Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
wegzustoßen, wenn sie sich verwundbar fühlte, und Solange hatte sich in ihrem ganzen Leben nie verwundbarer gefühlt als in diesem Augenblick. Dieser Mann konnte ihr das Herz brechen. Wenn ihre Gefühle beteiligt waren, war Solange Sangria am gefährlichsten. Ihre Krallen waren mit Gift versehen. Sie konnte sehr gemein sein; sie war imstande, Dominic mit beleidigenden Worten schier in Stücke zu reißen. Schließlich hatte sie ihre sarkastische, gleichgültige Haltung zu einer Kunst entwickelt.
Aber sie hatte ihn ohnehin bereits verloren, sie musste gar nichts mehr sagen. Denn diese Begegnung war einfach zu viel für Solange. Sie presste die Lippen zusammen, ihre Beine zitterten, und sie wollte nur noch fliehen. Solange schmeckte Furcht in ihrem Mund. Furcht . Sie, Solange Sangria, fürchtete sich vor einem Mann! Wie sie das Gefühl hasste!
Zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben hatte sie Angst. Eine Höllenangst, mit der sie nicht umgehen konnte. Sie wurde damit einfach nicht fertig: Dominic war die einzige Person auf Erden, der sie ihr Herz geschenkt, ihre Seele offenbart und jedes ihrer Geheimnisse anvertraut hatte, jede Befürchtung, alles . Weibliche Jaguarmenschen waren von Natur aus unterwürfig ihren Männern gegenüber. Sie kämpften, bis die stärksten, aggressivsten Männer es wagten, sich mit ihnen zu paaren; dann ergaben sie sich ihnen. Auch sie war vorprogrammiert auf diesen Tanz zwischen Mann und Frau, erkannte sie, und das beängstigte sie. Sie würde diese Seite ihrer Persönlichkeit nie anerkennen können, würde sich niemals unterwerfen können … Aber ein Teil von ihr sehnte sich auf einmal danach – doch das durfte nicht sein …
Solange erschauerte – oder zitterte; sie hätte wirklich nicht sagen können, was genau es war. Plötzlich hatte sie Schmetterlinge im Bauch, als Dominic eine Hand um ihr Kinn legte. Seine Berührung war so, wie Solange sie sich vorgestellt hatte, sanft und trotzdem fest, die Berührung eines Mannes, der sich vollkommen unter Kontrolle hatte – und sie.
»Sieh mich an, Solange!«
Seine Stimme war ebenso liebevoll, wie die Liebkosung warmen, weichen Samts an ihrer Haut. Zärtlich, aber auch gebieterisch.
Solange kämpfte mit ihrer Natur, mit der Hitze zwischen ihnen und ihrer Sehnsucht nach einem Seelengefährten, der ihre Einsamkeit vertrieb. Es war so stark, dieses Bedürfnis, dass sie kaum noch denken konnte und nur von dem einen Wunsch beherrscht war, alles zu sein, was Dominic begehrte.
Ein lastendes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Sie sollte ihn ansehen? Ihm zu gehorchen war die schiere Qual. Noch schlimmer jedoch war, es nicht zu tun. Dominic überließ die Entscheidung ihr, aber seine Persönlichkeit war von geradezu beängstigender Kraft.
»Erfordert es denn Mut, mich anzuschauen, kessake?« Kleine Katze. Die tiefe Stimme, die wie Samt über ihre Nervenenden strich, erschütterte Solange.
Er klang so sanft, dabei hatte sie gesehen, wie er einem Meistervampir das Herz herausgerissen hatte. Sehr zu ihrem Ärger überlief wieder ein Zittern ihren Körper.
»Ich glaube, wenn es eine Frau mit Mut auf dieser Erde gibt, ist es meine Gefährtin.«
Sie erhob endlich den Blick zu ihm und schaute in seine kühlen grünen Augen. Nein, sie wurden langsam blau wie das tiefste Wasser. Sie wechselten die Farbe, als der Krieger in ihm dem Mann Platz machte. Solanges Magen schlug einen Purzelbaum, ihr Herz zog sich zusammen.
Er lächelte sie an. Es war ein langsames, sexy Lächeln, das ihr schier den Atem raubte. Seine weißen, perfekten Zähne blitzten auf. Seine Narben, die nun wieder deutlich sichtbar waren, unterstrichen nur noch seine starke maskuline Ausstrahlung. Alles an ihm schien perfekt zu sein. Und sie stand da, bis auf die Haut durchnässt, fröstelnd und mit feuchtem Haar, das wieder einmal wild und ungebändigt war. Ihr Körper war mit Narben, Prellungen und Schnitten übersät, mit Blut besudelt und verschwitzt. Welch schrecklichen Anblick musste sie bieten!
Unendlich sanft glitt Dominics Daumen über ihre Lippen, und nicht weniger zärtlich legte er die Hand an ihre Wange. Er sah sie an, als gäbe es keine andere Frau auf dieser Welt …
Es ist nur eine Illusion, sagte Solange sich – eine Illusion, die ihr aber das Herz wärmte und zumindest etwas von der Kälte in ihr vertrieb.
»Hallo.«
Dieses simple Wort, begleitet von dem eindringlichen Blick seiner blauen Augen, seinem langsamen, sexy Lächeln und der weichen dunklen
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