Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
anderen Mann in einem extrem intimen Akt – was eine absolut ungeheuerliche Vorstellung für ihn war. Es war seine Pflicht, sie zu beschützen, sie zu lieben und zu ehren. Er wollte nicht, dass ein anderer Mann sie verwundbar, ängstlich oder sexy sah, und im Augenblick war sie für ihn das sinnlichste Geschöpf auf Erden. Doch dieser Teil von ihr gehörte einzig und allein ihm. Wäre ihm bewusst gewesen, wie es sein würde, ihr Blut zu nehmen, hätte er sie niemals, unter gar keinen Umständen, gezwungen, Zacarias zu stärken.
Und er hatte sie gezwungen – oder sie zumindest doch dazu gedrängt. Er wusste, dass sie die Vorstellung abscheulich fand, dass Zacarias für sie aber zu ihrer Familie gehörte. Solange lebte nach ihrem eigenen Ehrenkodex und hätte es sich nie verziehen, einen Familienangehörigen im Moment der Not im Stich zu lassen. Auch er selbst, Dominic, hatte einen Kodex, der sein Handeln bestimmte. Oberste Maxime war für ihn, seine Seelengefährtin stets mit allem zu versorgen, was sie brauchte. Solange brachte all seine Beschützerinstinkte zum Vorschein, und das Tier, das in ihm lauerte, brüllte nach ihr. Erst sie machte ihn vollständig.
Aber das hier – diese schockierende körperliche und geistige Reaktion – brachte Dominic völlig durcheinander. Solanges Blut drang in seinen Körper ein, und die Parasiten duckten sich ängstlich davor. Sie zogen sich zurück, wurden still und verbargen sich vor dem königlichen Jaguarblut, als fürchteten sie sich vor der großen Katze. Als Solanges Blut sich in Dominics Organismus verbreitete, jagte ein großes, alles mitreißendes Feuer durch seinen Körper.
Der ihre bewegte sich an seinem und verschärfte seine ohnehin schon schmerzhafte Erregung noch. Aber Dominic wollte nicht aufhören; seine Hand streichelte die Unterseite ihrer Brust, obwohl das, was er wirklich wollte – nein, brauchte –, das Gefühl ihrer seidigen Haut an seiner war. Ihr leises Aufschluchzen ließ ihn jedoch innehalten, rief ihn zur Ordnung und brachte ihm wieder zu Bewusstsein, wo er war und was um ihn herum geschah. Er hatte sich so tief verloren in diesem Fieber, dass er erstaunt war, als er mit der Zunge über die beiden kleinen Einstiche strich und den rubinroten Blutstropfen folgte, die über Solanges Schulter liefen. Langsam straffte er sich, atmete ihren Duft ein und nahm das Gefühl ihres schmalen, kurvenreichen Körpers an dem seinen in sich auf. Nichts hatte sich je so gut, so richtig für Dominic angefühlt.
Da er sich jedoch ihrer wachsenden Furcht bewusst war, drückte er die Lippen an ihren Puls, nur um sie zu beruhigen und zu trösten. Seine kleine Wildkatze hatte eine feminine Seite, die sie als unterwürfig empfand, und das ängstigte sie. Es war seine Aufgabe, ihr zu zeigen, dass dieser Teil von ihr genauso wichtig war wie ihre kriegerische Seite.
»Pesäd te engemal« , flüsterte er an ihrem Puls. Bei mir bist du sicher. Mit der Zunge umkreiste er sanft die wild pochende Stelle und hielt Solange in seinen Armen. Endlich beruhigte sie sich.
Für ihre wilde Natur hatte Dominic allergrößtes Verständnis. Solange hatte ihr ganzes Leben am Rande der Gesellschaft gelebt und nie in ihrer Mitte. Gesetze waren nicht anwendbar auf ihre Welt. Darin ging es ausschließlich ums Überleben – und so ähnlich war es auch in Dominics Welt gewesen.
Zacarias wollte mit der Zunge über die kleine Wunde streichen, um sie zu schließen, aber Dominic zog Solanges Handgelenk an seinen Mund. Er trank einen Schluck, spürte wieder den Feuerball durch seinen Körper rasen und schloss dann selbst die Wunde.
»Danke«, sagte Zacarias schlicht.
Dominic wusste, dass der karpatianische Jäger ihm dankte, nicht Solange. In den alten Zeiten waren Seelengefährtinnen heilig gewesen, und andere Männer hatten nicht einmal ohne ausdrückliche Erlaubnis das Wort an sie gerichtet. Zacarias war ein Mann der alten Schule, und vielleicht war er, Dominic Drachensucher, das ja auch.
Dominic hob den Kopf, um den anderen Karpatianer anzusehen. »Der Morgen naht.«
Zacarias nickte. »Kolasz arwa-arvoval« , verabschiedete er sich mit dem traditionellen Gruß der Krieger. Mögest du mit Ehre sterben. Aber Zacarias zögerte noch, bevor er ging. »Es ist lange her, seit ich unsere eigene Sprache gehört habe. Für einen Moment verspürte ich den Ruf unseres Heimatlandes.«
»Veri olen piros, ekäm« , antwortete Dominic. Das Blut sei rot, mein Bruder. Was er damit sagen wollte, war klar:
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