beinahe brüchig. »Das ist das Ende. Du musst mich jetzt hinunterstürzen.«
Lance wollte sich gerade auf ihn werfen, blieb dann aber mit quietschenden Turnschuhen wie angewurzelt stehen und fragte sich wohl, ob er da gerade richtig
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