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Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)

Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)

Titel: Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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vorüber war. Er würde diesen Teufel vom einen Ende der Welt bis zum anderen jagen. Es war ein wahrer Gedanke, banal, kompliziert.
    »Fucking Jesus, was ist passiert?«, fragte Halders.
    »Zwei Kinder, eine Frau«, sagte Ringmar. »Messer, wie es aussieht.«
    »Küchenmesser?«
    »Weiß ich nicht.«
    Halders schaute sich um. Er konnte nichts entdecken, was ihm gefiel. Sackgassen hatten ihm noch nie gefallen. Vororte, Villenviertel und Idyllen waren Sackgassen. Noch nie hatte er Tatorte gemocht. Noch nie hatte er Verbrechen gemocht. Eigentlich hatte er auch Gewalt noch nie gemocht, selbst wenn das niemand verstand. Eigentlich mochte er fast gar nichts, nur seine Kinder und Aneta und die Menschen, mit denen er zusammenarbeitete.
    »Ein Baby hat überlebt«, fuhr Ringmar fort.
    »Das Familienoberhaupt hat die Familie wohl mit Küchenwerkzeug zurechtgewiesen.« Halders begegnete Anetas Blick. »Es war keine Frage«, sagte er. »Auch keine Behauptung.«
    Doch alle wussten, dass es im Augenblick genau um die Frage ging. Es war die üblichste Frage, und es war die ganz übliche Antwort. Banal, kompliziert und wahr.
    »Er hält sich angeblich in Stockholm auf«, sagte Winter. »Bei irgendeiner Ausbildung. Wir haben ihn noch nicht erreicht.«
    Torsten Öberg kam aus dem Haus. Er war der Chef der Spurensicherung, eigentlich Stellvertreter, aber niemand wusste, wie der oberste Chef hieß. Öberg nahm Raumfahrerhelm und Mundschutz ab.
    »Da drinnen riecht es nicht gut. Es ist schon einige Tage her«, sagte er, »mindestens drei, vielleicht mehr. Elf Messerstiche bei der Frau, soweit wir im Moment sehen. Mehrere davon können tödlich gewesen sein.«
    »Und die Kinder?«, fragte Djanali.
    »Derselbe Scheiß.« Öberg atmete tief ein und aus. »Aber keine sexuelle Gewalt, soweit wir es im Augenblick beurteilen können.«
    »Nur Mord«, sagte Djanali. Mehr gab es in diesem Moment nicht zu sagen. Nur Mord.
    »Warum so viele Stiche?«, sagte Ringmar wie zu sich selber.
    Öberg zuckte mit den Schultern. Es war keine gleichgültige Geste. Wir werden sehen. Die Arbeit lag noch vor ihnen.
    »Es kann eine große Rolle spielen«, sagte Halders. »Hast du ein Messer gefunden, Torsten?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Ist es dasselbe?«
    »Dasselbe was?«
    »Du weißt schon.«
    »Im Moment weiß ich gar nichts.«
    Winter sah Öberg an. Er fragte sich, ob Torsten es sagen würde. Es gab nichts mehr. Öberg war zurückhaltend mit der Weitergabe von Informationen an Kollegen. Es war etwas anderes. Da war etwas, was Öberg für sich behielt, weil er die Bilder in seinem Gehirn noch nicht sortiert hatte. Sie würden kommen, bei jedem in der Gruppe, die hier unter dem unbarmherzigen Himmel zusammen stand. Sie würden alle die Fotos sehen. Winter und Ringmar hatten die Wirklichkeit gesehen.

3
    Die Stille hing tief über der Bucht. Tief. Als würde sie heruntergedrückt und sich wie Betonstaub über alles legen, über ihn. Der Himmel war ein Dach, das niemand wollte und das niemand brauchte.
    Der Himmel über Spanien setzte sich fort zu anderen Sonnensystemen. Im Norden verbarg er alles, was es rundum auf der Welt gab. Hier begann und endete die Welt, an dieser Stelle, wo Winter stand.
    Er bewegte sich durch den grauen Sand, spürte den Wind, der von Südwesten kam. Der hatte gerade sein Grundstück fünfzehn Kilometer weiter südlich passiert, den Strand, der ihm allein gehörte, seiner Familie, ein eigener Strand, von dem er innerhalb von zwei Sekunden Steine zurück ins Meer schleudern konnte, die zehn Millionen Jahre gebraucht hatten, um an die Wasseroberfläche zu gelangen.
    Die Stille im Haus war heiß und klebrig. Er sah all das Weiße vor dem Fenster, es hatte aufgehört zu schneien, und dann hatte es wieder angefangen. Draußen rührte sich nichts. Es dämmerte bereits. Er schaute auf seine Armbanduhr, halb drei. Seit drei Stunden war er hier, drei Stunden in dem Haus am Ende der Welt. Die Räume waren erfüllt vom Tod und dem Geruch des Todes. Alles um ihn herum trug Spuren von Leben, aber es war Leben aus vergangener Zeit. Vergangener Zeit von drei Tagen, oder einigen mehr. Oder weniger.
    Er betrat das Zimmer, das noch nach Leben duftete. Von hier aus sah man die Schären im Meer. Das Babybett hatte nah am Fenster gestanden, und auf die Stelle fiel jetzt das verblassende Tageslicht.
    Warum war dieses Kind am Leben geblieben? War es ein Zufall? Oder war es umgekehrt, noch teuflischer: einem langen Sterben überlassen, einem einsamen Tod, ohne

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