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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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Tür vorfuhr?
    Das Fest war abgesagt worden. Stattdessen waren Gustav, Betty und Thomas dabei, Kuchen zu backen, unterstützt von Julius Blumendorph, der behauptete, eine Vergangenheit als Mundschenk mit Schwerpunkt Gebäck zu haben.
    Sie stehen im Windfang, Eva und Bromsen.
    Eva schließt ihre Windjacke.
    »Ich finde das riskant«, sagt Bromsen.
    »So arg ist der Wind nun auch wieder nicht und uns gehen bald Kerzen, Milch und Cornflakes aus.«
    »Aber sie sind nicht überlebenswichtig.«
    »Ich habe keine Lust, im Stockfinsteren zu sitzen, und außerdem will ich einen Pomerol von 67.«
    »Und du glaubst, so einen hat der Kaufmann von Burgsvig im Regal liegen?«
    »Natürlich hat er das, ich brauche außerdem einen belgischen Mähdrescher, zwei albanische Ziegenkäse und einen Liter Olivenöl aus Luxor. Ich will ihn einfach nur sagen hören, dass er das nicht hat.«
    »Es sei denn   …«
    Eva nickt und öffnet die Tür.
    »Genau«, sagt sie. »Genau.«
    Bromsen packt ihren Arm.
    »Fahr vorsichtig.«
     
    Ich fahre vorsichtig. Ich fahre immer vorsichtig. Das sagte sie sich, als sie im Zickzack zwischen den krummen Kiefern einherfuhr, die der Sturm mit der Wurzel ausgerissen hatte. Der Wind hatte so viel Kraft, dass sie kaum Gas zu geben brauchte. Im Radio war von nichts anderem die Rede. Darüber, wie man sich am besten schützen könnte.
    In den dramatischen Stimmen war eine Wollust zu ahnen, weil sie endlich über eine Katastrophe berichten konnten. Die Sprecher unterbrachen sich gegenseitig, um von abgerissener Stromversorgung, gesperrten Brücken und eingestellten Fährabgängen zu berichten. Eva wechselte den Sender und suchte weiter, bis sie eine Stimme fand, die Rumänisch, Bulgarisch oder Ungarisch sprach. Sie drehte lauter, genoss es, eine Sprache zu hören, die sie nicht verstand, ganz sicher, dass niemand dort den Orkan in Burgsvig erwähnte.
    Sie sah es schon aus der Ferne: Das Schild war verschwunden. Trotzdem fuhr sie bis zum Laden und blieb lange im Auto sitzen und starrte das mit einer Masonitplatte verrammelte Schaufenster an. Aus Gründen, die sie nicht erklären konnte, sah es aus wie ein Laden, der seit vierzig Jahren nicht mehr geöffnet gewesen war.
    »Aber ich weiß ja, dass das nicht stimmt.«
    Sie wendete und spürte, wie der Wind am Wagen riss.
    »Das ist die Säure«, murmelte sie. »Der Himmel ist Säure, der Horizont ist Säure, und der Laden sieht wie etwas aus, das in Chemikalien eingeweicht worden ist.«
    Sie schaute sich um, schaltete in den Rückwärtsgang, trat auf die Bremse und spürte, wie sich die Haare an ihren Armen sträubten. Sie hatte sie total vergessen, die drei gedrungenen Mühlen, deren zerfetzte Flügel sich synchron im Wind drehten. Nicht schnell und nicht langsam, sondern in dem Tempo, das natürlich wirkte. Sie produzierten ein leises summendes Geräusch aus Wind, Leinwand und Bewegung. Ein Geräusch, das ihr bekannt vorkam.
     
    »Drehen die sich nie?«
    »Nein, die drehen sich nie.«
    »Auch nicht bei Wind?«
    »Wir hatten einmal einen Orkan. Das war im März 1937.   Damals wurde fast ganz Burgsvig überschwemmt. Angeblich haben sie sich damals gedreht.«
     
    Sie sah die Hand an, die die Zigarette anzündete. Weil die Hand zitterte, wippte die Kippe auf und ab. Sie verbrannte sich die Finger und warf das Feuerzeug weg, hob es auf und stellte fest, dass ihre letzte Senior Service durchgebrochen war. Sie warf sie aus dem Fenster und sah die Glut wie einen kleinen Kugelblitz im stärker werdenden Wind verschwinden.
     
    Betty und Bromsen erwarteten sie im Windfang. Eva teilte ihnen die niederschmetternde Nachricht mit, dass der Laden geschlossen hatte.
    »Also müssen wir mit dem zurechtkommen, was wir haben, und morgen, wenn der Wind sich gelegt hat, nach Gormsby fahren.«
    Bromsen lächelte Betty und Tineke zu, die auf der Treppe saßen.
    »Dürfen wir dann ins Einkaufszentrum gehen?«, fragte Tineke.
    »Ja«, sagte Eva. »Das dürft ihr.«
    Diese Bemerkung löste im ersten Stock Jubel aus.
    Eva ging in die Küche, wo das Ergebnis der backtechnischen Bemühungen nun auf dem Tisch stand: drei große Sandkuchen, auf die mit roter Glasur dreizehn Namen geschrieben waren. Aus irgendeinem Grund fand sie das rührend. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und spürte eine störende, aber vertraute Hitze hinter den Augenlidern. Störend, weil sie jetzt wirklich nicht losheulen konnte. Sie dachte, es sei gut, sie zusammenzurufen. Sie waren in vieler Hinsicht so

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