Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Herz Kashas

Das dunkle Herz Kashas

Titel: Das dunkle Herz Kashas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liandra diLuna
Vom Netzwerk:
verboten: der Umgang mit Männern. 
    Als ich 19 Winter gelebt hatte, entlief eines der Opfertiere. Ein wahrlich ungünstiges Omen! Zusammen mit einigen anderen Novizinnen wurde ich hinaus vor die Tempelmauern geschickt. Auf meiner Suche nach dem Mardi traf ich auf einen jungen Hirten. Er sprach mich an und bot mir seine Hilfe an. Obwohl ich wusste, dass ich gegen die Regeln des Tempels verstieß wenn ich ihn nur ansah oder mit ihm redete, nahm ich sein Angebot an. Immerhin kannte er als Hirte sich mit Tieren aus. Es musste ja niemand erfahren, dass ich mit ihm geredet hatte – und wenn er mir helfen konnte, das Mardi zu finden, würde ich im Ansehen der Priesterinnen steigen. Die Opferung war ein wichtiger Bestandteil der Hagusvollmondfeier. Wenn sie ausfiel, konnte dies den Gott erzürnen. Mit der Hilfe des Hirten Hakil machte ich mich voll Eifer auf die Suche. Doch schon bald lauschte ich nur noch seinen Berichten von den Orten, die er bereits gesehen hatte. Ich kannte nur den Tempel. Hakil hingegen war mit seinen Mardi weit herumgekommen. Er konnte mir von zahlreichen mir fremden Orten und Gegenden erzählen. Er war sogar schon außerhalb der Grenzen Kashas gewesen. Jung und neugierig wie ich war, sog ich seine Worte in mich auf wie ein vertrockneter Acker den lang erwarteten Sommerregen. Ich vergaß das entlaufene Mardi. Ich dachte nicht daran, dass uns der Kontakt mit Männern unter Strafandrohung verboten war. Ich achtete nicht darauf, dass die Sonne weiter und weiter über den Himmel wanderte. Auch Hakil schien es zu genießen, mit welcher Aufmerksamkeit und welch großem Interesse ich seinen Erzählungen lauschte. Vermutlich war er auf seinen Wanderungen über die Wiesen und Wälder Kashas oft einsam. Selbst als es bereits zu dämmern begann, ging ich nicht zurück. Zu sehr sehnte ich mich danach, von all den fremden Orten zu hören, die ich nie sehen würde. Womöglich war dies meine einzige Gelegenheit, nicht nur die sachlichen Fakten über Kasha zu hören, die wir im Heiligtum auswendig lernten. Hakil konnte gut erzählen. Er berichtete so lebhaft und detailreich von den Märkten der Städte mit ihren unzähligen Farben, Gerüchen und Klängen, den Mustern des Sonnenlichtes das durch die Bäume der Wälder fiel, der Stille der Wiesen und Wälder, in denen doch so viel zu hören war, dass ich fast das Gefühl hatte, dort zu sein.
    Natürlich war das entlaufene Mardi längst gefunden worden. Auf das Ertönen des Signalhorns hatte ich jedoch nicht geachtet. Die anderen Novizinnen waren längst in den Schutz der Mauern zurückgekehrt. Dort hatten sie auf meine Rückkehr gewartet bis es dämmerte. Aus Sorge um mich hatten sie dann die Priesterin Tia von meinem Verschwinden in Kenntnis gesetzt. Priesterin Tia war für mich und die anderen Novizinnen, die wie ich im Jahr des finsteren Winters in das Heiligtum gebracht worden waren, Vertraute und Lehrmeisterin. Sofort machte sie sich mit einigen anderen auf die Suche nach mir. Gewiss voll Sorge, dass ich mich verirrt oder verletzt haben könnte. Als sie mich fanden, lauschte ich noch immer Hakils Berichten. Entsetzen, Enttäuschung und Sorge spiegelten sich in Priesterin Tias Gesicht als sie mich mit festem Griff am Handgelenk fasste und ohne einen Blick auf Hakil von diesem fortzog. Hakil rief uns noch hinterher. Doch mein Herz schlug so laut und das Blut rauschte so sehr in meinen Ohren, dass ich seine Worte nicht verstand. Ich wagte es nicht, noch einmal zu ihm zurückzublicken. Priesterin Tia brachte mich ohne ein Wort vor den Rat der Hohepriesterinnen. Sie schilderte ihnen, dass sie mich im Gespräch mit einem Mann vorgefunden hatte. Missbilligende Blicke trafen mich. Ich hielt den Kopf gesenkt und wartete auf die Aufforderung, zu sprechen.
    Die älteste der Hohepriesterinnen, eine große, schlanke Frau mit grünen Augen und weißem Haar erhob sich. Die zahlreichen Falten, die ihr schönes Gesicht wie ein Netz überzogen, zeugten von den vielen Wintern, die sie durchlebt hatte. „Wie ist dein Name?“ fragte sie. Die Novizinnen wurden den Hohepriesterinnen erst bei ihrer Weihe zur Priesterin vorgestellt.
    „Lia, geschätzte Älteste“, antwortete ich leise.
    Die Hohepriesterin musterte mich eindringlich. „War dir bekannt, dass den Dienerinnen des Gottes der Umgang mit Männern nicht erlaubt ist?“
    Ich nickte nur. Meine Kehle war so zugeschnürt, dass ich ohnehin kein Wort herausbekommen hätte.
    „War es dir ebenso bekannt, dass dies bereits den

Weitere Kostenlose Bücher